Ludwig: „Mindestsicherung miteinander lösen“

Bis 1. Juni soll die Mindestsicherung reformiert sein. Die Bundesregierung will ein Konzept im Alleingang ohne Vorschläge der Bundesländer erarbeiten. Wiens künftiger Bürgermeister Ludwig spricht von „Desavouierung“.

Die Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz Christian Strache (FPÖ) hat am Dienstag vor allem Vertreter von SPÖ und Grünen in den Bundesländern verärgert. Die Landessozialreferenten hatten erst vor kurzem in Absprache mit Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) vereinbart, bis Ende des ersten Halbjahrs eigene Konzepte zur Reform der Mindestsicherung vorlegen zu wollen.

Die neue Linie der Bundesregierung lautet nun: „Die Bundesländer können ja in der Begutachtungsphase das neue Mindestsicherungsgesetz kommentieren.“ Von Verhandeln ist aber keine Rede mehr.

130.000 Mindestsicherungsbezieher in Wien

Dabei wäre eine gemeinsame Variante besser, sagt auch der Wiener SPÖ-Chef und zukünftige Bürgermeister Michael Ludwig: „Gerade bei den Fragen der Mindestsicherung sind die unterschiedlichen Herausforderungen in den Bundesländern gegeben. Darauf sollte der Bund Rücksicht nehmen und es würde eigentlich zur guten Praxis gehören, das miteinander und nicht gegeneinander zu lösen. Ich empfinde das schon als starke Desavouierung der Länder“.

Michael Ludwig

ORF

Michael Ludwig: „Mindestsicherung ist das letzte soziale Netz.“

Ende des Vorjahres haben rund 130.000 Menschen in Wien Mindestsicherung bezogen - das ist mehr als die Hälfte aller Bezieher in Österreich. Michael Ludwig sagt im Interview mit dem Ö1-Morgenjournal: „Die Mindestsicherung ist immer das letzte soziale Netz, das vorgesehen ist für Menschen, die keine andere Möglichkeit haben, ihr Leben zu finanzieren. Man sollte da mit aller Vorsicht Überlegungen anstellen, denn es trifft Menschen die in besonders schwierigen sozialen Verhältnissen sind.“

Mit Ländern sprechen, statt Vorschriften machen

Die Mindestsicherung sei in einer Großstadt wie Wien ein besonderes Thema, so der Wiener SPÖ-Chef. „Es kommen ja viele aus dem Ausland, aus anderen Bundesländern nach Wien, um hier die Mindestsicherung zu konsumieren. Wir sind uns hier einer besonderen Verantwortung, nicht nur für die Wiener Bevölkerung bewusst, sondern auch für jene, die aus anderen Bundesländern zu uns kommen. Und hier wird eine gemeinsame Verantwortung für diese Menschen notwendig sein.“

Interesse an einer gemeinsamen Lösung habe Wien durchaus: „Das wird nur möglich sein, wenn man mit den Bundesländern spricht und ihnen nicht etwas vorschreibt. Denn wir leben in einem föderalen Staat, wo die Bundesländer aufgrund der Kenntnis ihrer besonderen Situation mitentscheiden und von dieser guten Tradition sollte man nicht abgehen“, sagt Michael Ludwig.

Ludwig wünscht sich „verfassungskonforme“ Lösung

Die Bundesregierung machte zuletzt kein Geheimnis daraus, dass sie die Modelle in Ober- und Niederösterreich als Vorbild sieht. Doch da hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass die niederösterreichische Variante mit einer Wartezeit und einer Deckelung von 1.500 Euro nicht in Ordnung sei.

Wien hat seit Februar ein neues Mindestsicherungsgesetz, das Rot und Grün ausgearbeitet haben. Ludwig: „Ich bin immer davon ausgegangen, dass wir die Erfahrungen mit diesem Gesetz evaluieren und dann entsprechende Schritte setzen. Ich bin neugierig, welche Vorschläge die Bundesregierung macht. Sinnvoll wäre es natürlich, wenn es Vorschläge sind, die verfassungskonform sind.“

Betreffen wird die Reform der Mindestsicherung in Wien den neuen Sozialstadtrat oder die -stadträtin, da Sandra Frauenberger aufhört. Diese Personalentscheidung wird Ludwig Mitte Mai bekannt geben.

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