Beschädigte NS-Opfer-Porträts repariert

Die Erinnerungsbilder an die Opfer der NS-Gräuel auf der Ringstraße sind erneut beschädigt worden. Mehrere Fotos wurden zerschnitten. Einige Menschen haben sie nun wieder zusammengenäht und halten Wache.

Die Fotoausstellung „Gegen das Vergessen“ ist direkt auf der Ringstraße vor dem Heldenplatz platziert und noch bis Ende Mai zu sehen. Wenige Tage vor dem Ende wurden die Porträtfotos von Überlebenden der NS-Verfolgung des deutsch-italienischen Fotografen und Filmemachers Luigi Toscano bereits zum dritten Mal zerstört.

Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) ermittelt. „Es wird überprüft, ob der Platz möglicherweise durch Videoüberwachung abgedeckt sein könnte“, sagte Polizeisprecher Harald Sörös.

Bundespräsident und Fotograf sind erschüttert

„Tief betroffen“ zeigte sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen. „Ich weiß, dass der allergrößte Teil der österreichischen Gesellschaft einen klaren, ablehnenden Standpunkt zu den NS-Gräueltaten hat.“

Und: „Dass es welche gibt, die mit der Wahrheit und dem Mahnen, das diese Fotos ausdrücken, nicht umgehen können, ist erschütternd. Es muss für uns Ansporn sein, Empathie und Menschenwürde in das Zentrum von Worten und Taten zu stellen“, twitterte der Bundespräsident. „#NiemalsWieder darf nicht zur Floskel werden - wir müssen es täglich leben!“, forderte Van der Bellen.

Auch der Fotograf der Ausstellung zeigte sich in einem Facebook-Posting erschüttert: „Ich bin einfach nur sprachlos, schon wieder gab es einen Anschlag auf meine Bilder. Österreich, was ist los mit dir???? Weder die Polizei noch das Österreichische Innenministerium sind in der Lage, Schutz zu leisten“, schrieb Toscano.

Nähaktion im Regen

Nach der Beschädigung dreier Bilder hat der Wiener Theaterverein Nesterval gegenüber dem ORF Wien angekündigt, ab sofort eine kostenlose 24-Stunden-Mahnwache einzurichten. Dadurch sollen die Kunstwerke entlang der Ringstraße bewacht werden.

Man wolle sich dabei gegenseitig alle zwei, drei Stunden ablösen, sagte eine Sprecherin des Vereins, der rund 60 fixe Mitglieder hat. „Wir haben ein großes Ensemble und wir wollen uns auch als Privatpersonen gegen das Vergessen einsetzen. In diesem Fall ist das sehr leicht, man muss sich einfach nur hinstellen“, so die Sprecherin.

Bürgermeister bei Mahnwache

Neben dem Künstlerkollektiv Nesterval will auch die youngCaritas eine Aktion setzen und hat in Sozialen Netzwerken Menschen dazu aufgerufen mitzuhelfen, die Ausstellung zu bewachen. Am Nachmittag fanden sich im strömenden Regen auch einige Menschen, die die zerfetzten Porträts wieder zusammennähten.

Die Muslimische Jugend Österreich kam nach dem Abendgebet am Montag, um die Schau zu bewachen. Am späten Abend trafen auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) zur Mahnwache ein. Ludwig bedankte sich bei allen Mitwirkenden der Mahnwache und sprach von einem „schönen Zeichen der Zivilgesellschaft.“ Klaus Schwertner von der Wiener Caritas wünscht sich, dass die Porträts bis zum Ende der Ausstellung bewacht werden. Die Schau war in vielen Städten zu Gast. Nur in Wien sei sie dreimal geschändet worden. „Das sollte uns zu denken geben.“

Mit Hakenkreuzen beschmiert

Bereits bei einer ersten Attacke einige Tage nach der Ausstellungseröffnung am 7. Mai wurden die Porträts mit Messern beschädigt. Erst vergangene Woche wurden dann mehrere Tafeln mit Hakenkreuzen beschmiert.

Fotos der beschmierten Porträts

APA/Mirco Malik

Einige Porträts der Ausstellung wurden bereits beschmiert

Die 100 Bilder wurden vom Zentrum ESRA, das seit 25 Jahren Überlebende der NS-Verfolgung und andere traumatisierte Menschen betreut und behandelt, nach Wien geholt. Die Eröffnung erfolgte durch Van der Bellen - mehr dazu in Hakenkreuze auf Bildern von NS-Opfern.

Für ESRA ist der dritte derartige Vorfall „äußerst besorgniserregend“. „Es ist ein Akt gegen das Erinnern. Ein Akt gegen das Bemühen um Geschichtsbewusstsein und ein Akt gegen den Kampf für Menschlichkeit, Menschenwürde. Es ist ein Akt gegen alle Lehren, die aus Österreichs NS-Geschichte zu ziehen sind“, sagte am Montag Peter Schwarz, Geschäftsführer von ESRA.

Porträts von NS-Opfern erneut zerstört

Die Erinnerungsbilder an die Opfer der NS-Gräuel auf der Wiener Ringstraße sind erneut beschädigt worden. .

Kirche verurteilt Zerstörung von Porträts

Vertreter der Kirche fordern nach der Zerstörung einiger Porträts nun die Politik auf, zu handeln. Antisemitismus sei im Zunehmen, und es bräuchte endlich eine handfeste akkordierte Initiative gegen diese Entwicklung, so Martin Jäggle, Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit – mehr dazu in religion.ORF.at.