„Den Tod feiern“ wie in Mexiko

In Wien denkt man bei Allerheiligen an Friedhofsbesuche und häufig trübes Wetter. In Mexiko ist der „Dia de los Muertos“ hingegen ein farbenprächtiges Volksfest. Diese Stimmung kann man am 1. November auch im Wiener WUK erleben.

Bunt verzierte Totenköpfe aus Zucker und Schokolade, duftende Blumen und lustige Pappmaschee-Skelette: Wer schon einmal Bilder vom „Dia de los Muertos“, dem mexikanischen „Tag der Toten“, gesehen hat, erkennt schnell: Der Umgang der Mexikaner mit dem Tod hat mit heimischen Gepflogenheiten nur wenig gemein.

Dia de los muertos

Brigitta Rattay

Das so genannte „Ofrenda“, ein Blumenkreis von etwa drei Metern Durchmesser

Leben mit den Toten

„Eigentlich geht es beim Gedenken an die Toten vor allem darum, das Leben zu feiern“, sagt Brigitta Rattay gegenüber wien.ORF.at. Die Wienerin hat selbst acht Jahre ihres Lebens in Mexiko verbracht und organisiert heuer bereits zum vierten Mal ein „Fest der Toten“ im Wiener WUK. Beim mexikanischen Totengedenken steht ein Bewusstmachen der eigenen Endlichkeit und ein tabufreier Umgang mit dem Tod im Vordergrund. Er wird als Teil des Lebens betrachtet, vor dem man keine Angst haben muss.

„Oft hört man von Menschen, die nach einer schweren Krankheitsdiagnose viele Dinge in ihrem Leben ändern und all das tun, was sie schon immer tun wollten“, sagt Rattay. Mit dem Totengedenken möchte sie auch darauf hinweisen, dass es nicht unbedingt eines markanten Einschnitts wie der Diagnose einer Krankheit bedarf, um zu einer solchen Lebenseinstellung zu gelangen: „Einer der Gründe, den Dia de los Muertos zu feiern, ist, uns daran zu erinnern, dass wir heute damit anfangen sollten unser Leben zu genießen.“

Dia de los Muertos

Brigitta Rattay

Feiern statt Trauern

Der eigentliche Anlass des Dia de los Muertos, der 2003 von der UNESCO in die Liste der „Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit“ aufgenommen wurde, ist die Erinnerung an die Verstorbenen. „Wir erinnern uns an sie aber nicht in Trauer, weil sie nicht mehr da sind, sondern mit Freude, dass wir mit ihnen Zeit verbringen durften“, erklärt Rattay.

Nach dem traditionellen mexikanischen Volksglauben kehren die Seelen der Toten an den ersten Novembertagen zu ihren Hinterbliebenen zurück, um sie zu besuchen. Für das „Fest der Toten“ wird in Mexiko mitunter monatelang gespart. Die Lieblingsspeisen der Verstorbenen werden zubereitet und Familie und Freunde treffen sich, um beim gemeinsamen Feiern der Toten zu gedenken. Der Tag klingt häufig mit einem Picknick und Gesang bei den Friedhofsgräbern aus, womit man die Toten zurück zu ihrer Ruhestätte begleiten will.

Altäre und Blumenkreise im WUK

Beim Fest im WUK stehen zwei große Altäre im Vordergrund. Einer davon soll an alle Toten erinnern, derer am 1. November gedacht wird. Das so genannte „Ofrenda“ - ein Blumenkreis von etwa drei Metern Durchmesser - ist hingegen jedes Jahr einer speziellen verstorbenen Person gewidmet.

Nach Frieda Kahlo oder Erich Fried in den Vorjahren fiel die Wahl heuer auf den Wiener Arzt und Therapeuten Viktor Frankl. „Er hat trotz großer persönlicher Herausforderungen in seinem Leben (Frankl überlebte das Konzentrationslager Ausschwitz, Anm. - mehr dazu in Frankls Sinnsuche geht weiter (wien.ORF.at; 22.8.2012)) immer einen positiven Blickwinkel und Lebensfreude in den Mittelpunkt seines Schaffens gestellt“, begründet Rattay diese Auswahl.

Dia de los Muertos

Brigitta Rattay

Leibspeisen und Lieblingsbücher

An den weiteren Altären, die im WUK errichtet werden, können Besucher selbst Fotos von Verstorbenen aufstellen. Ebenso können deren Lieblingsspeisen und -getränke und sonstige Gegenstände, die an die Toten erinnern - etwa Bücher oder CDs - mitgebracht werden.

Veranstaltungshinweis:

Fest der Toten, 1. November, 15.00 bis 20.00 Uhr, WUK

Nach dem gemeinsamen Aufbau der Altäre stehen im WUK Vorträge und Live-Musik am Programm. Dabei werden mexikanische Traditionen zum Dia de los Muertos und die Hintergründe zur Errichtung des großen Blumenkreises ebenso behandelt wie das Leben und Werk Viktor Frankls. Außerdem gibt es Live-Musik, eine begleitende Kunstausstellung und für die Dauer der gesamten Veranstaltung ein betreutes Kreativprogramm für Kinder.

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