Abgeltung von Überstunden

250 Millionen Mehr- und Überstunden sind 2017 geleistet worden. Rund 45 Millionen Stunden davon wurden jedoch nicht abgegolten. Die Abgeltung von Überstunden ist das Thema in „Ganz auf Ihrer Seite“ mit den Experten der AK Wien.

Überstunden liegen vor, wenn die tägliche oder wöchentliche Normalarbeitszeit einer Vollzeitkraft überschritten wird.Grundsätzlich beträgt die Normalarbeitszeit 8 Stunden pro Tag bzw. 40 Stunden pro Woche. Wenn ich hingegen Teilzeitkraft bin und mehr Stunden arbeite, als vertraglich vereinbart sind, liegen bis zur 40. Wochenstunde keine Überstunden, sondern sogenannte Mehrstunden vor.

Die Abgeltung von Mehr- und Überstunden ist ausdrücklich im Arbeitszeitgesetz geregelt. Überstunden sind mit einem Zuschlag von mindestens 50 Prozent abzugelten das heißt für 1 Überstunde muss ich 1,5 Stunden bezahlt bekommen. Für Mehrstunden – und hier wird die Unterscheidung schlagend – gebührt hingegen grundsätzlich ein Zuschlag von mindestens 25 Prozent.

Mann und Frau im Gespräch

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Zuschlag für Mehrleistung

Das Arbeitszeitgesetz gibt hier einmal Mindestwerte vor, die zwingend einzuhalten sind. Die Sozialpartner haben hingegen in zahlreichen Kollektivverträgen günstigere Bestimmungen geschaffen. Je nach dem, welcher Kollektivvertrag für meinen Betrieb gilt, könnte es also sein, dass ich für Mehrleistungen zu bestimmten Zeiten, zum Beispiel nach 20 Uhr oder an Sonn- und Feiertagen höhere Zuschläge bekomme. Um hier ein Beispiel zu nennen: Im Reinigungsgewerbe bekomme ich für Überstunden, die ich an einem Sonntag erbringe, einen Zuschlag von 150%.

Unter www.kollektivvertrag.at kann man im jeweils geltenden Kollektivvertrag nachsehen, welche Zuschläge für mich gelten. Bei Fragen helfen die AK Wien beziehungsweise die zuständige Fachgewerkschaft auch gerne weiter!

Geld oder Freizeit

Das Gesetz sieht primär eine Abgeltung durch Bezahlung vor; es kann zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aber auch Zeitausgleich vereinbart werden. Wichtig ist, dass die genannten Zuschläge auch für eine Abgeltung in Freizeit gelten. Das heißt: für eine Überstunde muss ich mindestens 1,5 Stunden Freizeit bekommen; für eine Mehrstunde mindestens 1 Stunde und 15 Minuten.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 4.10.2018

Es gibt davon nur eine Ausnahme: Mehrstunden, die innerhalb von drei Monaten ab deren Leistung in Freizeit abgegolten werden, können vom Arbeitgeber 1:1 gewährt werden; sie sind somit zuschlagsfrei.Auch in Zukunft muss die Abgeltung laut neuem Arbeitszeitgesetz durch Bezahlung erfolgen, außer, Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden sich einig, dass statt Geld eine entsprechende Freizeit gewährt wird.

Das neue Arbeitszeitgesetz sieht jedoch eine Ausnahme von dieser Regel vor: Für die Abgeltung von Mehrleistungen ab der 11. Stunde am Tag bzw. ab der 51. Stunde in der Woche können ArbeitnehmerInnen jetzt einseitig bestimmen, ob sie dafür Geld oder Freizeit möchten. Inwieweit ArbeitnehmerInnen von diesem Wahlrecht auch wirklich einseitig Gebrauch machen können, das wird die Praxis zeigen.

Nicht abgegoltene Mehrleistungen

Das Problem von nicht abgegoltenen Mehrleistungen liegt ganz klar an oftmals sehr ungleichen Machverhältnissen. ArbeitnehmerInnen müssen ihre nicht bezahlten Überstunden beim Arbeitgeber ausdrücklich, am besten schriftlich, einfordern und bei Nichtzahlung beim Arbeits- und Sozialgericht einklagen. Dies scheuen aber viele ArbeitnehmerInnen vor allem im laufenden Arbeitsverhältnis aus Angst vor dem Arbeitsplatzverlust. Das wissen viele Arbeitgeber natürlich und bezahlen Überstunden daher nicht. Das ist aus Sicht der Arbeiterkammer schlicht und ergreifend ungerecht.

Zu Beweiszwecken sollten die Arbeitszeiten unbedingt laufend aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnungen des Arbeitgebers stehen nach den Beratungserfahrungen der AK Wien den ArbeitnehmerInnen nicht zur Verfügung, wenn sie sie brauchen. Wenn es nur irgendwie geht, sollte man die Aufzeichnungen auch vom Vorgesetzten unterschreiben lassen. Auch ein Hinweis, was man gearbeitet hat und warum die Überstunden erforderlich waren, ist in einem allfälligen Prozess hilfreich.

Arbeitszeitkalender und App

Die Arbeiterkammer bietet einen Arbeitszeitkalender in Papierform an und auch eine App für das Handy (ak-zeitspeicher.at), mit der Arbeitszeiten ganz einfach aufgezeichnet werden können. Wichtig ist: Wenn man über zwei Monate nach der Überstundenleistung noch immer kein Geld bekommen hat, muss man die Überstunden-entlohnung nachweislich, am besten daher schriftlich, beim Arbeitgeber einfordern. Viele Kollektivverträge, aber auch die einzelnen Arbeitsverträge, sehen für Ansprüche aus Mehrleistungen oftmals nämlich sehr kurze Verfallsfristen vor.

Link:

Arbeiterkammer