Stadt erweitert Leistungsspektrum für Pflege

Die Stadt Wien erweitert ihr Leistungsangebot im Pflegebereich. Dabei geht es nicht um stationäre Kapazitäten, sondern um Angebote, die den Lückenschluss zwischen mobiler und 24-Stunden-Pflege schließen sollen.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verwies in einer Pressekonferenz auf die Altersentwicklung der Wiener Bevölkerung. 2018 waren demnach 16,5 Prozent über 65 Jahre alt. In 30 Jahren werde dieser Anteil bereits bei 22 Prozent liegen, wobei der Anteil der Über-80-Jährigen überdurchschnittlich wachsen werde.

Alter Mann hält Spielkarten

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Die alten Menschen sollen im Wohnumfeld betreut werden

Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sprach von den präsentierten Maßnahmen als Ergänzung der bestehenden Leistungen. Konkret wird derzeit eine mehrstündige Alltagsbegleitung erprobt. Auch Öffnungszeiten von Tageszentren wurden erweitert. Pflegende Angehörige sollen dadurch entlastet werden. Die „Mehrstundenmodelle“ seien auch eine Antwort auf die Kritik, die es an der 24-Stunde-Pflege gebe - etwa in Sachen Kosten, Arbeitssituation und Qualität.

Pflege in Wien

Rund 60.000 Wiener befinden sich laut FSW in Pflege und Betreuung - davon 36.000 mobil, der Rest in einer der 91 stationären Einrichten. Die 17 Tageszentren werden von 2.200 Personen genutzt. Das kostet jährlich in etwa 1 Mrd. Euro.

Betreuung im Wohnumfeld

Die Neuerungen im Detail: Die „mehrstündige Alltagsbegleitung“ richtet sich an Menschen, „die mehr brauchen als eine mobile Pflege, aber noch keine 24-Stunden-Pflege“, erläuterte Anita Bauer, Geschäftsführerin des Fonds Soziales Wien (FSW), der die Leistungen koordiniert und abwickelt. Die Betreuung erfolgt im Wohnumfeld und kann vier bis zehn Stunden am Tag, höchstens aber 40 Stunden pro Woche in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist Pflegestufe 1 oder 2.

Ziel sei die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte oder Hilfe, wenn die Person das Haus verlassen will oder muss. Laut Bauer ist dieses Service seit November im Probebetrieb. 54 Klienten werden derzeit betreut. Nach einem Jahr Laufzeit wird evaluiert und über den weiteren Ausbau entschieden.

Chefin des FSW Anita Bauer, Bürgermeister Michael Ludwig, Sozialstadtrat Peter Hacker

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FSW-Geschäftsführerin Bauer, Bürgermeister Ludwig und Stadtrat Hacker präsentierten die Pläne

Tageszentren am Wochenende

Darüber hinaus sollen Tageszentren (TZ) den Senioren vermehrt auch am Wochenende und an Feiertagen zur Verfügung stehen. An zwei Standorten - im TZ Favoriten und TZ Winarskystraße - gibt es diese erweiterten Öffnungszeiten bereits. Auch hier sollen Angehörige die Möglichkeit haben, am Wochenende einmal „frei“ zu bekommen.

Als dritte Novität präsentierte Bauer die „Betreuung mit Fahrt“. Schon jetzt werden Kunden, die das nicht selbst schaffen, von Fahrtendiensten zu den Tageszentren chauffiert. Dieses Angebot wird nun bei Bedarf aufgefettet, indem Betreuungsleistungen wie Anziehen von Bekleidung oder Herrichten der Gehhilfe dazukommen.

SPÖ gegen Pflegeversicherung

Was die Pflegefinanzierung anbelangt, sprachen sich Ludwig und Hacker auf Nachfrage erneut gegen die Idee einer Pflegeversicherung aus. „Das ist für uns kein Modell“, so der Stadtchef. Die Pflege müsse aus Steuermitteln bezahlt und mit gemeinnützigen Trägern organisiert werden: „Wir verfechten ein Modell, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht den Profit.“

Hacker ergänzte, dass ein Versicherungskonzept bedeuten würde, die Lohnnebenkosten anzuheben. Das sei der falsche Weg. Er plädiere indes für den Vorschlag von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, den Pflegefonds in einen „Pflegegarantiefonds“ auszubauen.