Keine Auslieferung von Alijew: Herbe Kritik

Die Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof kritisiert die Entscheidung des Landesgerichts, den früheren kasachischen Botschafter Rachat Alijew nicht auszuliefern. Alijew ist wegen der Ermordung zweier Bankmanager angeklagt. Der Anwalt der Witwen sieht eine „Bombe“.

Der Beschluss vom 16. Juni 2011, Alijew nicht auszuliefern, sei „ohne hinreichende Begründung“ erfolgt, kritisiert die Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof. Es hätte „konkreter Tatsachenannahmen“ bedurft, um die Annahme einer Verfolgung Alijews in Kasachstan zu rechtfertigen, heißt es in einem Schreiben der Generalprokuratur an die Kanzlei Lansky, Ganzer und Partner.

Verzicht auf Nichtigkeitsbeschwerde

Die Generalprokuratur sieht jedoch keinen Anlass, Nichtigkeitsbeschwerde zu erheben, weil eine Aufhebung der Entscheidung des Landesgerichts unter das rechtliche Verschlechterungsverbot in derartigen Auslieferungsverfahren fallen würde. Aus diesem Grund wäre es lediglich von rechtstheoretischem Interesse, die aus dem Gesetz „ohne weiteres ersichtliche unrichtige Anwendung“ des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG) und der Strafprozessordnung durch den Obersten Gerichtshof nochmals festzustellen.

Anwalt Gabriel Lansky, der die Witwen zweier entführter und ermordeter kasachischer Bank-Manager vertritt, bezeichnet die Argumentation der Generalprokuratur als „Bombe“. "Die österreichischen Behörden hätten das Auslieferungsverfahren „vier Jahre lang als Vorwand genommen, um nicht zu ermitteln und keine Beweise sichern zu müssen“. Jetzt sei es quasi amtlich, dass dieses Verfahren „von Anfang an falsch und einseitig geführt wurde - und zwar zulasten der Opfer und zugunsten der Beschuldigten“, kritisierte Lansky.

Politische Verfolgung „nicht ausgeschlossen“

Das Landesgericht Wien hatte am 16. Juni 2011 die Auffassung des zuständigen Staatsanwaltes bestätigt, dass dem Auslieferungsbegehren Kasachstans nicht Folge geleistet werden dürfe. Es könne „nicht ausgeschlossen“ werden, dass der wegen der Entführung zweier Bankmanager in Kasachstan verurteilte Ex-Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew in seiner Heimat politisch verfolgt werde.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat im Jänner mit den Zeugenbefragungen begonnen. Insgesamt 22 Zeugen wurden geladen, der Großteil davon sollte per Videoschaltung zwischen Wien und Kasachstan befragt werden - mehr dazu in Causa Alijew: Befragungen per Videokonferenz.