Heumarkt: UNESCO sieht City weiter gefährdet

Das „Historische Zentrum von Wien“ dürfte auch nach der Ende Juni anstehenden Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees auf der Liste des gefährdeten Welterbes bleiben, wie am Samstag bekanntgeworden ist.

Laut einem Entscheidungsentwurf, der von UNESCO Österreich veröffentlicht wurde, bleibt die Einschätzung bestehen, dass die geplanten Baumaßnahmen am Heumarkt den Wert der Stätte gefährdeten. Basis für den Entscheidungsentwurf sind unter anderem ein im März veröffentlichtes Gutachten des Denkmalrates ICOMOS sowie jenes von Welterbeexperte Michael Kloos.

„Nachdenkphase“ begrüßt

Aus beiden gehe hervor, dass „der außergewöhnliche universelle Wert“ der Wiener Innenstadt durch „die städtebaulichen Entwicklungen der letzten Jahre äußerst gefährdet“ sei. Insbesondere wird hier das umstrittene Heumarkt-Projekt von Unternehmer Michael Tojner (Wertinvest) genannt, aber auch „das Fehlen eines operativen Managementplans, die unzureichende Verankerung des Welterbes in den Stadtplanungsinstrumenten sowie die mangelnde Rücksicht auf die historische Bausubstanz bzw. die historische Stadtlandschaft“.

Rendering neues Konzept für Heumarkt

Isay Weinfeld&Sebastian Murr

Eine Visualisierung zeigt das umstrittene Projekt am Heumarkt

Ausdrücklich begrüßt wurde die zuletzt über das Turmbauprojekt am Heumarkt verhängte zweijährige „Nachdenkphase“ - diese gelte es nun zu nutzen, um entsprechende Maßnahmen zu setzen. Empfohlen werden geeignete Managementpläne, Nachschärfungen bei Stadtplanungsinstrumenten sowie Heritage Impact Assessments, also fundierte Gutachten für Vorhaben wie etwa das Belvedere Stöckl. Konkret für den Heumarkt wird Österreich weiterhin angehalten, die Pläne so abzuändern, dass sich keine negativen Auswirkungen auf den Welterbestatus ergeben.

„Konkreter Fahrplan“ als nächster Schritt

Ebenfalls Erwähnung im Entwurf finden der Schwarzenberggarten und die historischen Dächer in der Welterbezone, für die eine „wirksame Unterschutzstellung“ gefordert wird. Auch soll Österreich die finalen Pläne für den Umbau des Wien Museums sowie das benachbarte Winterthur-Gebäude übermitteln, um sich diesbezüglich mit dem Welterbezentrum abzustimmen. Als nächster Schritt sei ein „konkreter Fahrplan“ („Desired State of Conservation Report“) zu formulieren, von dem sich die UNESCO die Einhaltung der erforderlichen Bedingungen für den Welterbestatus erwartet.

UNESCO

Die UNESCO ist die UNO-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur mit Sitz in Frankreich. Sie ist vor allem für die Listen des Weltkulturerbes bekannt. Doch die Organisation mit einem dreistelligen Millionenbudget ist in vielen Feldern aktiv – von Bildung über Biosphärenreservate bis Gleichberechtigung.

„Ich bin zuversichtlich, dass der Weg nun frei ist, für einen sensiblen Umgang mit dem historischen, kulturellen Erbe Wiens und damit für den Erhalt des Status als Welterbe“, wird Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission, in einer Aussendung zitiert. Die diesjährige Sitzung des Welterbekomitees findet von 30. Juni bis 10. Juli in Baku statt. Eine weitere Diskussion über den Fall ist dort im Übrigen derzeit nicht vorgesehen.

Blümel sieht Stadt am Zug

Nach der Veröffentlichung des UNESCO-Entscheidungsentwurfs sieht ÖVP-Landesparteiobmann Gernot Blümel die Stadt am Zug. „Es gilt jetzt zu tun, was richtig ist“, verwies er in einer der APA übermittelten Stellungnahme am Samstag auf die Empfehlungen der Advisory Mission, die es in Bezug auf das Heumarkt-Projekt umzusetzen gelte.

Die Kritik Blümels sei durchaus richtig, sagte der Kultursprecher der Liste Jetzt, Wolfgang Zinggl. Aber Blümel hätte diese Kritik an sich selbst richten müssen. Denn als Kulturminister wäre er am Zug gewesen, um den Erhalt des Welterbestatus zu sichern.

Seit 2017 auf der Roten Liste

Das Heumarkt-Projekt sorgt seit Jahren für veritables Aufsehen. Im Visier steht das 66 Meter hohe Gebäude, das Tojner dort neben dem Hotel Intercontinental errichten möchte. Das hohe Haus bringt das Weltkulturerbeprädikat für die Innenstadt in Gefahr, obwohl es nicht im ersten, sondern im dritten Bezirk errichtet wird. Die außergewöhnliche, historische Stadtsilhouette wurde bei der Aufnahme in die Welterbeliste 2001 aber eigens hervorgehoben. Zu deren Schutz wurde eine Art Pufferzone um den Stadtkern gezogen.

Ursprünglich hätte der Turm sogar 73 Meter hoch werden sollen. 2016 wurde schließlich eine reduzierte Variante präsentiert. Die UNESCO fordert jedoch, die maximale Bauhöhe zu beschränken. 2017 wurde die Innenstadt auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten gesetzt. Sollte Wien tatsächlich das Prädikat verlieren, bliebe der Hauptstadt nur noch ein offiziell als Weltkulturerbe ausgewiesenes Objekt - das Schloss Schönbrunn samt seiner Gartenanlage.

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