Leiche im Müll: Obdachloser zu Tode gequält

Im Prozess um den Mord an einem Obdachlosen in Wien haben sich die vier Angeklagten am Dienstag gegenseitig belastet. Der 58-Jährige wurde laut ihren Angaben in einem gemeinsam gemieteten Hotelzimmer zu Tode gequält.

Bei den vier Angeklagten handelt es sich um Obdachlose aus der Slowakei, ebenso wie beim getöteten 58-Jährigen. Die vier Männer, darunter ein Jugendlicher, und eine Frau kannten einander vom gemeinsamen Campieren im Türkenschanzpark in Währing.

Angeklagte auf dem Weg zum Prozess

APA/Hans Punz

Angeklagt sind drei Männer und eine Frau

Laut Anklage teilten sich die fünf in der Tatnacht des 17. März 2017 ein Hotelzimmer in Rudolfsheim-Fünfhaus. Ein solches leisteten sie sich, wenn sie genug Geld hatten. Die Beschuldigten sollen den 58-Jährigen mit brennenden Zigaretten malträtiert, geschlagen, getreten, mit heiß-kaltem Wasser abgeduscht und gewürgt haben. Der Grund: Die Frau in der Gruppe fühlte sich von dem 58-Jährigen sexuell belästigt. Danach sollen sie den Toten in einem Müllcontainer abgelegt haben.

„Er hat laut geschrien“

Der 55-jährige Erstangeklagte lebte mit seiner 41-jährigen Gefährtin - der Zweitangeklagten - seit neun Jahren in Wien auf der Straße. Die beiden hielten sich mit Gelegenheitsjobs und Betteln über Wasser. Gemeinsam mit einem entfernten Verwandten der Frau, einem 55-jährigen Straßenmusiker, und dessen 17-jährigem Sohn suchte das Paar am Abend die Unterkunft auf. Im Zimmer tanzten die Älteren ausgelassen, während der 17-Jährige mit seinem Handy spielte.

Angeklagte auf dem Weg zum Prozess

APA/Hans Punz

Die Obdachlosen kannten sich vom gemeinsamen Campen

Kurze Zeit später kam der 58-Jährige hinzu, um - wie schon so oft - ebenfalls in dem Zimmer zu übernachten. Doch plötzlich kippte offenbar die Stimmung, als die 41-jährige Frau behauptete, dass der 58-Jährige vor ihr onaniert hätte. Der 55-jährige Erstangeklagte und die Frau sollen gemeinsam auf den 58-Jährigen losgegangen sein, indem sie ihn festhielten, ihm die Hose hinunterzogen und brennende Zigaretten auf seinem Penis ausdämpften. „Er hat laut geschrien und gesagt, sie sollen aufhören“, berichtete der 17-jährige Angeklagte dem Schwurgerichtsvorsitzenden Norbert Gerstberger.

Danach sollen sie begonnen haben, den Mann zu schlagen und zu treten. Auch der Straßenmusiker habe mitgemacht, sagte sein Sohn, der ebenfalls Hiebe und Tritte zugab - aber nur, weil er dazu gezwungen worden sei. „Die anderen drohten mir, wenn ich das nicht mache, dann wird mir das gleiche passieren“, sagte der Jugendliche.

Müllentsorgungsbetrieb in Graz

APA/Erwin Scheriau

Die Leiche wurde in einem Müllentsorgungsbetrieb in Graz entdeckt

Duschen mit heißem und kaltem Wasser

Die Gruppe soll den bereits mit blauen Flecken übersäten Mann danach in die Badewanne gelegt haben. Dort sollen sie ihn mit abwechselnd kalten und heißen Duschen gequält haben. Der 55-Jährige soll danach ein Handtuch nass gemacht und damit den Mann im Intimbereich geschlagen haben.

Das Opfer schleppte sich dann laut den Schilderungen schwer verletzt ins Bett, danach gingen auch alle anderen schlafen. In der Nacht wachte der 17-Jährige auf und sah, wie sich der 55-jährige Erstangeklagte auf den 58-Jährigen stürzte und seinen Kopf gegen die Wand schlug, daraufhin hätte er ihn auch noch gewürgt.

Leiche mit Einkaufswagen zu Müll gebracht

Als die Obdachlosen in der Früh aufwachten, bemerkten sie, dass der 58-Jährige tot war. „Ich war schockiert“, meinte der 17-Jährige. Die vier sollen dann das Zimmer gereinigt und die blutige Bettwäsche sowie die Kleidung des Opfers entsorgt haben. Die Leiche sollen sie in einen Einkaufswagen gelegt und zu einem Container für Plastikmüll gebracht haben.

Angeklagte vor Prozessbeginn

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Ein Urteil soll am Mittwoch gefällt werden

Dieser wurde abgeholt und zu einem Entsorgungsbetrieb nach Graz gebracht. Fünf Tage später, am 22. März, wurde der Tote entdeckt. Die Leiche war durch die Behandlung im Müllwagen übel zugerichtet. Bei der Obduktion stellte die Gerichtsmedizin schwere Halsverletzungen und stumpfe Gewalteinwirkung fest, die dem Opfer noch zu Lebzeiten zugefügt worden waren. Die Ermittlungen ergaben, dass der Tote mit einer Abfalllieferung aus Wien gekommen war.

Urteil am Mittwoch erwartet

Der 58-jährige Slowake hatte sich bereits mehrere Jahre in Wien aufgehalten und war in unregelmäßigen Abständen in Schlafstellen und Betreuungseinrichtungen für Obdachlose vorstellig geworden. Auf dieses Umfeld konzentrierten sich die Ermittlungen, die Polizei stieß dabei auf einen Zeugen, der angab, dass der Tote zuletzt häufig mit einem slowakischen Pärchen unterwegs gewesen war.

Anhand von Spuren - unter anderem im Hotelzimmer - und einer Fülle von Indizien wurden schließlich europäische Haftbefehle gegen die Beschuldigten ausgestellt - mehr dazu in Obdachlosen-Mord offenbar geklärt. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt, ein Urteil wird ebenfalls noch für Mittwoch erwartet. Zunächst sollen die Beschuldigten weiter befragt werden, danach sollen auch die Gutachter zu Wort kommen. Interessant wird die Expertise des Gerichtsmediziners sein. Die Leiche war durch die Behandlung im Müllwagen übel zugerichtet, sodass die für den Tod kausalen Verletzungen nur schwer nachweisbar waren.