Der richtige Umgang mit Aggressionen

Aggressionen sind ein Tabu, weil sie nur wenig „gesellschaftsfähig“ sind. Ein gewisses Maß an Aggression ist aber normal. „Radio Wien“-Psychologin Karin Busch-Frankl erklärt, wie man seine negativen Gefühle in sozial verträgliche Bahnen lenkt.

Negative Gefühle sind zwar nie angenehm, haben aber auch eine gute Seite: Gäbe es keine negativen Gefühle, würden wir auch keine positiven empfinden können. Negative Gefühle sind etwa Aggression, Wut, Hass und Neid. Diese Empfindungen sind nicht nur unangenehm, sondern auch wenig „gesellschaftsfähig“. Niemand möchte gerne als aggressiv oder neidvoll bezeichnet werden.

Wütende Frau

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Gesellschaftliches Tabuthema

Als Konsequenz wird häufig wenig darüber gesprochen, obwohl jeder von uns diese Gefühle aus eigener Erfahrung kennt. Denn all diese Empfindungen sind menschlich, so die „Radio Wien“-Psychologin. Die entscheidende Frage ist, wie man damit umgeht. In bestimmten Situationen ist es angebracht, wütend zu sein. Häufig sind Menschen aber dadurch geprägt, keinen Umgang mit ihrer Wut und Aggression erlernt zu haben, weil ihnen als Kind gesagt wurde: „Du darfst nicht wütend oder aggressiv sein“.

Kindern wird dadurch vermittelt, es sei schlecht, wenn man wütend ist. Besser wäre es allerdings, jungen Menschen zu lehren, mit ihren Gefühlen umzugehen, um Wut und Aggression zu regulieren. Können Eltern sich selbst nicht in ihren Emotionen kontrollieren und werden häufig selbst aggressiv, erlernen Kinder in der Regel genau den gleichen Umgang.

Findet kein Erlernen von Regulation statt, kann es in bestimmten Situationen zu so genannten „Blackouts“ kommen. Dabei haben sich Menschen nicht mehr unter Kontrolle, sie schlagen dann oft nur noch um sich - sei es verbal oder körperlich. Das logische Denken setzt zu diesem Zeitpunkt aus.

Menschen reagieren individuell

Der Unterschied in den Reaktionen von Mensch zu Mensch liegt in der Beurteilung und Interpretation von Situationen und den daraus resultierenden Emotionen. Entscheidend für den Umgang mit negativen Gefühlen ist das Selbstbild. Die entscheidende Frage ist dabei: Kann ich es zulassen, negative Emotionen zu empfinden, oder muss ich diese abwehren?

Es gibt Menschen die von sich behaupten, nie aggressiv oder wütend zu sein. Diese Menschen lassen in ihrem Selbstbild diesen Persönlichkeitsanteil nicht zu, müssen ihn verdrängen und richten die Aggression unbewusst gegen sich selbst. Dieser Mechanismus liegt häufig bei Menschen mit einer Depression vor. Sie können die Wut und Aggression nicht adäquat verarbeiten und ziehen sich in die Depression zurück. In diesem Fall ist der Umgang mit diesen negativen Emotionen ein äußerst passiver.

Andere Menschen haben gelernt, dass Angriff für sie die beste Verteidigung ist. Auch bei diesen Menschen fehlt es an geeigneten Strategien. Sie versuchen durch ihr offensives Verhalten, ihr Gegenüber einzuschüchtern. Diese Menschen sind häufig gekränkt und fühlen sich angegriffen oder abgewertet. Der Hintergrund dafür sind meist große Selbstzweifel. Der gesündeste Weg ist grundsätzlich, einen Mittelweg zwischen diesen beiden Extremen zu finden.

Lernen, mit seiner Aggression umzugehen

Was sind also gute Wege, um mit seinen negativen Gefühlen umzugehen? Als erstes ist es hilfreich, sich darüber klar zu werden, dass es eine so genannte Selbsterhaltungsaggression gibt, die dazu dient, auf sich selbst gut aufzupassen. Sie dient etwa der Erhaltung von Sicherheit und dem persönlichen Selbstwert.

Diese Form der Aggression ist nicht schlecht - sie darf in angebrachter Form stattfinden. Es gibt aber auch die so genannte destruktive Form der Aggression. Diese zieht schädliches Verhalten und dementsprechend negative Konsequenzen nach sich.

Konkrete Tipps für den richtigen Umgang

Grundsätzlich ist es hilfreich, auszuprobieren, ob man Aggression zulassen kann. Sich darin auszuprobieren, Kritik zu äußern, kann ebenso nützlich sein, wie alte Denkmuster zu hinterfragen: Wieso darf ich nicht auch einmal wütend oder aggressiv sein? Die Expertin rät auch dazu, genau in sich hineinzuspüren und körperliche Symptome wahrzunehmen. Bei vielen Menschen drücken sich unzureichend verarbeitete negative Emotionen nämlich in körperlichen Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen aus.

Sendungshinweis:

„Radio Wien“-Magazin, 3. Dezember 2012

Grundsätzlich ist es immer sinnvoll, sich die Frage zu stellen: Was regt mich wirklich so auf und warum fühle ich mich so bedroht? Wenn man spürt, dass die Aggression steigt, ist es meist am besten, aus der Situation „herauszugehen“. Tiefes Durchatmen kann dabei ein guter erster Schritt sein.

Danach sollte man versuchen, Dinge oder Situationen neu zu beurteilen und zu hinterfragen. Busch-Frankl rät außerdem dazu, sich bewusste Auszeiten zu nehmen, wann immer es möglich ist. Schließlich sollte man versuchen, neue Strategien zu entwicklen - also etwa direkt zu sagen, was einen kränkt oder ärgert, anstatt aggressiv zu werden.

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