Kollegen erstochen: 20 Jahre Haft

Auf dem Weg zum Langos-Essen ist ein 33-Jähriger im Dezember 2017 in Favoriten in Begleitung seiner Verlobten von einem ehemaligen Arbeitskollegen erstochen worden. Dieser wurde heute wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Der anklagekonforme Schuldspruch der Geschworenen fiel einstimmig aus. Bei der Strafbemessung wurde die bisherige Unbescholtenheit des Mazedoniers als mildernd gewertet. Erschwerend waren demgegenüber „die besonders heimtückische und grausame Begehungsweise“, wie sich die vorsitzende Richterin ausdrückte. Das Opfer sei unbewaffnet gewesen und auf offener Straße getötet worden, führte die Richterin weiter aus. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Rache als Motiv

Laut Anklage wollte sich der Mann an dem Opfer rächen, mit dem er seit Jahren „in einem schwelenden Konflikt verhaftet war“, wie die Staatsanwältin darlegte. Die beiden Männer hatten bei derselben Firma auf diversen Baustellen gearbeitet. Bereits im Jahr 2008 kam es zwischen den beiden zu Handgreiflichkeiten, der Mazedonier soll den Kosovo-Albaner im Zug einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem spitzen Gegenstand gestochen haben.

Angeklagter bei Mordprozess

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„Es tut mir schrecklich leid“, sagte der Angeklagte am Mittwoch

Faustschläge und Fußtritte

2011 musste der Mazedonier Österreich verlassen - sein Asylverfahren war negativ ausgegangen. Nachdem er in seiner Heimat geheiratet hatte, kehrte er 2016 mit seiner Ehefrau illegal zurück und verdingte sich seither wieder auf Baustellen. Mitte November 2017 begegnete er zufällig eines Morgens an der U-Bahn-Station Reumannplatz dem Kollegen.

Dieser soll ihn umgehend attackiert und mit Faustschlägen und Fußtritten traktiert haben. Der Mazedonier erlitt einen offenen Nasenbeinbruch und Prellungen und Platzwunden am Kopf. „Nur durch das Eingreifen einer mutigen Passantin konnte verhindert werden, dass er zu Tode geprügelt wird“, behauptete nun einer der beiden Rechtsvertreter des Mazedoniers.

Tatort Mord Favoriten

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Der Tatort in der Favoritenstraße

Messer zerbrach in mehrere Teile

Der gedemütigte, aufgrund der erlittenen Verletzungen nicht mehr arbeitsfähige Mann soll in weiterer Folge Revanchegedanken gehegt haben. „Er wollte den Konflikt ein für alle Mal beenden“, stellte die Staatsanwältin fest. Nachdem er die Adresse seines Kontrahenten herausgefunden hatte, habe er diesem gemeinsam mit einem Komplizen aufgelauert, wobei die zwei Männer mit einem Messer bzw. einer Gartenkralle bewaffnet waren.

Als das spätere Opfer mit seiner Verlobten gegen 22.00 Uhr auf der Favoritenstraße in Richtung eines Lokals unterwegs war, „sind plötzlich zwei Männer auf uns zugelaufen. Der eine hat ihn wortlos an der Jacke gepackt und mit der anderen zugestochen. Ich hab’ gesehen, wie er das Messer rausgezogen hat“, schilderte die 46-jährige Frau dem Gericht. Der Komplize habe die Gartenkralle ihrem Verlobten Richtung Kopf geschlagen.

Weitere Augenzeugen, die aufgrund der Hilfeschreie auf das Geschehen aufmerksam wurden, sahen, wie der Schwerverletzte davonlaufen wollte. Der mit einem Messer mit einer Klingenlänge von elf Zentimetern bewaffnete Angeklagte rannte ihm nach, holte den von seinen Verletzungen Gezeichneten in der Landgutgasse ein und versetzte ihm weitere sieben Stiche, darunter einen ins Herz. Die Stiche dürften mit äußerster Wucht ausgeführt worden sein - zwei durchdrangen den Oberkörper des Opfers, die Waffe, die später am Tatort sichergestellt wurde, zerbrach in mehrere Teile.

„Gefühl von Wut und Panik“

„Es tut mir schrecklich leid“, sagte der Angeklagte. Er bzw. seine Rechtsvertreter machten Totschlag geltend. Er habe dem Mann nicht aufgelauert, sondern sei diesem aus purem Zufall begegnet, als er sich am Abend auf einer Bank vor einer Kirche niedergelassen hatte. Auf einmal sei ausgerechnet der Mann, der ihn vor wenigen Wochen verprügelt habe und den die Polizei deshalb nicht belangen konnte, weil er angeblich unbekannten Aufenthalts war, die Favoritenstraße entlanggegangen und auf ihn zugekommen.

„Das löste in ihm ein Gefühl von Wut und Panik aus“, meinte sein Verteidiger Andreas Weinwurm. „Ich habe gedacht, ich muss ihn stoppen“, ergänzte der Angeklagte. Er habe dem Kosovo-Albaner daher einen Stich in den Bauch verpasst: „Ich wollte ihn leicht verletzen, damit ihn die Polizei festnimmt.“ Als dieser fliehen wollte, „hat er die Kontrolle verloren und im Blutrausch wie von Sinnen auf ihn eingestochen“, fasste der zweite Rechtsvertreter des Angeklagten dessen Emotionen zusammen.

Schwer bewaffnete Polizei bei Mordprozess

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Hohe Sicherheitsvorkehrungen beim Mordprozess am Landesgericht

Im Kosovo festgenommen

Der Angeklagte hatte sich am Tag nach der Bluttat nach Mazedonien abgesetzt, konnte allerdings ausgeforscht und 2018 im Kosovo festgenommen werden. Seinen Komplizen, dessen Identität bisher nicht ermittelt werden konnte, gab der Mazedonier auch in seiner Verhandlung nicht preis. Er behauptete, von diesem - angeblich ein zwei Meter großer Pole - nur den Vornamen zu kennen. Der Niedergestochene war zwei Stunden nach dem Verbrechen in einem Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen.

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