Drei Frauen leiten Kunsthalle Wien

Das Frauenkollektiv WHW aus Zagreb übernimmt im Juni die Leitung der Kunsthalle Wien. Das gab Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) bekannt. Für die Nachfolge von Nicolaus Schafhausen gab es 83 Bewerbungen.

Davon waren acht in die Endauswahl gekommen. Eine Jury fällte die Entscheidung, der sich die Stadträtin anschloss, einstimmig. WHW steht für „What, How & for Whom“ und besteht aus Ivet Curlin, Sabina Sabolovic und Natasa Ilic.

Kunsthalle Wien  Ivet Curlin Sabina Sabolovic Natasa Ilic

Damir Ziziz

Natasa Ilic, Ivet Curlin und Sabina Sabolovic (v. l. n. r.)

„Unprätentiös, intellektuell, humorvoll“

„Ich freue mich auf unprätentiöse, intellektuelle und gleichzeitig humorvolle Kulturarbeiterinnen“, sagte die Stadträtin, die darauf verwies, dass auch die documenta in Kassel künftig von einem Kollektiv geleitet wird. Eine vierte WHW-Kollegin wird in Zagreb bleiben und nicht nach Wien kommen. Die Kunsthalle soll sich künftig international und in Richtung der Kunstproduktion öffnen, sagte Sabolovic.

1999 gegründet führt WHW seit 15 Jahren die Galerie Nova in Zagreb. Daneben kuratierte das Kollektiv große internationale Ereignisse wie die Istanbul Biennale 2009. Curlin, Ilic und Sabolovic seien weltweit gefragte Kuratorinnen – in London und Antwerpen, Prag und Madrid, Hongkong und New York, so Kaup-Hasler in einer Aussendung. „Wien kann sich glücklich schätzen, diese kompetenten, erfahrenen Ausstellungsmacherinnen für die Kunsthalle gewonnen zu haben. Sie werden das Haus als Ort für zeitgenössische Kunstpositionen, Diskurs und Reflexion neu denken, weiterentwickeln und öffnen.“ Durch Arbeiten im 21er Haus und dem Grazer Kunstverein ist das Trio auch in Österreich bekannt.

Anderer Standort als „Gedankenoption“

„Natürlich war von Anfang an das Thema des Standortes ein wichtiges“, sagte Kaup-Hasler auf Nachfrage. Vorerst bleibe es jedoch bei einer „Gedankenoption“. Für die Etablierung eines neuen Standortes brauche es nicht nur Konzepte, sondern auch mehr finanzielle Ausstattung. „Daran wird gearbeitet“, so die Stadträtin.

Ivet Curlin Sabina Sabolovic Natasa Ilic

APA/Hans Klaus Techt

Curlin (l.), Sabolovic (2.v.l.) und Ilic (r.) präsentierten am Mittwoch ihre Pläne

Balance aus lokaler und internationaler Szene

Curlin, Ilic und Sabolovic betonten, nicht arbeitsteilig zu arbeiten: „Wir haben alle immer kollektiv gearbeitet. Alle Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Auch, wenn das manchmal etwas schwieriger oder langsamer ist“, sagte Curlin. Die Drei werden nach Wien übersiedeln, allerdings auch weiter Zagreb verbunden bleiben und auch weiterhin die seit 15 Jahren von WHW geführte Galerie Nova in Zagreb im Kollektiv mit ihrer Kollegin Ana Devic leiten.

Die kommenden Monate nannten die drei künftigen Leiterinnen eine kollektive Lernphase. „Zuerst wollen wir das Haus und seine Funktion genauer kennenlernen, ehe wir Dinge entscheiden“, sagte Ilic. Man werde die Planungen Schafhausens respektieren und eine Balance aus lokaler und internationaler Szene anstreben, sagte Sabolovic: „So haben wir immer gearbeitet.“ Wesentlich stärker als bisher will man aber die Kunsthalle Wien als Produktionsort etablieren.

„Vielleicht weniger westliche Kunst“

Programmatisch hielten sie noch recht bedeckt. Eine kleine Prognose machte Ilic dennoch: „Vielleicht wird es künftig in der Kunsthalle Wien weniger westliche Kunst zu sehen geben, dafür viel mehr ganz neue Arbeiten.“ Und vielleicht auch mehr Besucher. 77.157 Besucher wurden 2017 gezählt. Kaup-Haslers Vorgabe für die Zukunft („Das ist aber kein Commitment für niederschwellige und populäre Kunst!“) lautet schlicht: „Mehr!“

Wunsch nach Neuorientierung

Kaup-Hasler hatte im Vorfeld immer wieder betont, dass sie sich für die Kunsthalle Wien eine (auch räumliche) Neuorientierung wünsche. „Interesse an urbanen Zusammenhängen und auch am Publikum“ hatte Kaup-Hasler als Forderung an die zukünftige Leitung formuliert - mehr dazu in Verlegung der Kunsthalle an Stadtrand möglich und Kultur: Neue Stadträtin, alte Forderung.

Nicolaus Schafhausen

APA/Robert Jäger

Nicolaus Schafhausen verlässt die Kunsthalle Wien mit Monatsende

Unter den 83 Bewerbungen waren mehr als die Hälfte von Frauen oder mit der Beteiligung von Frauen, zwei Drittel kamen aus dem Ausland und insgesamt gab es zwölf Teams, die explizit zugelassen waren. 31 Bewerbungen - also weniger als die Hälfte - kamen aus Österreich.

Vorzeitiger Abgang von Schafhausen

Schafhausen hatte sein vorzeitiges Ausscheiden im Mai des vergangenen Jahres bekanntgegeben. Seinen ursprünglich bis 2022 laufenden Vertrag legte er mit dem Argument zurück, dass „die Wirkungsmächtigkeit von Kunst in Zeiten nationalistischer Politik stark eingeschränkt“ sei - mehr dazu in Schafhausen verlässt Kunsthalle.

In seiner letzten Jahrespressekonferenz im Dezember 2018 hatte Schafhausen über die „dysfunktionale Situation im MuseumsQuartier“ gesprochen. Das MuseumsQuartier sei als Heimat der Kunsthalle ungeeigneter denn je. Am Standort Karlsplatz sei laut Schafhausen problematisch, dass die Kunsthalle aus konservatorischen Gründen weder Fotografie noch Malerei zeigen könne. „Auch die freien Mittel schrumpfen von Jahr zu Jahr.“

Derzeit hat die Kunsthalle Wien einen im Gemeinderat einstimmig beschlossenen Dreijahresvertrag von 4,1 Mio. Euro städtischen Zuschuss jährlich, wovon laut der kaufmännischen Geschäftsführerin Sigrid Mittersteiner jährlich 1,1 bis 1,2 Mio. Euro für die Kunst zur Verfügung stehen. Ein derartig geringer Anteil sei nicht ungewöhnlich und „immer schockierend wenig“, sagte Natasa Ilic. „Die Tendenz muss klarerweise immer sein, dass mehr Geld in die Kunst fließt“, sagte auch Kaup-Hasler.

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