Antisemitische Chats: Keine Anklage

Chats in Sozialen Netzwerken mit antisemitischen Witzen und Spott über behinderte Menschen von Mitgliedern der AktionsGemeinschaft (AG) am Juridicum haben 2017 für Aufregung gesorgt. Zu einer Anklage kommt es aber nicht.

Ermittelt wurde von der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts auf Verhetzung und wegen möglicher Verstöße gegen das Verbotsgesetz - mehr dazu in Staatsanwalt ermittelt wegen AG-Chats. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Mitglieder der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft wurden aber zum Teil eingestellt beziehungsweise zum Teil gar nicht eingeleitet, wie Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, gegenüber ORF Wien bestätigte.

„Es waren 31 Personen angezeigt. Gegen rund die Hälfte wurde gar kein Verfahren eingeleitet, weil es keinen Anfangsverdacht gegeben hat. Sie waren nicht in einer dieser Gruppen oder haben nichts gepostet oder gelikt“, so Bussek.

„Tatbestand der Verhetzung nicht erfüllt“

Die Ermittlungen wegen Verhetzung und Wiederbetätigung wurden eingestellt. „Der Tatbestand der Verhetzung war nicht erfüllt, weil diese Gruppen zu klein waren. Sie hatten weniger als 30 Mitglieder. Die öffentliche Begehungsweise war nicht gegeben“, so Bussek.

Auch den Tatbestand eines Verstoßes gegen das Verbotsgesetzes sah die Staatsanwaltschaft nicht gegeben. „Die Text-Bild-Kombinationen waren nicht geeignet, den Tatbestand zu erfüllen“, sagte Bussek - mit Ausnahme von zwei Bildern. „Aber der Vorsatz war hier nicht nachweisbar, sich im nationalsozialistischen Sinne betätigen zu wollen“, so Bussek.

In der Causa hatte es einen Vorhabensbericht an das Justizministerium gegeben - mehr dazu in Vorhabensbericht zu AG-Chats liegt vor. Dieses hatte den Bericht Mitte Dezember über die Oberstaatsanwaltschaft Wien an die Staatsanwaltschaft Wien rückübermittelt. Das Ministerium dürfte mit der geplanten Vorgehensweise der Wiener Staatsanwaltschaft einverstanden gewesen sein, denn bei gröberen Einsprüchen hätte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nach der Rückübermittlung aus dem Ministerium wohl länger gedauert.

Bericht löste Rücktritt und Ausschlüsse aus

Ein Bericht im „Falter“ hatte die Causa ins Rollen gebracht. In einer WhatsApp-Gruppe sowie der geschlossenen Facebook-Gruppe „Fakultätsvertretung Jus Männerkollektiv“ hatten sich Funktionäre der AG am Juridicum beteiligt: So war etwa ein Hitlerjugend-Mädchen mit Hakenkreuzfähnchen in einem Korb und Hasen am Arm zu sehen, darunter der Bildtext: „Ich wünsche Frohe Ostern den Männern und auch Pussys dieser illustren Gruppe“.

In den Kommentaren ebenfalls lustig gefunden wurde ein Bild eines badenden Burschen mit Downsyndrom mit Dreizack im Arm und dem Titel „Poseidown“ sowie mehrere Hitler-Bilder.

Nach dem Bekanntwerden wurden Mitglieder aus der Jungen ÖVP Wien und aus der AG ausgeschlossen, und bei der ÖH-Wahl verlor die AG am Juridicum der Uni Wien die Hälfte ihrer Studienrichtungsvertreter - mehr dazu in ÖH-Wahl: AG-Absturz am Juridicum. Auch ein ÖVP-Gemeinderat in Niederösterreich, er war Mitglied jener Facebook- und WhatsApp-Gruppe, legte sein Gemeinderatsmandat zurück - mehr dazu in AG-Chats: ÖVP-Gemeinderat legt Mandat zurück.

Hubert Kickinger, wien.ORF.at