Anthropologe: Reise war „unverantwortlich“

Nach dem Überfall auf europäische Touristen in Äthiopien mit fünf Todesopfern hat der Wiener Anthropologe Horst Seidler die Reise in das Gebiet als „unverantwortlich“ bezeichnet. Die Sicherheit im Rest des Landes sei aber nicht vergleichbar.

Die Danakil-Senke im Nordosten Äthiopiens war der Schauplatz des Überfalls, bei dem neben zwei deutschen und zwei ungarischen Staatsbürgern auch ein Österreicher ums Leben gekommen ist. Die Zahl der verletzten Personen der 22-köpfigen Reisegruppe ist noch unklar. In dem Gebiet sind laut Horst Seidler immer noch Guerillagruppen aktiv, bei denen sich politische und kriminelle Ambitionen vermischen würden.

Sicherheit im Rest des Landes nicht vergleichbar

Seidler ist Leiter des Departments für Anthropologie der Universität Wien und Präsident der Österreichisch-Äthiopischen Gesellschaft. Seit Jahrzehnten führt er in Äthiopien Grabungen durch. Es seit hinreichend bekannt, dass in der Region der Danakil-Senke ein hohes Sicherheitsrisiko bestehe. Mit der Situation im Rest des Landes sei die Sicherheitslage in der Danakil-Senke aber nicht vergleichbar.

Ungeachtet dem Leid, das den betroffenen Personen und ihren Familienangehörigen durch den Überfall entstanden sei, seien diese Ereignisse ein „enormes Reputationsproblem für Äthiopien“, so die Einschätzung des Forschers. Die Region in der Danakil-Senke an der Grenze zu Eritrea sei ein Gebiet, „das immer wieder von Guerillas infiltriert ist“.

Diese Gruppen würden von Eritrea unterstützt, auf „ganz brutale Weise“ gegen die äthiopische Regierung kämpfen. Unter dem Gesichtspunkt des immer noch schwelenden Konflikts zwischen den beiden Ländern „sind das noch immer Regionen, in denen diese Untergrundkämpfe weitergehen“.

Guerillas aus Nomadenvölkern rekrutiert

Die Guerillas würden sich aus dort ansässigen Nomadenvölkern rekrutieren. Der Unterschied zwischen kriminellen und politischen Ambitionen sei hier oftmals fließend, wie Seidler betont. „Dieses Gebiet ist daher militärisches Sperrgebiet, das muss man wissen, wenn man dort Touristen hinführt“.

TV-Hinweis:

Wien heute hat mit einem Rot-Kreuz-Helfer über die Lage in Äthiopien gesprochen. Den Beitrag sehen Sie in Wien heute, 19.00 Uhr, ORF2.

Man könne sich jetzt auch nicht darauf ausreden, dass diese Reisegruppe von einheimischen Guides geführt wurde. „Es ist unverantwortlich, Touristen mit dem Versprechen eines Abenteuerurlaubs in diese unglaublich gefährliche Region zu bringen“. Daraus dürfe man aber nicht auf die Sicherheitslage im Rest Äthiopiens rückschließen. Die klassische Touristenroute in den Norden des Landes sei sicher. Ebenso sicher seien Reisen in den Süden. Dort passiere nichts, jährlich würden „Zehntausende geführte Touristenreisen“ stattfinden.

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