Das eigene Glück mitbestimmen

Unter einer Leiter hindurch gehen oder über Silvester die Wäsche hängen lassen bringen Unglück: Das sagt zumindest der Volksmund. „Radio Wien“-Psychologin Karin Busch-Frankl über Ursachen und Wirkung vom Glauben an Übersinnliches.

Kleeblätter, Marzipanschweinderl und Miniatur-Rauchfangkehrer haben zur Jahreswende Hochsaison. Mehr als zehn Millionen Stück wurden zu Neujahr verschenkt. Sie sind typische Glücksbringer - und Symbole des menschlichen Aberglaubens: Dieser spendet Sinn und Bedeutung in einer Welt, welche unberechenbar und unvorhersehbar für die Menschen ist, weiß Busch-Frankl.

Der Gedanke, dass Willkür und Zufall das menschliche Leben bestimmen, verunsichert die Menschen. Durch den Aberglauben entsteht ein Gefühl von Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit. Rituale wie Daumendrücken oder das Klopfen auf Holz geben den Menschen Sicherheit. Glaube wie auch Aberglaube spenden Trost und geben ein Gefühl, mitbestimmen zu können und nicht hilflos ausgeliefert zu sein.

Marzipanschwein auf Hufeisen

Fotolia.com/Jeanette Dietl

Schon bei den Römern symbolisierte das Schwein Glück und Wohlstand

Jeder ist seines Glückes Schmied

Besonders in Angstsituationen ist die Macht des Aberglaubens sehr hoch. Die Menschen halten sich fest an Dingen, Gegenständen oder sonstigen Zeichen und übertragen diesen eine besondere Kraft.

Rituale bringen Glück, glaubt man. Wenn man so fest an eine Sache glaubt, geht es im Sinne der selbsterfüllenden Prophezeiung auch eher in Erfüllung. Aberglaube hat somit auch eine positive Auswirkung. Er verhilft uns Menschen zu mehr Mut und Kraft, um ungewisse Dinge in Angriff zu nehmen.

Wie entsteht Aberglaube?

Aberglaube kann als Teil unseres Lernverhaltens betrachtet und als eine Art fehlerhafte Konditionierung gesehen werden. Einer der ersten Versuche zum Thema Aberglaube führte der amerikanische Psychologe Burrhus Frederic Skinner mit seinem Taubenexperiment durch. Er gab den Tauben alle 15 Sekunden Futter, unabhängig von ihrem Verhalten. Die Vögel glaubten nach einer gewissen Zeit, ihr Verhalten habe eine Wirkung auf die Nahrungszufuhr.

Sendungshinweis:
„Radio Wien“-Magazin, 7. Jänner 2013

Ähnlich verhalten sich Menschen. Wenn es einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung gibt, neigen Menschen daran festzuhalten und nehmen diese Erkenntnis in ihren Erfahrungswert auf. Eine Änderung ist schwierig, da man zu einer „Bestätigungstendenz“ neigt. Man möchte die einmal gefasste Erkenntnis nicht kampflos aufgeben. Der Sinn dahinter: Wir haben ein großes Bedürfnis nach Kontrolle und Strukturiertheit.

Botenstoff im Gehirn verantwortlich

Neuropsychologisch neigen Menschen mit einem erhöhten Dopaminspiegel eher zu Aberglauben. Interessant dabei ist, dass besonders Menschen mit einer Schizophrenie, die sich mitunter durch eine Überinterpretation von Ereignissen, Handlungen oder Beobachten äußert, einen erhöhten Dopaminspiel aufweisen.

Menschen mit einer Depression hingegen sind realitätsnaher als Optimisten und haben einen sehr geringen Dopaminspiegel. Somit bestimmen auch unsere Botenstoffe im Gehirn, ob wir dazu neigen, die Welt realistischer zu betrachten.

Für ein wirklich „glück"liches Leben soll der Menschen nicht die ganze Verantwortung dem Aberglauben überlassen, sondern selbstbestimmt und in Entscheidungsfreiheit leben. Ein kleiner Glücksbringer zu Beginn des neuen Jahres steht diesem Vorsatz sicher nicht im Weg.

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