VCÖ warnt vor „totem Winkel“

Nach dem tödlichen Schulwegunfall, bei dem ein Kind am Schutzweg von einem abbiegenden Lkw tödlich verletzt wurde, hat der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) verstärkte Maßnahmen gegen den „toten Winkel“ gefordert.

Konkret brauche es eine verpflichtende Nachrüstung mit Abbiegeassistenten und Spiegel, auf EU-Ebene die raschere Umsetzung der Vorgaben für neue Lkw. Beim „toten Winkel“ handelt es sich um jenen Bereich rund um Fahrzeuge, der für die Lenker nicht einsehbar ist.

Unfallstelle

APA/GEORG HOCHMUTH

Die Unfallstelle im Bezirk Landstraße

Der VCÖ erinnerte daran, dass die Forderung, alte Lkw mit Sicherheitssystemen nachzurüsten, schon seit Jahren besteht, um diesen Bereich möglichst zu reduzieren. Der Verkehrsclub wies auf die großen Unterschiede zwischen Lkw-Modellen hin: Während manche Lkw tote Winkel von bis zu 1,9 Meter haben, weisen andere fast keine uneinsehbaren Stellen auf. Zudem gebe es bereits Lkw, die ihrem Fahrer einen sicheren Rundumblick ermöglichen.

14 tödliche Unfälle mit Lkw-Beteiligung

„Alle Entscheidungsverantwortlichen sind nun gefordert, Maßnahmen zu setzen, damit solche schrecklichen Unfälle in Zukunft nicht mehr passieren“, sagte VCÖ-Experte Markus Gansterer am Freitag in einer Aussendung. Im Vorjahr waren nach vorläufigen Daten Lkw an 14 tödlichen Fußgänger- und Radfahrerunfällen beteiligt.

Die EU-Verkehrsminister haben zuletzt Änderungen beschlossen, die aber erst für neue Lkw ab dem Jahr 2027 gelten, schrieb der VCÖ. Gansterer forderte jedoch eine raschere Einführung der verbesserten Sicherheitsbestimmungen. In den Städten und Gemeinden seien zudem zusätzliche Maßnahmen nötig, um Ablenkungen zu verhindern. Genannt wurde die Entfernung von Werbetafeln aus Kreuzungsbereichen und die Ausweitung der Halte- und Parkverbote vor Schutzwegen von fünf auf zehn Meter, um die Sicht auf Fußgänger zu verbessern.

VCÖ fordert Konsequenzen

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hat verstärkte Maßnahmen gegen den „toten Winkel“ gefordert.

„Gerade in den Städten und Gemeinden brauchen wir ein fehlertolerantes Verkehrssystem. Ein menschlicher Fehler darf nicht zu fatalen Folgen führen“, betonte Gansterer. Geringere Geschwindigkeiten und erhöhte Aufmerksamkeit sind dafür wichtig. Darüber hinaus seien gerade in Städten Maßnahmen wichtig, um die Anzahl der Lastwagen durch urbane Logistikmaßnahmen zu reduzieren - das Potenzial dafür sei groß.

Pilotprojekt läuft noch bis Ende April

Ein Pilotprojekt zur Ausstattung von Bussen und Lkw mit einem System von Rundum-Kameras, das vor Gefahren im „toten Winkel“ warnt oder den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug überwacht, läuft noch bis Ende April, hieß es vom Verkehrsministerium. Das im Februar 2017 vorgestellte Projekt war vorerst auf ein Jahr angesetzt gewesen.

Das Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz führt die wissenschaftliche Auswertung des Projekts durch, wobei die ersten Zwischenergebnisse bei den teilnehmenden 15 Fahrzeugen sehr vielversprechend seien, hieß es aus dem Ministerium.

Klaus Robatsch, Leiter des Forschungsbereichs im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), befürwortete die Nachrüstung älterer Lkw-Modelle mit Abbiegeassistenten, gab aber zu Bedenken, dass dies den „toten Winkel“ nicht auf null reduzieren könne. Ebenso ist nicht gesichert, dass ein solches Warnsystem aufgrund der Reaktionszeit des Fahrers die erwartete Effizienz bringen kann. Und eine der häufigsten Unfallursachen, die Ablenkung, ist natürlich auch bei derartigen Lkw-Unfällen einer der mitbestimmenden Faktor.

Sensiblisierung für Volksschulkinder

Als zusätzliche Maßnahme empfahl Robatsch eine sogenannte vorgezogene Aufstellfläche zum Schutz von einspurigen Verkehrsteilnehmern an Kreuzungen. Fahrradfahrer, Moped und Motorradfahrer können sich hier vor dem restlichen Fließverkehr einordnen. Durch Vorziehen dieser Haltelinien gerät ein potenziell gefährdeter Zweiradfahrer für den Lkw-Fahrer automatisch in dessen Sichtbereich.

Zudem erinnerte der Verkehrssicherheitsexperte daran, dass man gemeinsam mit ÖAMTC und Wirtschaftskammer Wien (WKW) Volksschulkinder in einem Projekt für die Gefahren des „toten Winkels“ sensibilisiert. Die Kurse sind in Theorie und Praxis gegliedert und erlaubt den Teilnehmern auch einen „Perspektivenwechsel“, bei dem sie auch im selbst in einem Lkw-Führerhaus Platz nehmen können und so das eingeschränkte Blickfeld mit eigenen Augen wahrnehmen.

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