Schweigendes Kennenlernen als Trend

Es ist eine Art Gegenpol zur schnelllebigen Online-Dating-Welt: Das „Silent Dating“. Man spricht nicht und lernt sich nur über Gesten, Berührungen und Blicke kennen. Singles können das in Wien, im 6. Bezirk, ausprobieren.

Das Internet hat Dating zweifelsfrei verändert. Es gibt haufenweise Online-Plattformen, Apps wie „Tinder“ und somit noch mehr Möglichkeiten, jemanden kennenzulernen. Das Wiener Unternehmen „Slow Dating Events Vienna“ setzt zum Gegentrend an. Es bietet verschiedene Programme zum Kennenlernen, eines davon ist „Silent Dating“. Das läuft folgendermaßen ab: Singles treffen sich in einem Raum und machen gemeinsam verschiedene Übungen. Der Partner wechselt dabei immer wieder, reden ist nicht erlaubt, Körper- und Blickkontakt aber schon.

“Fakten sagen nichts über Persönlichkeit aus“

Kati war als Teilnehmerin schon zwei Mal beim „Silent Dating“: „Ich find’ das ganz spannend, dass man sich im Gegensatz zu Online-Plattformen nicht mit Fakten auseinandersetzt, wie Name, Alter und Herkunft. Diese Fakten sagen eigentlich so wenig über die Persönlichkeit aus.“

Sie sei auch schon auf zwei „Tinder“-Dates gewesen, aber die Personen wären anders gewesen, als ihr Profil auf der Dating-Plattform es vermittelt hätte. Deswegen nutze sie Online-Apps und Plattformen nicht mehr. „Das Ziel ist es, nach dem Gefühl zu gehen. Wo zieht es einen hin, mit wem ist man auf einer Wellenlänge. So Eckdaten sind irrelevant. Wenn wir jemanden mögen, dann mögen wir ihn“, meint Kati.

Übungen aus Teambuilding und Massagespiel

„Wir hatten jetzt sehr, sehr viele Online-Trends. Sehr viele Apps sind aufgepoppt und das ist natürlich immer noch ein Trend. Aber inmitten dieser Dating-Apps wünschen sich die Menschen immer mehr reale Kontakte. Wir glauben, dass der nächste Schritt nach diesem ‚Dating-App-Boom‘ wieder hin zur realen Begegnung geht“, sagt Helena Spindler, eine Gründerin des Unternehmens „Slow Dating Events Vienna“.

Silent Dating zum Valentinstag

Am 14. Februar ist Valentinstag. Aus diesem Anlass zeigt eine Doku die neuesten Trends beim Kennenlernen. Der neueste Trend: „Silent Dating“.

Die Übungen kommen aus den Bereichen des Teambuilding und des Empathie- und Intimitätstrainings. Es gibt etwa die Spiegelübung, bei der ein Partner Bewegungen vorgibt und der andere sie nachmacht, oder das Massagespiel, bei dem man sich gegenseitig unterschiedlich fest massieren soll. Am Ende eines jeden Abends gibt es eine Augenkontakt-Übung. 90 Sekunden lang schauen sich die Singles dabei in die Augen und schweigen.

Nonverbale Kommunikation steht im Mittelpunkt

Beim „Silent Dating“ werden die Gruppen nach Alter (20- bis 40- und 30- bis 50-Jährige) unterteilt. Die nonverbale Kommunikation steht im Mittelpunkt. „Die ist ja überall. Wir nehmen sie nur nicht so wahr. Zum Beispiel in der U-Bahn wird ganz viel nonverbal kommuniziert. Aber sich einmal so zurückzunehmen und sich nur auf das Nonverbale konzentrieren, das ist das Spannende“, so Helena Spindler.

Wie viele Menschen sich schon durch „Silent Dating“ gefunden haben, lässt sich laut den Gründern nicht feststellen. „Es gibt aber auch Leute, die Events absagen und uns sagen: Ich kann nicht mehr kommen, ich hab wen gefunden beim letzten Event. Und das freut uns sehr“, sagt Till Spindler, einer der drei Gründer. Zurzeit finden ungefähr drei Events im Monat statt, die Tendenz ist steigend. Nach jedem Event kann Feedback gegeben werden und Übungen kommen ins Programm oder werden gestrichen. Neben dem „Silent Dating“ bietet „Slow Dating Events“ etwa auch Spiel- oder Kochabende für Singles an.

“Sonst wenig Events für Singles“

Das Unternehmen gibt es seit April 2018, dahinter stehen die drei Gründerinnen und Gründer Helena Spindler, die Soziologie und Wirtschaft studiert hat, Marketingexpertin Karen Roso, die ursprünglich aus Brasilien kommt, und Till Spindler, Helenas älterer Bruder, der sich auf Erlebnispädagogik spezialisiert hat. Das Trio aus einer Wienerin, einem Wiener und einer Brasilianerin deckt selbst das ganze Spektrum ab: Single, frisch in einer Beziehung und jahrelang verheiratet.

Aus ihrem Umfeld hätten sie immer wieder gehört, dass es wenige Events für Singles gäbe. Daraufhin hat das Team Marktrecherche betrieben und festgestellt, dass es wirklich nichts gibt, das ihren Vorstellungen entsprechen würde. „Wir wollten einen Trend setzen, weil es wirklich nichts gibt. Wenn man sich dann andere Städte anschaut wie London und Berlin: Die haben ganz viel für Singles“, sagt Till Spindler.

Link: