Mariahilfer Straße: Von der Idee zur Fuzo

Seit 2011 ist über ein Prestigeobjekt der Wiener Grünen diskutiert worden: eine Fußgängerzone in der Mariahilfer Straße. Von Bürgerdialogen bis hin zu Streikdrohungen reichten die Reaktionen. Die Chronologie zu dem umstrittenen Projekt.

Herbst 2011: Bei Dialogveranstaltungen werden Ideen für die neue Mariahilfer Straße gesucht. Insgesamt nehmen 639 Personen an drei Veranstaltungen teil. Eine klassische Fußgängerzone, eine Shared-Space-Lösung und eine Mischform aus beidem stehen zur Debatte - mehr dazu in Ideen für Mariahilfer Straße gesucht.

Frühjahr 2012: Die Detailplanung der Umgestaltung startet in eigenen Fachworkshops. Die Ergebnisse des Bürgerdialogs werden dafür herangezogen. Bei einer Onlinebefragung wird vor allem mehr Grün gewünscht. Die Wirtschaftskammer (WKO) beharrt auf dem Charakter der Straße als „wichtige Geschäftsstraße“. Die Anrainerbezirke fordern ein durchdachtes Verkehrskonzept - mehr dazu in Neue Mariahilfer Straße: Noch keine konkreten Pläne.

Oktober 2012: Die Pläne zur Fußgängerzone Mariahilfer Straße werden präsentiert. Die verkehrsberuhigte Straße teilt sich in zwei Bereiche. Die Opposition ortet „Pfusch und Chaos“, die WKO ist verärgert - mehr dazu in Fuzo Mariahilfer Straße mit Ausnahmen.

Grafik Mariahilfer Straße Neu

APA-Grafik

Februar 2013: Die Anrainerinnen und Anrainer sprechen sich dafür aus, dass die Querungen Otto-Bauer-Gasse/Zieglergasse sowie Schottenfeldgasse/Webgasse verkehrsberuhigt werden. ÖVP und FPÖ üben Kritik an der Befragung - mehr dazu in Mariahilfer Straße: Anrainer gegen Autos.

März 2013: Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) präsentiert das Verkehrskonzept und den Zeitplan der neuen Mariahilfer Straße. Jetzt ist fix, dass es erstmals in Wien sogenannte Begegnungszonen geben wird - mehr dazu in Verkehrskonzept Mariahilfer Straße fix und Neue Mariahilfer Straße ab Sommer.

Mai 2013: Ein Wochenende lang wird ein 120 Meter langer Abschnitt der Mariahilfer Straße testweise zur Fußgängerzone. Die „Miniprobe“ soll einen Vorgeschmack auf die Verkehrsberuhigung liefern. Bürgerinnen und Bürgern können ihre Bedenken und Ideen in einer „Dialogbox“ deponieren - mehr dazu in Mariahilfer Straße: Miniprobe läuft und Mariahilfer Straße: Probe ohne „Aussagekraft“.

Skizze für Umgestaltung der Mariahilfer Straße

Stadt Wien

Juli 2013: Die Lösung für Lieferanten und Taxifahrer wird bekannt. Warenzustellungen sollen in der neuen Mariahilfer Straße bis 13.00 Uhr erlaubt sein, Taxifahrer dürfen Gäste abholen und abliefern - mehr dazu in Mariahilf: Lösung für Lieferanten.

August 2013: Die Testphase wird gestartet.

12. August 2013: Wenige Tage vor dem Start des Testlaufs droht der Zentralbetriebsrat der Wiener Linien mit der Bestreikung der Buslinie 13A. Er befürchtet Gefahren für die Lenker und fordert zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen - mehr dazu in Mariahilfer Straße: Sperre vor Fuzo.

14. August 2013: Die Busfahrer blasen den angedrohten Streik ab. Die Stadt verspricht Zusatzmaßnahmen wie mehr Sitzbänke und Metallbügel, die zur besseren optischen Trennung der Busspur dienen sollen - mehr dazu in Mariahilfer Straße für Verkehr gesperrt.

16. August 2013: Das neue Verkehrskonzept für die Mariahilfer Straße tritt in Kraft. Ab nun gibt es eine Fußgängerzone mit Raderlaubnis, die Randzonen gelten als Begegnungszonen. Der Start verläuft keineswegs reibungslos. Viele Autofahrer verirren sich in der Fußgängerzone und unterschiedliche Bodenmarkierungen sorgen für Ratlosigkeit - mehr dazu in Kein Chaos, aber Verwirrung.

19. August 2013: Die 13A-Chaffeure drohen erneut mit der Betriebseinstellung der Buslinie. Sie fordern eine Änderung des Streckenverlaufs, um nicht mehr durch die Fußgängerzone fahren zu müssen. Die Wiener Linien entscheiden schließlich, die Buslinie an Samstagen zweigeteilt zu führen - mehr dazu in Mariahilfer Straße: 13A wird zweigeteilt.

20. August 2013: Verkehrsstadträtin Vassilakou zieht in Sachen 13A die Notbremse. Sie kündigt eine Verbannung der Buslinie aus der Fußgängerzone an. Experten sollen einen neuen Streckenverlauf ausarbeiten. Als favorisierte Lösung gilt die Umleitung über die Neubaugasse. Gleichzeitig nimmt Vassilakou zur Kenntnis, dass sich die bisherige Lösung nicht bewährt hat - mehr dazu in Nach Aufregung: Neue 13A-Route.

21. August 2013: Neubaus Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger (Grüne) äußert sich skeptisch gegenüber der von den Wiener Linien vorgeschlagenen Alternativroute des 13A. Wiener Linien Geschäftsführer Günter Steinbauer prognostiziert, dass die Umsetzung der neuen Route noch „eine gewisse Zeit“ dauern würde. Der Grund: Es braucht behördliche Genehmigungen und eine Konzession für die Strecke - mehr dazu in Neue 13A-Route erst „in Monaten“.

Sitzbänke auf der Mariahilfer Straße

APA/Fohringer

Sitzmöbel auf Mariahilfer Straße

25. August 2013: Die Oppositionsparteien kündigen Sondersitzungen zur Mariahilfer Straße an und erneuern dabei ihre Kritik an dem Projekt - mehr dazu in Mariahilfer Straße: Opposition will Sondersitzungen.

29. August 2013: Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) macht Druck und fordert eine rasche Lösung. Konkret spricht er von drei Problemen. Vassilakou verwies auf eine bereits durchgeführte Befragung - mehr dazu in Schlagabtausch wegen Mariahilfer Straße.

30. August 2013: Nachdem Häupl sich gegen die Verbannung von Radfahrern aus der Fußgängerzone ausgesprochen hat, kündigt Vassilakou erste Änderungen an. So sollen etwa Möbel die Radfahrer ausbremsen - mehr dazu in Mariahilfer Straße: Erste Änderungen.

14. September 2013: Vor der Nationalratswahl bekräftigt Bürgermeister Häupl seine Zustimmung zum Projekt Mariahilfer Straße, eine Abstimmung sei aber der Wunsch von Verkehrsstadträtin Vassilakou gewesen - mehr dazu in Abstimmung nicht „sehnlichster Wunsch“.

21. September 2013: Die Proteste über die neue Verkehrsführung verlagern sich auf die Straße. Bei Demonstrationen wird ein Ende des Probebetriebs gefordert - mehr dazu in Mariahilfer Straße: Zwei Demos in drei Tagen.

23. September 2013: In einem von der ÖVP einberufenen Sondergemeinderat zur Mariahilfer Straße fordern die Oppositionsparteien den Rücktritt der Verkehrsstadträtin. Vassilakou verspricht Verbesserungen - mehr dazu in FPÖ und ÖVP: Vassilakou soll zurücktreten.

7. Oktober 2013: Vassilakou präsentiert Pläne für die Zeit nach der Testphase. Die verkehrsberuhigte Mariahilfer Straße soll einen einheitlichen Bodenbelag bekommen, auch die Gehsteigkanten sollen zum Großteil entfernt werden - mehr dazu in Pflastersteine für Mariahilfer Straße.

9. Oktober 2013: Mehrere SPÖ-Mandatare fordern eine Ausdehnung der Fußgängerzone und Querungsmöglichkeiten. Unter den Unterzeichnern einer Aussendung ist Renate Kaufmann, Bezirksvorsteherin von Mariahilf, die sich kurz darauf vom Inhalt distanziert - mehr dazu in SPÖ für längere Fußgängerzone.

10. Oktober 2013: Bürgermeister Häupl zeigt sich über die Differenzen der SPÖ-Mandatare mit der Verkehrsstadträtin wenig erfreut und kündigt Gespräche mit den Beteiligten an - mehr dazu in Mariahilfer Straße: „Einseitige Gespräche“.

Grafik zur neuen 13A-Route

APA/Martin Hirsch

15. Oktober 2013: Der Bürgermeister stellt in Aussicht, dass die Anrainer die „Mahü“-Verkehrsberuhigung bei der geplanten Befragung im Frühjahr 2014 auch ablehnen können. Ein Nein wäre verbindlich und würde gewissermaßen das Ende des Projekts bedeuten.

30. Oktober 2013: Die Änderungen sind fix: Der 13A wird künftig nicht mehr durch die Fuzo rollen, sondern erhält eine neue Route durch den 6. Bezirk. Die Änderung tritt ab dem 18. November in Kraft, nach Umbauarbeiten im Bereich Schadekgasse/Windmühlgasse wird die Route im Frühjahr noch einmal geringfügig geändert - mehr dazu in 13A aus Fußgängerzone verbannt.

17. November 2013: Anrainer protestieren gegen die neue Route des 13A. Der Bus muss daraufhin kurzfristig zweigeteilt werden. Die Wiener Linien wollen die Streckenführung aber beibehalten. Wenige Tage danach kommt es wieder zu einer Blockade durch Anrainer - mehr dazu in 13A: Anrainer protestieren weiter.

2. Dezember 2013: Verkehrsstadträtin Vassilakou präsentiert die Kosten für für die Neugestaltung der Mariahilfer Straße, falls sie wie geplant umgebaut wird. Diese sollen im Summe 25 Mio. Euro betragen - mehr dazu in „Mahü“: Umbau kostet rund 25 Mio. Euro.

Modell neue Mariahilfer Straße

Stadt Wien

10. Dezember 2013: Die Entwürfe der drei Fragen, die bei der Bürgerbefragung gestellt werden sollen, werden veröffentlicht. Im Februar sollen die Anrainer der Bezirke Mariahilf und Neubau darüber abstimmen - mehr dazu in Mariahilfer Straße: Drei Bürgerfragen.

Jänner 2014: Der Zeitraum für die Befragung wird fixiert. Sie startet am 17. Februar. Knapp 49.000 Personen erhalten Stimmzettel. Für intensive Diskussionen sorgen die Kosten: Die Abwicklung schlägt mit rund 566.000 Euro zu Buche, die Infokampagne der Stadt sogar mit 850.000 Euro. „Vorsätzliche Steuergeldverschwendung“, sagt dazu die Opposition.

Wenig später gibt es auch Bedenken über die Rechtmäßigkeit der Art der Befragung - eben weil es keine konkreten gesetzlichen Regelungen dafür gibt, wie Verfassungsrechtler und Opposition bemängeln - mehr dazu in „Mahü“: „Im Extremfall muss VfGH entscheiden“ und Mariahilfer-Straße-Befragung „absagen“.

27. Jänner 2014: Mit dem Verschicken der Informationsschreiben an alle Teilnahmeberechtigten in Mariahilf und Neubau läuft die Prozedur zur Umfrage an - mehr dazu in Mariahilfer Straße: Infoschreiben am Weg.

17. Februar 2014: Die Bürgerbefragung beginnt - mehr dazu in Auftakt zur Mariahilfer-Straße-Umfrage.

7. März 2014: Das Ergebnis der Bürgerbefragung steht fest. 53,2 Prozent der Anrainer stimmten für die Verkehrsberuhigung. Eine Mehrheit sprach sich für mehr Querungen und für Radfahrer in der Fußgängerzone aus.

14. November 2014: Nach mehrmonatigen Bauarbeiten werden zwei Drittel der neuen Mariahilfer Straße offiziell eröffnet.

Februar 2015: Der milde Winter macht es möglich: Der noch ausstehende Abschnitt zwischen MuseumsQuartier und Kirchengasse wird zur Begegnungszone umgestaltet. Die Buslinie 13A muss deshalb über die Stiftgasse umgeleitet werden - mehr dazu in „Mahü“: Letzter Umbau startet.

Mai 2015: Der Umbau der Mariahilfer Straße geht seit Dienstag ins Finale. Der letzte Abschnitt zwischen Karl-Schweighofer-Gasse und Stiftgasse wird umgestaltet. Der Verkehr wird umgeleitet - mehr dazu in „Mahü“: Arbeiten gehen ins Finale.

Letzte Arbeiten bei der Mariahilfer Straße: Laternen werden nneu gestrichen

ORF/Kickinger

Letzte Arbeiten: Die Laternen werden vor der Eröffnung neu gestrichen

1. August 2015: Elf Monate hat es gedauert, aus der Mariahilfer Straße eine Fußgänger- und Begegnungszone zu machen. Am 1. August wird die neue Flaniermeile eröffnet. Entspannung, Sport und Musik auch auf der Radio-Wien-Bühne warten auf Besucher - mehr dazu in Mariahilfer Straße wird zur Feierzone.

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