Hausarztordination entlastet AKH-Ambulanzen

Ambulanzen in den Wiener Spitälern klagen immer wieder über Massenansturm von Patienten. Eine Hausarztordination im AKH, betrieben vom Ärztenotdienst, schafft Abhilfe und könnte Vorbild für andere Großstädte sein.

Korrekt bezeichnet ist es eine Allgemeinmedizinische Akutordination (AMA), in der pro Monat im AKH rund 1.750 Patientinnen und Patienten behandelt werden. Für Alexander Biach, den Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, ist es ein „Paradebeispiel für Großstädte“: „Im Spital geben wir pro Tag für einen Patienten in Österreich rund 850 Euro aus. Ein Behandlungsfall in der niedergelassenen Praxis kostet uns 58 Euro.“

Aber nicht nur der Kostenunterschied ist enorm, auch die Vorteile für Patienten überwiegen. AMA zeigt laut Biach, wie sich in Österreich in Ballungszentren Allgemeinmedizin speziell für Menschen mit akutem Bedarf, aber ohne eigenen Hausarzt und für Patienten außerhalb der klassischen Öffnungszeiten von Ordinationen organisieren ließe.

Ärztin behandelt Patientin im AKH

ORF

AMA bringt rasch Klarheit, ob eine ambulante Behandlung nötig ist

Versorgungsalternative zur Notfallambulanz

Untergebracht ist AMA in unmittelbarer Nähe der Notfallambulanz im Wiener AKH. Sie geht zurück auf einen Plan aus dem Jahr 2015. Terezija Aigner, Hausärztin mit großer Praxis in Wien und stellvertretende Leiterin des Wiener Ärztenotdienstes: „2015 plante die Stadt Wien gemeinsam mit der MedUni Wien im AKH und der Gebietskrankenkasse die Pilotierung einer allgemeinmedizinischen Akutversorgung. Sie sollte außerhalb der üblichen Ordinationszeiten sowie an Wochenenden und Feiertagen ganztägig eine Versorgungsalternative zur Notfallambulanz bieten.“

Das Wiener AKH stellte die Räumlichkeiten und die Infrastruktur zur Verfügung. Das sind zwei Behandlungsräume und ein Arbeitsplatz in der Leitstelle der Nachbehandlung für Unfallchirurgie. Man definierte und schuf die technische Einrichtung (EKG, Blutlabortestmöglichkeit etc.) und sorgte für die möglichst enge Anbindung an die Notfallambulanz des AKH selbst. Ordinationsprogramm, Laptop, Drucker, E-Card-System etc. wurden vom Ärztefunkdienst gestellt. Die Ambulanz wurde im Herbst 2016 eröffnet.

Hinweisschild zu Ambulanz im Wiener AKH

APA/Robert Newald

Hinweisschild zu den Ambulanzen des AKH Wien

Nur 7,5 Prozent benötigten wirklich ambulante Hilfe

An Werktagen ist die AMA von 16.00 bis 22.00 Uhr mit einer Allgemeinmedizinerin und einem Medizinstudenten bzw. einer Medizinstudentin besetzt. An Wochenenden und Feiertagen ist die AMA zwischen 10.00 und 22.00 Uhr geöffnet. Bis 18.00 Uhr arbeiten dort zwei Allgemeinmediziner und eine diplomierte Pflegekraft. Im Jahr 2017 wurden fast 21.400 Patienten betreut. Von Anfang 2018 bis Ende August waren es bereits fast 14.000.

Der größte Vorteil für das Gesundheitswesen, der sich aus der Hausarztordination am Wiener AKH ergibt: Nur 7,5 Prozent der Patienten benötigten wirklich eine fachärztliche Versorgung und konnten gleich an die Notfallambulanz des AKH nebenan überwiesen werden. Damit leistete AMA eine wertvolle Arbeit bei der Entlastung der Notfallambulanz des AKH und verkürzte die Wartezeiten der Patienten.

Die Erkrankten, die in die AMA kamen, hatten zum überwiegendsten Teil klassische gesundheitliche Probleme, wie sie auch sonst zum Besuch des Hausarztes führen: Infektionen der oberen Atemwege, Blutdruckkrisen, allergische Reaktionen, Ekzeme, Abszesse, Probleme mit Dauerkathetern, Notwendigkeit für das Wechseln eines Verbandes, Wirbelsäulenbeschwerden etc. Darüber hinaus klärten die Hausärzte im AKH potenzielle Symptome von Herzbeschwerden ab, führten Schwangerschaftstests durch und gaben Infusionen.

Wahre Kosten pro Fall bei 34 Euro

Organisatorisch hängt AMA am Wiener Ärztefunkdienst, der von Ernest Zulus geleitet wird. Mit dem ärztlichen Personal gibt es keine Probleme. „Wir haben 38 Kolleginnen und Kollegen, die an der Ambulanz mitarbeiten. Es gibt viele Interessenten“, sagte Zulus. Viele der bei AMA engagierten Ärzte machen beispielsweise zwei oder drei Dienste pro Monat. Geleitet wird AMA von der Währinger Hausärztin Yvetta Zakarian. Ökonomisch ist die Ambulanz für die Krankenkassen noch erfolgreicher als erwartet: Wie sich herausgestellt hat, liegen die wahren Kosten pro Fall bei 34 Euro.

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