Deponie-Ziegen kein „Streichelzoo“

Der Wien-Tourismus hat angekündigt, mehr Stadtbesucher von der City in die Außenbezirke umleiten zu wollen - unter anderem auch zu den Ziegen auf der Deponie am Rautenweg. Einen Streichelzoo wird es dort laut MA 48 aber nicht geben.

Herbert Diesenreiter kümmert sich um die derzeit 32 Pinzgauer Ziegen, die frei auf der knapp 60 Hektar großen Deponie in der Donaustadt leben. Einzelne Tiere hat er sogar mit der Flasche aufgezogen, da verwundert es nicht, dass die Tiere auch Namen haben.

„Da haben wir den Kuschler und den Hellboy, dem haben wir ein Horn geschnitten. Dann haben wir die ‚Blade Gatschn‘, die schaut aus wie ein Hamster, der seinen Mund voll hat. Und auch den Elvis haben wir, der hat eine gescheite Frisur vorne“, sagt Diesenreiter, der neben den Ziegen auch für den Deponiebau zuständig ist.

Angeschafft wurden die Tiere Anfang der 1990er Jahre als natürliche Rasenmäher. Nach den Zootieren in Schönbrunn, sollen jetzt auch die Deponie-Ziegen zum Fotomotiv für Touristen werden. Norbert Kettner, der Direktor des Wien-Tourismus, hat Ende Dezember mit der Ankündigung künftig mehr Touristen aus der Innenstadt in die Außenbezirke umleiten zu wollen, für Schlagzeilen gesorgt - mehr dazu in Wien will Touristen in Außenbezirke umleiten.

„Ein paar Hundert mehr können wir vertragen“

Für Interessierte gibt es bereits seit einigen Jahren Führungen auf dem Gelände - immer von Mai bis Oktober. „Pro Jahr sind es knapp unter 1.000 Besucherinnen und Besucher“, sagt Ulrike Volk, die Sprecherin der MA 48 gegenüber „Wien heute“. Zusätzlich gibt es von der Stadt organisierte Busrundfahrten durch verschiedene Anlagen, „da kommen dann noch ein paar Tausend dazu“. Für gewöhnlich verlassen sie den Bus aber nicht.

Viel mehr Besucherinnen und Besucher kann die Deponie laut Volk nicht mehr vertragen. „Das ist ein aktiver Betrieb, das heißt wir haben einen abfallwirtschaftlichen Auftrag. Unsere Kolleginnen und Kollegen können das nur nebenbei mitmachen. Zweck der Deponie ist der Einbau von Verbrennungsrückständen“, sagt die Sprecherin. Ein „paar Hundert mehr“ könne man wahrscheinlich vertragen, „aber dann wird die Grenze erreicht sein“.

Ziegen Mülldeponie Granitsteine Reichsbrücke

ORF

Teile der eingestürzten Reichsbrücke kommen als Wegbegrenzung zum Einsatz

Führungen ohne Streichelzoo-Faktor

Ziegenstreicheln und Fütterungen gibt es bei den Führungen nicht. Das soll auch in Zukunft - mit oder ohne Touristen - so bleiben. "Ein Streichelzoo ist es keiner. Zu den Ziegen können wir keinen lassen. Man kann sich die Tiere von der Ferne anschauen, das auf jeden Fall, aber dass wir da so nahe stehen mit den Touristen, das geht leider nicht. Das wäre zu gefährlich“, erklärt Diesenreiter. Denn einige Ziegen auf der Deponie wiegen rund 80 Kilogramm und auch ihre Hörner können gefährlich werden.

Ziegenherde am Rautenweg

Was macht eine ganze Ziegenherde auf der Deponie am Rautenweg? „Wien heute“ hat für die Serie „Echt nah“ nachgefragt.

An einzelnen Stellen der Deponie kommen Plastikfetzen an der Oberfläche zum Vorschein. Denn bis Ende 2008 wurde am Rautenweg auch Sperr- und Restmüll abgelagert. Heute darf hier nur mehr Asche beziehungsweise Schlacke aus den Wiener Müllverbrennungsanlagen abgeladen werden.

Abseits der Ziegen und der höchsten Erhebung in der Donaustadt - die Deponie ist derzeit rund 45 Meter hoch - hat die Anfang der 1960er Jahre angelegte Deponie noch ein interessantes Detail für Touristinnen und Touristen zu bieten: Auf dem Gelände wurden Teile der 1976 eingestürzten Reichsbrücke entsorgt, die man heute noch sehen kann. Sie dienen als Einfassung einiger Wege auf dem Areal.

Hubert Kickinger, wien.ORF.at

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