Küssel-Prozess vertagt

Der Prozess gegen den 53-jährigen Rechtsextremisten Gottfried Küssel im Wiener Straflandesgericht ist vertagt worden, weil zu wenige Geschworene erschienen sind. Küssel soll laut Anklage gegen das Verbotsgesetz verstoßen haben.

Auf der Geschworenenbank hatten sich nur sieben von mindestens acht benötigten Laienrichtern eingefunden. Ursprünglich hatte Richterin Martina Krainz 22 Laienrichter zur Verhandlung geladen. Fünf hatten ihr Fernbleiben bereits im Vorfeld angekündigt und sich entschuldigt, zehn fehlten ohne Angabe von Gründen.

Nach einer halbstündigen Wartezeit sah sich die Richterin gezwungen, das Verfahren auf den 21. Mai zu vertagen. Die weiteren Verhandlungstage sind der 23. und 24. Mai. „Das ist natürlich frustrierend, wenn man ein größere Verhandlung vorbereitet und diese aufgrund solcher Umstände nicht durchführen kann“, bemerkte die Richterin vor dem Gerichtssaal, nachdem die Justizwache Küssel und die beiden mitangeklagten Felix B. (34) und Wilhelm A. (40) wieder abgeführt hatte.

Gottfried Küssel vor Beginn seines Prozesses wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung im Straflandesgericht Wien

APA/Georg Hochmuth

Nur sieben Geschworene waren zum Auftakt des Prozesses gegen Gottfried Küssel gekommen

Gründe für Fernbleiben unklar

Über die Gründe für das ungewöhnlich massive Ausbleiben der Laienrichter, die nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers bei politischen Prozessen neben drei Berufsrichtern das Volk vertreten und über die Schuldfrage mitentscheiden sollen, lässt sich nur spekulieren. Fest steht, dass bei Schwurprozessen der Name der Angeklagten grundsätzlich auf den Ladungen aufscheint, wie Gerichtssprecher Christian Gneist erklärte.

Somit wäre denkbar, dass der eine oder andere Kandidat bewusst nicht am Prozess gegen eine zentrale Leitfigur der heimischen rechtsextremen Szene - Küssel war bereits 1994 nach dem Verbotsgesetz zu einer elfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden - teilnehmen wollte.

Seit April 2011 in Untersuchungshaft

Gottfried Küssel und ein Mitangeklagter waren am 12. April 2011 nach mehreren Hausdurchsuchungen in Wien und der Steiermark festgenommen worden. Zwei Wochen später klickten bei einem weiteren Verdächtigen die Handschellen, seitdem befinden sich alle drei in Untersuchungshaft.

Die von Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter verfasste Anklageschrift beinhaltet Verstöße gegen das Verbotsgesetz (Paragraf 3g). Das Trio wird verdächtigt, maßgeblich an der Neonazi-Website Alpen-donau.info mitgewirkt zu haben. Küssel hatte laut Staatsanwalt den Vorsatz, „die Ziele der NSDAP zu fördern“. Somit droht den Männern bis zu zehn Jahre Gefängnis - mehr dazu in Anklage gegen Küssel ist fertig.

Küssel

APA/Fohringer

Küssel bekannte sich immer wieder freimütig zum Nationalsozialismus

Küssel wird sich „natürlich nicht schuldig“ bekennen

„Es geht darum, ob Küssel etwas mit der Homepage zu tun hat und ob es dafür Beweise gibt“, sagte sein Anwalt Michael Dohr. Nachsatz: „Die Beweise gibt es nicht. Und es geht nicht um das Verbotsgesetz.“ Er werde deshalb auf politische Ausführungen bei der Verteidigung verzichten.

Küssel werde sich deshalb „natürlich nicht schuldig“ bekennen, so Dohr. In Kontakt kam der Anwalt mit Küssel über einen „Mandanten, der sich mit Küssel die Zelle geteilt hat“. Dohr rückte als Verteidiger von einem der zehn in Wiener Neustadt angeklagten Tierschützer ins Rampenlicht. Diesen wurde die Bildung einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Alle zehn Angeklagten wurden freigesprochen. Die Verhandlung gegen Küssel und die beiden Männer am Landesgericht ist für drei Tage anberaumt.

Wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt

Küssel bekannte sich in Medien und vor Gericht immer wieder freimütig zum Nationalsozialismus. 1986 gründete er die Volkstreue Außerparlamentarische Opposition (VAPO). Für Aufsehen sorgten auch immer wieder stattfindende „Wehrsportübungen“ im Raum Langenlois in Niederösterreich.

Laut Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) bezeichnete er Anfang der 1990er Jahre in einem Interview mit ABC News Nightline Adolf Hitler als den größten Mann der deutschen Geschichte und leugnete den Holocaust und die Existenz von Gaskammern. Im Sender Tele 5 sagte er damals, er wolle die Zulassung der NSDAP als Wahlpartei erreichen, was 1992 ein Grund für seine Verhaftung war. In einem Videoband, das bei einem Prozess vorgeführt wurde, sprach er offen über seine Ziele: „Wir werden diesen Staat zertrümmern.“

1993 kam es zu einem aufsehenerregenden Prozess gegen Küssel. Am Landesgericht für Strafsachen Wien wurde er in erster Instanz zu zehn Jahren Haft wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Ein Jahr später hob der Oberste Gerichtshof das Urteil wegen „mangelnder Rechtsbelehrung der Geschworenen“ teilweise auf und ordnete eine neuerliche Durchführung an. In der Wiederholungsverhandlung bekam er elf Jahre Haft, kam aber 1999 „wegen guter Führung“ auf Bewährung vorzeitig frei.