KH Nord: Wehsely weist Verantwortung von sich

Ex-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) hat am Dienstag betont, dass sie nicht für operative Entscheidungen rund um den Bau des Wiener KH Nord verantwortlich gewesen sei. Wehsely war als Zeugin in die U-Kommission geladen.

Die Einvernahme der ehemaligen Stadträtin begann Dienstagmittag unter großem Medieninteresse. Vor Beginn der Sitzung der Untersuchungskommission verteidigte Wehsely das Spital gegenüber Journalisten. „Das Krankenhaus Nord ist ein Spital, das in der Weltklasse mitspielt, was die medizinische und die Patientenversorgung betrifft“, sagte sie.

Sonja Wehsely

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Großes Medieninteresse bei der Befragung von Sonja Wehsely

Das „Learning“ aus dem Bauprojekt sei, dass man sich „von Anfang an stärker aufstellen und besser vorbereiten muss, um Bauwirtschaft und Industrie besser Paroli bieten zu können“, befand Wehsely. „Es ist bei Großbauprojekten nicht automatisch so, dass Bauwirtschaft und Industrie Freunde der öffentlichen Hand sind.“

„Keine Zweifel an KAV-Bauherrenkontrolle“

In der Befragung selbst sagte Wehsely: „Die operative Verantwortung liegt nicht bei der Stadträtin, dafür gibt es ein Management, das dafür eingesetzt und bezahlt wird.“ Angesprochen auf die Bauherrenrolle des Krankenanstaltenverbunds (KAV) sagte die ehemalige Stadträtin, sie habe keinen Grund gehabt, daran zu zweifeln, dass die Projektorganisation gut aufgestellt sei.

Sowohl die interne Revision des KAV als auch der damalige KAV-Generaldirektor Wilhelm Marhold sowie das Kontrollamt hätten mehrmals bestätigt, dass die „Art und Weise des Aufbaus des Projekts gut, richtig und effizient war“. „Selbstverständlich habe ich das Auswahlverschulden für die Führungskräfte“, räumte sie ein. Für den Aufbau der Projektorganisation sei jedoch der Generaldirektor verantwortlich gewesen.

Sonja Wehsely in U-Kommission

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Wehsely war von 2007 bis 2017 als Stadträtin für das KH Nord verantwortlich

KH-Nord-Kosten: 1,34 Mrd. Euro statt 825 Mio. Euro

Wehsely war zehn Jahre lang, von 2007 bis 2017, als Stadträtin für das Großprojekt verantwortlich. Unter ihrer Führung fiel unter anderem die Entscheidung, dass die Stadt das neue Wiener Krankenhaus nicht mit dem Bieterkonsortium bestehend aus Porr, Siemens und Vamed bauen wird, sondern der städtische Krankenanstaltenverbund selbst die Bauherrenrolle übernimmt. Diesem fehlte allerdings das Know-how für die Aufgabe, kritisierte der Rechnungshof in seinem im Frühjahr erschienenen Bericht.

Wehsely weist Verantwortung von sich

Ex-Gesundheitsstadträtin Wehsely betonte, nicht für operative Entscheidungen rund um den Bau des KH Nord verantwortlich gewesen zu sein.

Außerdem stiegen die Kosten für die Großbaustelle in Wehselys Amtszeit deutlich an, und die Eröffnung verzögerte sich. Aus derzeitiger Sicht kostet das Krankenhaus 1,34 Milliarden Euro, ursprünglich waren 825 Millionen veranschlagt. Nach Plan hätte das Spital bereits 2016 in den Vollbetrieb gehen sollen. Nach derzeitigem Stand soll es im Herbst 2019 so weit sein.

Wehsely verteidigte die Vorgangsweise, dass der KAV selbst die Rolle des Bauherren über die Großbaustelle übernahm. Auf die Frage, warum sie der im Nachhinein vom Rechnungshof stark kritisierten Entscheidung zugestimmt habe, erklärte sie: „Ich würde mit meinem jetzigen Wissen sagen, dass man mehr internes Know-how aufbauen müsste. Mit meinem damaligen Wissen war das nicht absehbar.“

Ausschreibung vor ihrer Amtszeit

Hinsichtlich Ausschreibung und Auswahl des Grundstücks für das Krankenhaus Nord seien keine Fehler gemacht worden. Die Art und Weise der Ausschreibung sei zwar „unüblich“, laut einem Gutachten eines Juristen jedoch „machbar“ gewesen, sagte Wehsely gegenüber der Untersuchungskommission. Zweifel, ob es richtig gewesen sei, demjenigen Bieter den Zuschlag zu geben, der neben der Übernahme der Bauherrenfunktion zusätzlich über ein entsprechendes Grundstück verfügt, seien ihr erst gekommen, als sie 2010 den Bericht des Kontrollamtes gelesen habe. Zudem sei die Ausschreibung vor ihrer Amtszeit im Jahr 2006 erfolgt.

Peter Filzmaier zu Gast im Studio

Wie ist der Auftritt Wehselys vor der U-Kommission zu beurteilen? Dazu Politologe Peter Filzmaier im „Wien-heute“-Studio.

Hinsichtlich der Auswahl des Grundstücks sei sie immer noch zufrieden: „Ich denke heute noch, dass dieses Grundstück das richtige ist.“ Die einzige „politische Grundfrage und Verantwortung“ sei in der Entscheidung gelegen, das Krankenhaus am Standort Floridsdorf zu errichten, weil die Stadt in diesem Bezirk stark wachse. Wehsely betonte, keine politische Einflussnahme auf den Auswahlprozess des Grundstücks und im Architekturwettbewerb genommen zu haben.

Mehrere Gründe für Verhandlungsabbruch mit Porr

Dass es 2010 zum Abbruch der Verhandlungen mit dem Bieterkonsortium Porr-Vamed-Siemens kam, sei auf Vorschlag des damaligen Generaldirektors des KAV, Wilhelm Marhold, und dessen Stellvertreters Maximilian Koblmüller erfolgt. Neben dem Vorschlag der beiden Manager hat laut Wehsely zudem der Kontrollamtsbericht eine Intervention seitens des Kreditgebers - der Europäischen Investitionsbank - und eine fehlende Einigung auf einen Preis mit dem Konsortium zum Abbruch der Verhandlungen geführt.

Marhold und Koblmüller hätten ihr außerdem stets berichtet, dass beim Bau des Krankenhauses „alles auf Schiene“ sei. So auch Ende 2013, als ihr Marhold - kurz bevor er überraschend seinen Rückzug aus gesundheitlichen Gründen angekündigt habe - in einer E-Mail mitgeteilt habe, dass die Großbaustelle im Zeit- und Kostenplan liege. Wenige Tage danach sei allerdings ein Schreiben der Baufirmen eingegangen, dass „überhaupt nicht alles in Ordnung ist“, schilderte Wehsely. Im Jänner sei dann die Fassadenfirma in Konkurs gegangen, was zu erheblichen Mehrkosten geführt habe.

„Worst-Case-Szenarien“ nicht kommuniziert

Die Kritik der Opposition, dass sie vor der Gemeinderatswahl 2015 bereits über die sich abzeichnenden Mehrkosten für den Krankenhausbau Bescheid gewusst, aber ihr Wissen nicht offengelegt habe, wies sie zurück. Im Juni 2015 habe sie den Gemeinderat über eine Kostenüberschreitung von zehn Prozent informiert. „Ich habe niemals die Unwahrheit gesagt“, sagte Wehsely. „Worst-Case-Szenarien“ habe sie nicht kommuniziert, da das die Verhandlungsposition der Stadt „massiv verschlechtert hätte“.

Auch das Verhältnis zu Siemens während ihrer Tätigkeit als Stadträtin war Thema im Rahmen der Befragung: „Ich habe in meiner Zeit als Stadträtin auf keine einzige Vergabe in welchem Bereich auch immer Einfluss genommen. Ich habe niemals Siemens Vorteile zukommen lassen“, betonte Wehsely, die nach ihrem Ausscheiden aus der Stadtpolitik in die Führungsebene der Siemens Healthcare GmbH in Deutschland wechselte.

Kritik an Wehsely auch von Ex-KAV-Generaldirektor

Kritik am Vorgehen der Ex-Stadträtin übte auch der ehemalige KAV-Generaldirektor Udo Janßen, der vor drei Wochen vor dem Gremium aussagte. Der deutsche Spitalsmanager, der von November 2014 bis Frühjahr 2017 an der Spitze des KAV stand, beklagte, dass die politische Einflussnahme auf das KAV-Management unter Wehsely sehr stark gewesen sei, was ein „vernünftiges Management beeinträchtigt“ habe - mehr dazu in KH Nord: Janßen sah „Defizite“.

SPÖ will Fakten auf eigener Website liefern

„Vieles wurde über das Krankenhaus Nord berichtet. Manches davon stimmt, manches sind Halbwahrheiten und manches ist derart falsch, dass es eher in ein Märchenbuch gehört“, mit dieser Einleitung werden Besucher auf der neuen Website begrüßt, auf der die SPÖ-Mitglieder der Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord über Fakten oder Mythen aufklären wollen. Die Seite ist seit Montagnachmittag online, wie die Gratiszeitung „Heute“ berichtet.

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