Stephansdom: Großbrand „unwahrscheinlich“

Der verheerende Brand in der Kathedrale Notre-Dame wirft auch Fragen nach dem Brandschutz in heimischen Kirchen auf. Einen Großbrand im Stephansdom sieht Dombaumeister Wolfgang Zehetner als „sehr unwahrscheinlich“ an.

Lokale Brände seien im Stephansdom natürlich möglich, etwa wenn ein Bild oder ein Einrichtungsgegenstand Feuer fange. „Aber die große Brandlast gibt es nicht mehr“, sagte Zehtner mit Verweis auf den eisernen Dachstuhl, der nach dem Brand im Jahr 1945 errichtet worden war.

Nichtsdestotrotz gibt es Brandschutzpläne für den Dom. Im Vorjahr habe es auch eine Übung mit der Feuerwehr gegeben, berichtete Zehetner. Sollte im Dom tatsächlich etwas passieren, seien die Zufahrtsmöglichkeiten besser als rund um Notre Dame. „Es ist hier nicht so eng wie in Paris, es gibt mehr Freiflächen.“

Historische Aufnahme des Brandes im Wiener Stephansdom am 12. April 1945.

ÖNB-BILDARCHIV/ALBERT HILSCHER

Historische Aufnahme des Brandes im Wiener Stephansdom am 12. April 1945

Neue Brandmelder und spezielles Schutzsystem

Auch Dompfarrer Toni Faber beruhigte. Er betonte, dass die Grundkonstruktion des Dachstuhls aus Waagner-Biro-Stahl bestehe - das sei sicherer. Einzig die Latten, welche die 270.000 Dachziegel halten, seien aus Holz. „Wir haben Brandschutzmelder, wo gearbeitet wird. Wir erneuern sie im Dachboden, dass im First solche Brandschutzmelder eingezogen werden, dass frühzeitig eine eventuelle Brandentwicklung gemeldet werden kann“.

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Dompfarrer Toni Faber über den Brandschutz im Stephansdom

Auch im Kircheninnenraum gibt es spezielle Sicherheitsvorkehrungen, wobei es sich dabei nicht um Brand- und Rauchmelder im klassischen Sinn handelt, da diese auch bei Weihrauchentwicklung anschlagen würden. Vielmehr handelt es sich laut Faber um spezielle Sensoren, die bei Weihrauch nicht Alarm auslösen. Zusätzlich stünden im Stephansdom zahlreiche Feuerlöscher - etwa in der Sakristei, bei den Eingängen oder an den Orten, wo Kirchenbesucher Kerzen anzünden - bereit.

Wienerin als Augenzeugin bei Brand in Paris

Eine Wienerin war in Paris und hat den Brand als Augenzeugin mitbekommen.

In den Nebenräumen befindet sich außerdem eine „gute Sicherheitsanlage“, führte der Dompfarrer weiter aus. Diese habe allerdings keine Direktverbindung zu Feuerwehr. „Wir hatten seinerzeit so viele Fehlermeldungen, dass wir gesagt haben, da braucht es Menschen.“ Der Portiersdienst des Domes sei rund um die Uhr besetzt und wenn ein Alarm ausgelöst wird, halte dieser zunächst Nachschau, veranschaulichte Faber das Prozedere.

Der „Steffl“ ist nicht versichert

Sollte trotz der Sicherheitsmaßnahmen ein Feuer im Stephansdom ausbrechen, wäre dies ein Schaden von unschätzbarem Wert - denn: Der „Steffl“ ist nicht versichert. „Wir haben nach dem Hofburg-Brand 1992 darüber nachgedacht. Doch zu welchem Wert? Das ist nicht zu versichern“, sagte Faber. „Da investieren wir lieber mehr als zwei Millionen Euro im Jahr in die Instandhaltung und Renovierung.“

„Notre Dame muss wieder aufgebaut werden“

Kardinal Christoph Schönborn zeigt sich über den vernichtenden Brand der Kathedrale Notre Dame tief traurig - und denkt schon an die Zukunft.

Auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn sieht den Stephansdom jedenfalls einer unvergleichlich geringeren Brand-Gefahr ausgesetzt als Notre Dame. Er verwies ebenfalls auf die Stahlkonstruktion im Dachbereich.

Doppelt so viele Besucher wie im Stephansdom

Mit rund 13 Millionen Besuchern jährlich zählt der Pariser Kathedrale mehr als doppelt so viele Besucher wie der Wiener Stephansdom. „Wir hatten im abgelaufenen Jahr 6,4 Millionen Besucher“, sagte der Assistent des Kirchenmeisters im Stephansdom, Joachim Seidl, am Dienstag zur APA. Das waren im Schnitt rund 17.500 täglich. Erfasst wird jeder, der in das Kirchenhaus kommt. „Unsere digitale Zählmaschine kann bis zu 60 Personen gleichzeitig zählen, die in den Dom hineingehen“, erklärte Seidl. Eintritt ist keiner zu bezahlen.

Freiwillige Feuerwehren würden angefordert

Gäbe es im Wiener Stephansdom ein ähnliches Feuer wie im Pariser Notre Dame, würde wohl die höchste Alarmstufe ausgelöst - 7 oder 8, jedenfalls deutlich höher als beim Brand des Donauzentrums Anfang März, als Alarmstufe 4 ausgelöst wurde.

„Aber nicht sofort: Man würde die Unterstützung von Freiwilligen Feuerwehren heranziehen, damit diese die Wachen besetzen, falls es weitere Ereignisse gebe. Die Wiener Berufsfeuerwehr könnte sich damit auf die Brandbekämpfung im Dom konzentrieren. Man müsste sicherstellen, dass es Ablösungen gibt. Es würde nichts bringen, wenn man 400 Einsatzkräfte auf einmal heranzieht und die einander im Weg stehen“, sagte der Sprecher der Wiener Berufsfeuerwehr Christian Feiler.

Brenzlige Situation einst bei der Karlskirche

Eingreifen musste die Feuerwehr einmal bei einer brenzligen Situation während Bauarbeiten an der Karlskirche vor rund 20 Jahren. „Am Blechdach sind Lötungen vorgenommen worden, es hat Glosungen gegeben. Die Arbeiter sind abgezogen. Ein Restaurator war zufällig zur Stelle und hat ein paar Rauchzeichen gesehen und sofort die Feuerwehr rufen können“, sagt Harald Gnilsen, Architekt der Erzdiözese Wien gegenüber „Wien heute“.

Mittlerweile gibt es mehrere Brandmelder, auch auf dem Dach der Karlskirche. In der Gasse hinter der Kirche wurde zudem die Feuerwehrzufahrt erleichtert.

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