Strategien gegen Mobbing

Mobbing hat für die Gesundheit von Arbeitnehmern oft gravierende Folgen. „Radio Wien“-Psychologin Karin Busch-Frankl gibt Tipps, um Konflikten am Arbeitsplatz entgegenzuwirken, bevor sie eskalieren.

Konflikte am Arbeitsplatz sind - so wie in anderen Lebensbereichen auch - normal und können bis zu einem gewissen Grad sogar förderlich für den Arbeitsprozess sein. Denn aus einer Auseinandersetzung können neue Ideen und Zugänge zur kollegialen Zusammenarbeit entstehen. Üblicherweise werden Streitereien im Arbeitsleben mit Kompromissen gelöst. Kommt es aber zu keiner Lösung, können Missverständnisse den Beginn eines Mobbingprozesses darstellen.

Mobbing hat konkretes Ziel

Was Mobbing von einem normalen Konflikt unterscheidet, ist die konkrete Zielsetzung, jemanden vom Arbeitsplatz auszugrenzen, oder zu vertreiben. Aktives Mobbing bedeutet, dass jemand aktiv geärgert oder schikaniert wird. Passives Mobbing liegt hingegen vor, wenn der Kontakt zu einem Mitarbeiter dauerhaft gemieden wird. Bei Mobbing handelt es sich immer um einen Prozess. Einzelne Beleidigungen oder Verhaltensweisen reichen nicht aus, um von Mobbing sprechen zu können.

Vielmehr sind es systematische Handlungsweisen, denen sich Mobbing-Opfer ausgesetzt sehen. Die negative Haltung gegenüber den Betroffenen drückt sich entweder verbal aus, also durch Beschimpfungen oder das Streuen von Gerüchten, oder auch nonverbal - etwa durch das Vorenthalten von Informationen oder fortwährendes Ignorieren einer Person. Aber auch physische Handlungen, im Extremfall sogar körperliche Übergriffe, können Ausdruck von Mobbing sein, sagt Busch-Frankl.

Mobbing

Fotolia/Kitty

Mobbing am Arbeitsplatz kann schwere Folgen haben

Kennzeichnend für Mobbing ist außerdem, dass es ein ungleiches Machtverhältnis gibt. Dieses kann entweder durch die Hierarchie am Arbeitsplatz, oder durch die Anzahl an „Akteuren“ entstehen - etwa wenn sich eine Gruppe gegen eine Einzelperson richtet. Das Mobbing-Opfer hat Schwierigkeiten, sich zur Wehr zu setzen, wird hilflos und in Folge auch krank.

Stufenweiser Prozess

Die erste Stufe in einem Mobbing-Prozess ist meist ein ungelöster Konflikt. Wird dieser nicht thematisiert, spricht man von einem „kalten Konflikt“. Ein so genannter „heißer Konflikt“ liegt vor, wenn durch Diskussion oder Streit eine Lösung gesucht wird. Auf der zweiten Stufe des Prozesses nimmt die gemobbte Person selbst den Platz des Konfliktes ein. Der Konflikt wird also auf den betroffenen Mitarbeiter übertragen und somit gleichsam „personalisiert“. In dieser Phase wird das Mobbing-Opfer häufig gekränkt und sein Selbstwertgefühl nimmt ab.

In der dritten Phase beginnt die Situation zu eskalieren - der vom Mobbing betroffene Mitarbeiter wird zur „Problemperson“. Den Schlusspunkt des Mobbing-Prozesses setzt häufig der Arbeitsplatzverlust durch Kündigung oder Selbstkündigung.

Weitreichende gesundheitliche Folgen

Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz Opfer von Mobbing wurden, haben meist mit gravierenden negativen Auswirkungen auf ihre Gesundheit zu kämpfen. Typisch sind Schlafstörungen, ein Gefühl von Hilflosigkeit, ein oft stark leidendes Selbstwertgefühl und Depressionen. Auch Konzentrationsschwierigkeiten, psychosomatische Erkrankungen wie Magen-Darm-Probleme, bis hin zu Suchterkrankungen und Suizidgefährdung können Folgen der Zurückweisung oder Nichtbeachtung am Arbeitsplatz sein.

Grundsätzlich kann jeder von Mobbing betroffen sein. Variable Persönlichkeitsmerkmale wie Unsicherheit im sozialen Kontakt, oder Scheu im Ansprechen von Konflikten können eine zusätzliche Gefährdung darstellen.

Veränderung der Hierarchie als Risikofaktor

Es gibt aber auch Konstellationen am Arbeitsplatz selbst, die das Risiko deutlich erhöhen, Opfer von Mobbing zu werden. Ein klassischer Fall ist eine Änderung der Hierarchie - zum Beispiel wenn ein langjähriger Kollege plötzlich zum Vorgesetzten wird. Ein ähnliches Risiko birgt häufig auch das Hinzukommen eines neuen Mitarbeiters in eine bestehende Gruppe.

Und schließlich tragen auch in der modernen Arbeitswelt häufig anzutreffende Phänomene wie der Abbau von Arbeitsplätzen und schwieriger werdende Arbeitsbedingungen zu einem höheren Mobbing-Risiko bei. Auch am Streit um Dienstzeiten und Urlaubstage entzünden sich besonders häufig Konflikte unter Arbeitnehmern.

Konflikte ansprechen

Als „goldende Regel“ zur Prävention von Mobbing nennt Busch-Frankl, Konflikte gleich anzusprechen, sobald sie vermutet oder spürbar werden. Denn ein klärendes Gespräch kann viele Probleme bereits im Keim ersticken.

Zielführend ist es dabei zu versuchen, seine Eindrücke möglichst sachlich mitzuteilen - auch wenn das nicht immer leicht fällt - und das Gegenüber nicht sofort mit Vorwürfen und Forderungen zu konfrontieren. Weiters ist es oft hilfreich, sich in die andere Person hinein zu versetzen und ihre Leistungen auch anzuerkennen, statt nur etwaige Fehler in ihrer Arbeit oder ihrem Verhalten zu sehen.

Außenstehende können helfen

Die „Radio Wien“-Psychologin rät betroffenen Personen außerdem dazu, ein Mobbing-Tagebuch zu führen und im Zweifelsfall Freunde oder Familienmitglieder zu ihrem Eindruck dazu zu befragen. In Konfliktsituationen kann es auch helfen, eine dritte Person - etwa einen Betriebsrat oder Arbeitspsychologen - hinzu zu holen, um die Situation zu klären.

Sendungshinweis:

„Radio Wien“-Magazin, 17. September 2012

Kommt man neu in einen Betrieb, sollte man sich laut Busch-Frankl zudem darüber im Klaren sein, dass eine Fülle an geäußerten Änderungsvorschlägen gleich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses als Kritik an der bisherigen Arbeit aufgefasst werden kann.

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