„Poetiken des Materials“ im Leopold Museum

Das Leopold Museum bringt ab heute die erste große Zeigenossenschau des Hauses. Sechs Künstler erhalten auf einer gesamten Ebene des Hauses „jeweils fast eine Personale“, wie Direktor Hans-Peter Wipplinger sagt.

Beton und Buchstaben, durchwachsene Gartenzäune und eine Bühne, die vielleicht nie bespielt wurde: Das Leopold Museum startet seine neue Reihe großer zeitgenössischer Ausstellungen mit „Poetiken des Materials“. Mit Benjamin Hirte, Sonia Leimer, Christian Kosmas Mayer, Mathias Pöschl, Anne Schneider und dem Duo Misha Stroj und Michael Hammerschmid hat man sich eine Künstlergeneration ausgesucht, die gerade den Sprung in die Institutionen macht.

Deren Werk besinnt sich nach der lange dominanten Faszination mit der Digitalisierung auf die Materialität von Kunst. „Die Wahrnehmung der Welt als ein textuelles Gewebe wird beibehalten - aber das Material wird da mit hineingenommen, wird selbst zum kulturellen Bedeutungsträger“, erklärte Kuratorin Stephanie Damianitsch.

Material in verschiedenen Ausprägungen

Material, das ist Beton, der in Jutesäcken gegossen wurde, die ihn wie einen weichen, nackten Körper aussehen lassen (Anne Schneider) oder Weltraumfolie, die auf abstrakten alten Mondfotografien scheinbare Information inszeniert (Sonia Leimer). Material ist aber auch Sprache, ist ein Zeichensystem, das ein Gedicht ebenso definieren kann, wie eine Skulptur - wie Stroj und Hammerschmid in einem Dialog vorzeigen, bei dem sich Bildhauer und Dichter gegenseitig fragten, woran genau man denn nun ein Gedicht und eine Skulptur erkennen kann.

Veranstaltungshinweis:

„Poetiken des Materials“, von 21. Oktober bis 30. Jänner, täglich außer Dienstag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag 10 bis 21 Uhr, Leopold Museum

Auf die Sammlung des Hauses nimmt das Duo ebenso Bezug wie Christian Kosmas Mayer, der in einem Video vormacht, wie man sich anhand von wild assoziierten Geschichten zu den Objekten des Museums per Mnemotechnik ein 52-teiliges Kartenspiel einprägen kann und der auch die Zeit selbst zum Material erklärt. In der Nähe seines Ateliers fand er weggeworfene Zaunelemente, von Ästen eines Baumes untrennbar durchwachsen, jede Schnittstelle von Zaun und Holz eine Zeitkapsel, die der Künstler in trendigem Blau lackiert und ins Heute transportiert hat.

Erklärungstext meistens benötigt

Ein ausführlicher Erklärungstext ist für die meisten der ausgestellten Arbeiten vonnöten. Sonst würde der Besucher wohl kaum verstehen, dass sich hinter den seltsam überlagerten Frotteezeichen vor farbigem Grund die Materialien amerikanischen College-Jacken verbergen, aus deren Schriftzügen Benjamin Hirte eine „neue Glyphe“ gestaltet hat, oder das die nur durch eine kleine Tribüne aus Waschbetonplatten als Bühne erkennbare Holzfläche in Mathias Pöschls Installation der verlassene Schauplatz einer Aufführung von Amiri Barakas Einakter „A Black Mass“ aus 1966 sein könnte.

Die zeitgenössische Reihe soll künftig jedenfalls „eine weitere wichtige Säule unserer Wechselausstellungen sein“, so Wippliner. Man wolle keine „Albi-Aktion, um auch auf den Zeitgenossen-Zug aufzuspringen“, sondern aktuelle Kunst regelmäßig, auf großer Fläche und gleichberechtigt mit den anderen Schwerpunkten des Hauses zeigen. Bezüge zur hauseigenen Sammlung sind dabei gern gesehen, aber nicht Voraussetzung für die Auswahl der Künstler.

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