Heumarkt: Vorerst keine Entscheidung über UVP

Die Causa Heumarkt hat das Bundesverwaltungsgericht am Montag beschäftigt. Es wurde verhandelt, ob das Bauvorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterzogen werden muss oder nicht. Die Entscheidung wurde vertagt.

Michael Tojners Wertinvest als Projektbetreiber hatte von der Wiener Landesregierung als erstinstanzliche Behörde im Vorjahr beschieden bekommen, dass es für die Heumarkt-Umgestaltung keine UVP braucht. Die Gegner riefen daraufhin die nächste Instanz an - also das Bundesverwaltungsgericht. Die traf am Montag vorerst keine Entscheidung. Der zuständige Richter am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erläuterte am Nachmittag nach einer kurzen Verhandlungspause, dass noch einige Punkte zu klären seien. Eventuell wird sogar ein Lokalaugenschein durchgeführt.

Rendering neues Konzept für Heumarkt

Isay Weinfeld&Sebastian Murr

Visualisierung des geplanten Projekts auf dem Heumarkt

Weitere Frist für Stadt

Eine solche Vor-Ort-Begehung brachten die Vertreter der Projektbetreiber ins Spiel. Dadurch könne man sich von verschiedenen Blickpunkten aus ein Bild des jetzigen Bestands machen und sich auch die Wirkung des neugestalteten Areals besser vorstellen, so sinngemäß das Argument. Sowohl die Gegenseite als auch der Richter selbst zeigten sich einer solchen Exkursion nicht abgeneigt. Letzterer regte gar an, eventuell die Verhandlung gleich unmittelbar nach dem Lokalaugenschein im Hotel Intercontinental selbst fortzusetzen. „Aber ich werde darüber heute nicht entscheiden“, so der Richter.

Außerdem sollen im weiteren Verlauf der Verhandlung noch einige Kritikpunkte des Projektbetreibers am Gutachten Wehdorns - etwa die Richtigkeit der Daten - eingehend geprüft werden. Und der Stadt wird als betroffene „Standortgemeinde“ eine weitere Frist eingeräumt, das Expertenpapier ausführlich zu bewerten und darauf zu replizieren. Die Rathausvertreter hatten zu Beginn des Verfahrens nämlich moniert, das Gutachten nicht zugestellt bekommen zu haben und es sich deshalb „mühsam auf internem Wege“ habe besorgen müssen. Dadurch sei eine vertiefende Prüfung sowie eine entsprechende Stellungnahme nicht möglich gewesen.

Gutachter: „Gewaltiger Eingriff“

Der vom BVwG beauftragte Gutachter Manfred Wehdorn präsentierte am Vormittag dem Gericht eine Stunde lang seine Analyse und kam zum Schluss, dass das Projekt „bei einer Realisierung in seiner jetzigen Form bezüglich der Masse und Bauhöhe eine wesentliche Störung der historischen Skyline“ bedeuten würde. Und die Silhouette habe die UNESCO „expressis verbis“ als grundlegend für den außergewöhnlichen Wert („Outstanding Universal Value“) der City genannt. Werde der Heumarkt samt 66 Meter hohem Turm gebaut, würden die Auswirkungen den Ernennungskriterien nicht mehr gerecht.

Wehdorn führte eine Reihe von Visualisierungen an - darunter auch den berühmten Canaletto-Blick vom Oberen Belvedere. Hier würde es einen „gewaltigen Eingriff“ geben. Aber auch andere Sichtachsen würden verändert. Wobei der Gutachter auch einräumte, dass das Projekt an sich einen deutlichen Mehrwert für die Stadt aufweise und feststellte, dass in dem Bereich Hotel Intercontinental, Eislaufverein und Konzerthaus jedenfalls Handlungsbedarf bestehe.

Wertinvest kritisierten Gutachten

Die Vertreter der Wertinvest nahmen danach ausführlich Stellung zu Wehdorns Analysen und kritisierten das Gutachten als nicht vollständig und teils fehlerhaft. So seien gewisse Daten über Höhe und Volumina nicht korrekt dargestellt, Expertenzitate selektiv angeführt und die Frage der Sichtachsen nicht nachvollziehbar gewichtet.

So würde im täglich erlebbaren Stadtbild - etwa vom Stadtpark aus - das Ensemble kaum zu sehen sein. Außerdem seien diverse Gebäude nahe der Welterbe-Zone, die die UNESCO offenbar als mit dem Status vereinbar bewerte, weitaus voluminöser, dichter oder höher, nannte die Wertinvest-Vertretung etwa das - damals in der Welterbefrage ebenfalls umstrittene Projekt - Wien Mitte, den Ringturm, das Raiffeisen-Gebäude und den Design-Tower („Sofitel Vienna“) am Donaukanal als Beispiele. „Das Gutachten hat sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht keine durchschlagenden Argumente gebracht“, hieß es seitens der Projektbetreiber.

Urteil steht aus

Unklar war vorerst, ob der Richter noch am Montag sein Urteil darüber verkünden wird, ob das Projekt im Hinblick seiner Auswirkungen auf den Welterbestatus UVP-pflichtig ist oder nicht. Sollte eine derartige Prüfung notwendig sein, würde sich das Projekt wohl weiter verzögern und noch teurer werden. Wobei mit einem schnellen Baustart ohnehin nicht zu rechnen ist: Die Stadt hat am Sonntag angekündigt, das Heumarkt-Vorhaben für zwei Jahre auf Eis zu legen - mehr dazu in news.ORF.at.

Für die Regierung ist das aber zu wenig. Das Projekt dürfe in dieser Form nicht kommen, sagte Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) am Montag bei einer Pressekonferenz – notfalls werde man auch eine Weisung erteilen. Rechtlich wäre diese aber umstritten - mehr dazu in news.ORF.at.

UNESCO-Bericht über Weltkulturerbe Wien

Laut einem ICOMOS-Bericht ist der geplante Turm auf dem Heumarkt nicht das einzige Projekt, das mit dem Welterbetitel nicht vereinbar ist.

Wien beteuert Wichtigkeit des Weltkulturerbes

Der Status der Wiener Innenstadt als UNESCO-Weltkulturerbe liegt der Wiener Stadtregierung am Herzen. Das hat Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ) am Montag beteuert. Man werde den Dialog mit dem Welterbezentrum der UNESCO und ICOMOS intensiv fortsetzen. „Weiters stehen wir in einem konstruktiven Dialog mit dem Projektwerber“, stellte er klar.

Woller ist der von der rot-grünen Stadtregierung beauftragter Koordinator für Fragen des Weltkulturerbes. Er versicherte einmal mehr, dass Wien in den vergangenen Monaten viele Anstrengungen unternommen und Maßnahmen zum Schutz des baukulturellen Erbes der Stadt ergriffen habe. So habe der Gemeinderat bereits beschlossen, weitere Hochhäuser - über bestehende Standorte hinausgehend - in der Innenstadt kategorisch auszuschließen.

Ellensohn vs. Tojner: Verfahren eingestellt

Eine Ende hat unterdessen eine andere Causa gefunden. Der grüne Klubobmann David Ellensohn hatte im Herbst 2018 Tojner und weitere Personen wegen Betrugs mit Wohnungsvermietung angezeigt und ihn der „Geschäftemacherei“ bezichtigt. Dagegen hat sich Tojner gewehrt und Ellensohn wegen übler Nachrede geklagt.

Die Ermittlungen nach der Anzeige von Ellensohn wurden von der Staatsanwaltschaft Wien am 24. Jänner eingestellt. Im Rahmen des Verfahrens gegen Ellensohn wurde ein Vergleich geschlossen, mit dem sich Ellensohn verpflichtet hat, eine Richtigstellung auf der Startseite der Website der Wiener Grünen zu veröffentlichen.

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