Ohne Maulkorb- über Meinungsfreiheit

Zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai: Kommunikationsexpertin Nana Walzer über Meinungsfreiheit als Grundrecht, über Hasspostings und fake news, über Zivilcourage und die Rolle der Medien.

Die Meinungsäußerungsfreiheit genau gesagt ist das Recht auf freie Rede sowie auf freie Äußerung, und damit auf die Verbreitung einer Meinung in Wort, Schrift und Bild sowie in allen anderen möglichen Übertragungsmitteln, auch im öffentlichen Raum. Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist in der EU in der Charta der Grundrechte gesetzlich verankert. Damit soll Menschen grundlegend garantiert werden, dass sie öffentlich Meinungen äußern und zur Meinungsbildung beitragen können.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Nachmittag“, 3.5.2018

Sie können sich so mit der Regierung und Gesetzgebung offen auseinandersetzen und dürfen dabei nicht beeinträchtigt werden. Das Verbot der Zensur verhindert eine Meinungs- und Informationskontrolle durch staatliche Stellen. Somit ist die Meinungsfreiheit ein ganz zentraler Pfeiler des demokratischen Systems und unterscheidet dieses grundlegend von der Diktatur und anderen autokratischen Herrschaftsformen.

Mikrofon

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Hasspostings und fake news

Natürlich kann nicht einfach alles frei von der Leber weg geäußert werden. Man muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn etwa die Ehre einer Person durch Beleidigung oder Verleumdung verletzt wurde oder wenn die Grenzen der Sittlichkeit und des Jugendschutzes überschritten werden. Auch Verhetzung ist strafbar, also das öffentliche wahrnehmbare Verletzen der Würde von Menschengruppen.

Weiters ist die nichtautorisierte Weitergabe urheberrechtlich geschützter Informationen oder als geheim klassifizierter Informationen verboten. Der unlautere Wettbewerb durch etwa Schlechtmachen von Waren oder Dienstleistungen ist untersagt. Ebenso darf die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet werden. In Details variieren die verschiedenen staatlichen Verfassungen.

Wesentlich ist, dass unwahre Tatsachenbehauptungen vom Grundrechtsschutz ausgeschlossen sind. Dazu muss eine Behauptung aber zunächst erst mal beweisbar oder wiederlegbar sein. Eine Meinung entzieht sich hingegen dem Beweis. Hierin besteht etwa eine Schwierigkeit, wenn sog. fake news belangt werden sollen.

Ganz unabhängig vom rechtlichen Aspekt sollte uns auch bewusst sein, dass negative Äußerungen allgemein eine starke Wirkung haben. Sie sind nicht nur verletzend, sondern wirken auch ansteckend: Angst und Panik verbreiten sich ebenso schnell wie Hass und Vorurteile, auch wenn es mitunter ursprünglich um ein hehres Anliegen geht (erkennbar an Phänomenen wie dem shitstorm).

Was bedeutet Zivilcourage

Zivilcourage unterscheidet sich grundsätzlich vom reinen Schlechtmachen, grundlosen Angstschüren und gehässigen Anklagen. Es braucht einigen Mut, sich gegen Unrecht und Misswirtschaft, gegen Machtmissbrauch und Ungleichheit öffentlich aufzulehnen. Zivilcourage wird wörtlich mit Bürgermut übersetzt, oft auch mit sozialem Mut umschrieben. Es geht hierbei um sozial verantwortliches Handeln, um die Wahrung humaner und moralischer Werte im Gegensatz zu materiellen oder machterhaltenden Interessen, wobei mögliche Nachteile für die eigene Person hintenangestellt werden.

Der Aspekt des Risikos ergibt sich daraus, dass der zivilcouragierte Mensch sich in einen Konflikt zwischen denen, die Normen und Werte verletzen und denen, die für eine Bewahrung eintreten, einmischt. Dabei gibt es ein Machtungleichgewicht, wobei der zivilcouragierte Mensch auf der Seite der Schwächeren steht. Letztlich ist der Erfolg unsicher und das Handeln öffentlich.

All diese Aspekte sorgen dafür, dass zivilcouragiertes Handeln nicht selbstverständlich ist. Menschen, die sich um ihre soziale Sicherheit sorgen machen, die nicht auffallen wollen, haben ihre Schwierigkeit damit, bei Ungerechtigkeiten einzugreifen, eine von der Umgebung unterschiedliche Meinung auszudrücken oder sich etwa gegen Angriffe zu wehren, seien es körperliche oder psychische wie Mobbing.

Die Rolle der Medien

Qualitätsmedien spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um den Erhalt und die Ausübung von Meinungsfreiheit und um die Unterstützung von Zivilcourage geht. Die Qualität drückt sich nicht nur in der Nachvollziehbarkeit und Beweisbarkeit der vorgebrachten Tatsachen, Meinungen und Darstellungen ab. Man bezeichnet solche Medien nicht umsonst als „Vierte Macht“, da sie eine Kontrollfunktion gegenüber reichen und mächtigen Entscheidungsträgern und Institutionen einnehmen.

Sie betrachten konfliktreiche Themen aus möglichst vielen Perspektiven und enthalten sich dabei tunlichst der subjektiven Wertung (wiewohl schon die Themenauswahl und deren Gewichtung, sowie die Bedeutungszuschreibungen wertende Handlungen sind). Qualitätsmedien unterscheiden sich vom Boulevard, indem sie nicht aus geldgierigen Motiven negative Stimmungen schüren. Und durch die Veröffentlichung zivilcouragierter Meinungen, etwa in der Form von Gastkommentaren bis hin zu Leserbriefen, sind freie und qualitativ hochwertige Medien ein unverzichtbarer Stützpfeiler der Demokratie.

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Nana Walzer
Nana Walzer: „Die Kunst der Begegnung“