So krank kann Schlankheitswahn machen

Schön sein bedeutet auch schlank sein: Das Streben noch einer tollen Figur ist in unserer Gesellschaft oftmals schon zwanghaft geworden, Essstörungen sind eine Folge davon. „Radio Wien“-Psychologin Karin Busch-Frankl über die Risken.

Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass das Schönheitsideal immer im engen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation des Landes steht. Auch heute gibt es Länder, in denen molligere Frauen als attraktiv gelten. Denn in Zeiten des Krieges oder von Hungernöten steht dies für Wohlstand.

Gute Figur als Hinweis auf Disziplin

Gibt es allerdings genug Ressourcen ist dick sein mit einem Manko verbunden. Dicke Menschen werden als undiszipliniert und faul eingestuft, entsprechen somit nicht dem Schönheitsideal. Ihnen werden negative Eigenschaften unterstellt, so Busch-Frankl.

Heute ist dünn sein für viele Frauen und immer mehr Männer eine regelrechte Disziplin geworden. Dabei wird immer öfter die Grenze des Gesunden überschritten, Essstörungen wie Bulimie, Magersucht und Esssucht nehmen laufend zu.

Jugendliche besonders gefährdet

Besonders Kinder in der Pubertät befinden sich in einer sensiblen Zeit der Identitätsfindung und können daher besonders anfällig für eine Essstörung sein. Die Modeindustrie mit ihren Magermodels gibt dabei einen Trend vor, den viele Menschen nacheifern.

Ein weiterer Faktor dürfte in der Familie liegen. Aus Studien weiß man, das besonders Mädchen aus der Mittel- und Oberschicht mit fordernden, erfolgreichen Eltern gefährdet sind. Diese Kinder versuchen ihren Eltern etwas zu beweisen und fühlen sich ständig unter Leistungsdruck. Oberflächlich betrachtet sind diese Familien perfekt und harmonisch.

Frau mit Maßband am Bauch

Fotolia/Picture-Factory

Durch beispielsweise die Magersucht gelingt es dem Mädchen erstmalig Kontrolle zu gewinnen und die körperliche Entwicklung zur Frau zu verlangsamen. Irgendwann beginnt die Sache sich zu verselbstständigen und ein Ausstieg aus der Magersucht wird schwierig. Bei Erkrankten ist das Gefühl, den Körper unter Kontrolle zu haben, ein sehr wichtiges und entscheidendes Gefühl.

Selbstbild stimmt nicht mehr

Der Beginn der Magersucht liegt im Normalfall vor dem 25 Lebensjahr, häufig mit Beginn der Pubertät. Meinst beginnt der Betroffene mit einer Diät, erzielt erste Erfolge und wird durch das Lob in seinem Umfeld angespornt, weiter zu machen. Bei der Magersucht wird die Nahrungsaufnahme verweigert beziehungsweise stark vermindert. Es besteht große Angst davor, Gewicht zuzunehmen, Nahrungsmittel werden auf ihre Kalorien kontrolliert. Der Tagesablauf dreht sich nur mehr um die Nahrungsaufnahme, eine starke Beschäftigung mit dem Thema „Schlanksein“ ist vorhanden.

Besonders hervorstechend ist eine abnorme Körperwahrnehmung. Es besteht dann ein verzerrtes Bild des eigenen Körpers. Die Betroffenen fühlen sich dick, obwohl sie bereits unterernährt sind. Ab einem gewissen Untergewicht kommt es zum Aussetzen der Menstruation und zu weiteren biochemischen Veränderungen, die das Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen.

Zum Unterschied zur Magersucht, essen Menschen mit einer Bulimie nicht im Normalumfang, sondern haben richtige Essattacken auf diese sie wiederum Erbrechen. Allerdings erbrechen nicht alle Bulimieerkrankten. Manchen nehmen im Anschluss von Essattacken auch Abführmittel oder sitzen Stunden in der Badewanne. Die körperlichen Folgen sind zum Beispiel schlechte Zähne, Vitamin- und Nährstoffmangel. Sozialer Rückzug ist sehr häufig, Essen wird gehortet und vor der restlichen Familie oftmals versteckt. Das Körpergewicht ist häufig normal.

Persönlichkeit von Kinder stärken

Wichtig ist für Eltern, Kinder im Selbstbewusstsein stärken und die Individualität fördern. Nicht jeder muss Modellmasse haben, Ziel sollte das eigenen Wohlfühlgewicht sein, dieses bekomme ich nur mit der dazugehörigen Körperwahrnehmung. Dazu gehört, dass Kinder gestärkt in der Persönlichkeit werden und sich gegenüber äußeren Einflüssen abgrenzen lernen.

Dieses Lernen beinhaltet, dass ich als Elternteil auch auf die Wünsche und Vorstellungen meiner Kinder Rücksicht nehme und ihnen die Möglichkeit biete, sich auszuprobieren.

Sendungshinweis

„Radio Wien“-Magazin, 9. Juli 2912

Wenn der Partner oder die Partnerin an einer Essstörung leidet, ist es am Besten offen zu sagen: Ich mache mir Sorgen um deine Gesundheit“. Vorwürfe sind kontraproduktiv und führen meist zum vermehrten Rückzug. Unterstützung anbieten und Fachleute aufsuchen, da es sich um eine unter Umständen lebensbedrohliche Erkrankung handeln kann.

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