Ludwig will „Wien-Bonus“ ausweiten

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) will den „Wien-Bonus“ - der im geförderten Wohnbau bereits angewendet wird - deutlich ausweiten. Menschen, die länger in der Stadt leben, sollen in mehreren Bereichen bevorzugt werden.

Wo genau, das wird Anfang 2019 präsentiert, wie Ludwig im APA-Interview ankündigte. Der Gesundheitsbereich und die Kinderbetreuung sind aber fix ausgenommen. Den Bonus für auf Wohnungssuche befindliche Langzeit-Wiener hat Ludwig bereits als Wohnbaustadtrat eingeführt. Dies ging nicht ganz ohne parteiinterne Debatten vonstatten, auch wenn es Wartefristen für den Erhalt einer Gemeindewohnung früher bereits gab. „Menschen, die schon länger in der Stadt leben, sollen einen Vorteil bei der Vergabe von Leistungen der Allgemeinheit haben“, verteidigte der Stadtchef die Maßnahme.

Michael Ludwig

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Ludwig sieht viele Pläne der Bundesregierung kritisch

Boni in mehreren Bereichen

Nun werden die nächsten Schritte gesetzt. „Ich hab alle Teile der Stadt beauftragt, zu überprüfen, welche Möglichkeiten es gibt. Dieser Prozess wird Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein. Dann werden wir ein Bündel an Aktivitäten präsentieren, wo ich denke, dass es Sinn macht, den Menschen, die in unserer Stadt leben, zu signalisieren, dass wir ihre Wünsche sehr ernst nehmen und hier auch eine ganz gezielte Bevorzugung jener vornehmen, die schon länger in der Stadt leben.“

Boni sollen nun in mehreren Bereichen kommen, welche dies sind, wird noch geprüft. Im Gespräch war zuletzt etwa, dass Wiener Firmen bei der Vergabe von städtischen Aufträgen bevorzugt werden. Ludwig schließt allerdings aus, dass beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und bei „allem, was mit Kindern zu tun hat“, eine Priorisierung je nach Aufenthaltsdauer angewendet wird.

SPÖ-Umbau mit Parteitag abgeschlossen

Der SPÖ-Politiker ist seit rund einem halben Jahr Wiener Bürgermeister, wobei er den Vorsitz in der Wiener SPÖ bereits im Jänner 2018 übernommen hat. „Das war sicher für mich das ereignisreichste Jahr meines Lebens“, konstatierte er. Der personelle Umbau in Partei und Stadtregierung ist weitgehend abgeschlossen, lediglich die Parteigremien müssen formal noch neu besetzt werden, da vor einem Jahr nur der Parteichef neu gewählt wurde. Dies soll bei einem Parteitag Ende April geschehen, berichtete Wiens oberster Roter.

Zuvor wird noch inhaltlich debattiert, nämlich im Rahmen einer Klubklausur. Das Treffen wird im ersten Quartal 2019 stattfinden. Nach Jahren der Abwesenheit kehrt die Wiener SPÖ zu diesem Zweck ins Burgenland zurück, wobei der genaue Ort noch nicht verraten wird. Die traditionelle Location Rust ist, so viel wird preisgegeben, jedoch nicht mehr zum Zug gekommen - da es laut Ludwig zur betreffenden Zeit ausgebucht ist.

„Mir ist es wichtig, das wir die innerparteiliche Diskussion vorantreiben“, setzt der Bürgermeister und Parteivorsitzende auf „durchaus kontroversiell ausgetragene“ Debatten. Bei der Klausur soll es auch möglich sein, unterschiedliche Positionen aufs Tapet zu bringen, beteuerte er.

Rendi Wagner Ludwig

APA/MANUEL DOMNANOVICH

Mit SPÖ-Chefin Rendi-Wagner habe er ein „gutes Vertrauensverhältnis“

Harmonie mit Hebein und Rendi-Wagner

Mit der neuen Spitzenkandidatin der Wiener Grünen, Birgit Hebein, hat Ludwig laut eigenen Angaben bereits erste Gespräche geführt: „Ich bin zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit in der Koalition weiter sehr gut funktionieren wird.“ Angekündigt wurden auch gemeinsame Auftritte. Derart intensiv, wie es etwa die Bundesregierung derzeit zu tun pflege, wolle er aber die Harmonie nicht beschwören, versprach er.

Apropos Harmonie: Mit Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner hat Ludwig ein „ausgesprochen gutes Vertrauensverhältnis“, wie er betonte. Die SPÖ sei nach dem Parteitag auf einem guten Weg, als Oppositionspartei spürbar wahrgenommen zu werden. Kritik an manchen Wortmeldungen aus den Ländern, etwa an Aussagen des burgenländischen SPÖ-Chefs Hans-Peter Doskozil, lässt Ludwig nicht gelten. „Ich halte es für legitim, dass sich Mitglieder der SPÖ in der Öffentlichkeit zu Wort melden, wenn damit die Diskussion belebt wird“, hielt der Bürgermeister fest: „Dass das eine oder andere noch besser koordiniert werden kann, ist unbestritten.“

Wien könnte wegen Sozialversicherung zu VfGH

Ludwig schloss weiters nicht aus, dass Wien nach der bereits eingebrachten Klage gegen die Raucherlaubnis in der Gastronomie auch in Sachen Sozialversicherung den Weg zum Verfassungsgerichtshof beschreitet. Die hier vom Bund angedachten Änderungen werden vom Wiener Bürgermeister harsch kritisiert: „Es macht Sinn, gerade im Bereich der Sozialversicherung die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzubeziehen.“

Diesen Einfluss zu reduzieren, sei sehr bedenklich. Die Selbstverwaltung sei eine der „tragenden Säulen“ der Republik. Das von der Regierung behauptete Einsparungspotenzial werde hingegen vom Rechnungshof nicht einmal ansatzweise geteilt. Der Stadtchef lehnt auch die Kürzung der Mindestsicherung für Kinder kategorisch ab, da diese seiner Ansicht nach ein „weiterer Schritt Richtung Armutsgefährdung“ für Familien bedeutet.

ÖVP-FPÖ-Bildungspolitik „aus den 1960ern“

Auch, dass Volksschüler künftig wieder Ziffernnoten erhalten und früher als bisher gezwungen werden können, die Klasse zu wiederholen, ist dem Bürgermeister ein Dorn im Auge: „Es setzen sich jetzt offenbar pädagogische Modelle durch, die in den 1960er-Jahren en vogue waren, wo man eigentlich gedacht hat, dass man darüber hinweggekommen ist.“

Der SPÖ-Politiker plädierte einmal mehr für die Gesamtschule. Die bisherige frühe Trennung in unterschiedliche Schultypen sei eine Besonderheit Österreichs, „die keine positive Entwicklung ist“: „Alle Bildungssysteme und Schulsysteme, die erfolgreich sind, machen eine Unterscheidung erst zu einem späteren Zeitpunkt.“

Gemeindebau Metzleinstaler Hof

Bezirksmuseen

Gehalts-Checks im Gemeindebau erteilt Ludwig eine Absage

Keine Gehalts-Checks im Gemeindebau

Absolut nichts anfangen kann der Bürgermeister auch mit der ÖVP-Forderung nach einem Gehalts-Check im Gemeindebau. Diese sei aus mehreren Gründen „nicht nachvollziehbar“. Denn man müsste, so gab das Stadtoberhaupt zu bedenken, dann auch alle geförderten Eigentumswohnungen oder auch Sanierungen einbeziehen. Damit wären rund 80 Prozent der Wiener betroffen. „Ich versteh schon, warum die ÖVP das ausschließlich für den Gemeindebau fordert, weil das eine Zielgruppe ist, wo sie politisch nicht wirksam ist.“

Abgesehen von der schwierigen Administrierbarkeit sei der Vorstoß auch leistungsfeindlich, befand er: „Jede Gehaltserhöhung würde bedeuten, dass man diese wieder durch erhöhte Mieten verliert.“ Auch die soziale Durchmischung, auf die man in Wien „besonders stolz“ sei, wäre in Gefahr.

Vom eigenen Koalitionspartner stammt hingegen der Wunsch, eine City-Maut zu prüfen, um die Pendlerströme noch mehr in Richtung Öffi-Verkehr zu verlagern. Eine solche lehnt Ludwig aber weiter ab, wie er bekräftigte. Eher skeptisch äußerte er sich auch zu einer Einführung von Tourismuszonen inklusive Sonntagsöffnung. Wobei er, wie er versicherte, sich solchen nicht verschließen will - falls sich die Sozialpartner einigen. Damit bleibt die Position Wiens in dieser Causa unverändert. Auch sein Vorgänger Michael Häupl hat stets eine Zustimmung der Gewerkschaft als Voraussetzung für eine mögliche Zonenregelung genannt - mehr dazu in Sonntagsöffnung: ÖVP fordert „Tourismuszonen“.

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