Faymann frühstückte mit Dalai Lama

Ein Vortrag und eine Kundgebung auf dem Heldenplatz sind am Samstag auf dem Programm des Dalai Lamas gestanden. Zum Frühstück traf er Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Es folgte Protest aus China.

Faymann sagte vor dem Treffen, er wolle damit ein „klares politisches Signal für Menschenrechte, für Gewaltfreiheit, für den Dialog“ und „gegen Unterdrückung“ senden. Zudem sei es eine „persönlich interessante Möglichkeit“, eine so „herausragende Persönlichkeit“ wie den Dalai Lama zu treffen.

Dalai Lama und Faymann

APA/Andreas Pessenlehner

Der Dalai Lama bei seinem Treffen mit Faymann in der Innenstadt

Faymann: „Ich entscheide, wen ich treffe“

Vor einer Verschlechterung der Beziehungen zu China habe er trotz Warnungen durch den chinesischen Botschafter in Wien, Shi Mingde, keine Angst. „Die Frage, wen ich treffe, entscheide ich selbst, und das gilt auch für den Dalai Lama. Österreich ist ein Land, das immer gezeigt hat, dass es aufseiten der Menschenrechte steht, und für meine Termine bin ich selbst verantwortlich“, sagte der Kanzler. Vor allem trete er weiterhin für seine Werte ein: die „Stärkung der Menschenrechte überall auf der Welt“.

Bei dem gemeinsamen Frühstück lobte der Dalai Lama Österreich für seine niedrige Arbeitslosigkeit, insbesondere unter Jugendlichen. Faymann und der Friedensnobelpreisträger besprachen vor allem aber auch allgemeine Fragen über Menschenrechte, auch die Situation in Tibet wurde angesprochen. Konkret ersuchte der Dalai Lama den Kanzler, sich weiterhin für Umwelt und Menschenrechte einzusetzen. Im Beisein von Kardinal Christoph Schönborn tauschte man sich über Religionsfreiheit aus und thematisierte Fragen des interreligiösen Dialoges.

Mehr Bilder vom Dalai Lama in Wien

China erhob Protest

Nur wenige Stunden nach dem Frühstück wurden in einer schriftlichen Stellungnahme des chinesischen Außenministeriums die Treffen von Faymann und Spindelegger mit dem Dalai Lama „als schwere Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas“ bezeichnet. Ungeachtet mehrmaliger Demarchen seitens Chinas habe Österreich diese Treffen organisiert. „Die chinesische Seite bringt die äußerste Unzufriedenheit zum Ausdruck und ist entschieden dagegen. Das chinesische Außenministerium und die chinesische Botschaft in Österreich werden in Peking und Wien ernsthafte Demarchen führen.“

Durch die Vorgangsweise würden die „Gefühle des chinesischen Volkes verletzt“, hieß es, zudem würde „den Kräften der Unabhängigkeit von Tibet“ ein falsches Signal gegeben. Weiter hieß es in dem Schreiben: „Die Angelegenheit von Tibet stellt eine reine innere Angelegenheit Chinas dar.“ Der Dalai Lama sei ein Politiker im Exil, „der seit langer Zeit unter dem Deckmantel der Religion antichinesische und separatistische Aktivitäten betreibt“. China sei dagegen, dass irgendein Staat oder irgendjemand den Dalai Lama dazu benutze, sich in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen.

Diplomatische Verstimmungen

In der Vergangenheit gab es nach Besuchen des Friedensnobelpreisträgers in Österreich, aber auch in anderen europäischen Ländern, oftmals diplomatische Verstimmungen mit Peking.

Tibet ist seit 1965 „Autonome Region“ im Staatsgebiet Chinas. 1959 musste der Dalai Lama ins Exil in die nordindische Stadt Dharamsala flüchten, nachdem chinesische Truppen Volksaufstände in Tibet blutig niederschlagen ließen. Seitdem ist das der Sitz der Exilregierung.

Kundgebung für Tibet auf dem Heldenplatz

Zudem nahm der Dalai Lama am Samstag auch an der Kundgebung „Europe for Tibet“ auf dem Wiener Heldenplatz teil. Mit der durch internationale Tibet-Vereine organisierten Veranstaltung soll auf die „Unterdrückung und Kolonisierung des tibetischen Volkes“ aufmerksam gemacht werden, wie es Francesca von Habsburg vor Hunderten Menschen am Heldenplatz formulierte.

„Genug ist genug“, mahnte auch Menschenrechtsaktivistin Bianca Jagger. Tibet befände sich momentan in einer „kritischen Phase“, es brauche deshalb nicht nur die Unterstützung internationaler Regierungen, sondern die Unterstützung eines jeden. „Es ist Zeit, für Tibet und die Tibeter aufzustehen“, forderte Jagger.

„Tibet ist heute auf der ganzen Welt“, sagte Madleine Petrovic, Klubobfrau der Grünen in Niederösterreich. Die Region werde „nie untergehen“, zeigte sie sich optimistisch. China habe vor dem Dalai Lama Angst, weil er „Hoffnung für jeden bringt“, ließ Francesca von Habsburg wissen. Peking ginge es „nur darum, Angst und Misstrauen zu erzeugen“.

Treffen mit Zeilinger

Samstagvormittag stand zudem ein wissenschaftlich-religiöses Symposium unter dem Titel „Geist und Materie - neue Modelle der Realität an der Universität Wien“ auf dem Programm. Dabei diskutierte der Dalai Lama unter anderen mit dem Quantenphysiker Anton Zeilinger und anderen führenden Wissenschaftlern aus Physik, Neurowissenschaft und Philosophie über Berührungspunkte zwischen Wissenschaft und Buddhismus.

In religion.ORF.at wurden Vortrag und Symposium in Wien als Livestream übertragen - mehr dazu in Der Dalai Lama in Österreich.

Dalai Lama: Lage in Tibet sehr ernst

Nach seiner Ankunft in Wien sagte der Dalai Lama am Freitag, dass Tibet seit Jahren eine „strikt gewaltfreie Politik“ verfolge. Dass die Situation in der Autonomen Region jedoch „sehr ernst“ sei, zeigten die rasant steigenden Selbstverbrennungen tibetischer Mönche.

Unter chinesischer Besatzung würden „inakzeptable Verhältnisse“ in Tibet herrschen, sagte Lobsang Sangay, Premier der Exilregierung Tibets. Die Situation der Bevölkerung sei „unerträglich“, die Exilregierung fordere deshalb die „Rückkehr des Dalai Lama nach Lhasa“ sowie die „Wiederherstellung der Eigenständigkeit“ - mehr dazu in religion.ORF.at.

Der Dalai Lama und Tibets Exil-Premierminister Lobsang Sangye bei einer Pressekonferenz in Wien.

APA/Hans Klaus Techt

Lobsang Sangay sprach sich für eine Rückkehr des Dalai Lama nach Tibet aus

Forderte Dialog für das 21. Jahrhundert

Unter dem Titel „Jenseits von Religion - Ethik und menschliche Werte in der modernen Gesellschaft“ forderte der Dalai Lama in der Wiener Stadthalle Friede und Dialog für das 21. Jahrhundert. Das vergangene Jahrhundert sei eines der Gewalt gewesen, das derzeitige solle eines des Dialogs werden.

Die heutige Gewalt sei ein „Versäumnis des vergangenen Jahrhunderts“. Terrorismus sei nur einer der Auswüchse davon, sagte er vor etwa 10.000 Zuhörern. Dass dieses Jahrhundert ein besseres werde, hänge „von unseren eigenen Bemühungen“ ab. Ein wichtiges Element dabei sei Bildung, dadurch könne ein „glücklicheres Jahrhundert“ geschaffen werden.

Der Dalai Lama bei einem Vortrag in der Wiener Stadthalle

APA/Hans Klaus Techt

„Jenseits von Religion“ war das Thema des Vortrags in der Stadthalle

Spindelegger kam in die Stadthalle

Im Anschluss an den Vortrag in der Stadthalle traf der 76-jährige Dalai Lama auf Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP). Würde er einer Partei angehören, wären das die Grünen, sagte das geistliche Oberhaupt der tibetischen Buddhisten. Das Publikum applaudierte, der Dalai Lama fügte hinzu, er kenne die Partei des Herrn Ministers nicht.

Sicherheitsvorkehrungen wie für Staatsgast

Was die Sicherheitsvorkehrungen betrifft, wird der Dalai Lama laut Innenministerium wie ein offizieller Staatsgast behandelt, obwohl er nicht mehr politischer Führer der Exiltibeter in Indien ist. Der Dalai Lama sei eine „Person des öffentlichen Interesses“, die Sicherheitsmaßnahmen seien daher „durchaus“ mit jenem eines Staatsbesuchs vergleichbar, hieß es.

Die österreichischen Behörden seien „bestens vorbereitet“. Im Einsatz seien Polizisten und das Sondereinsatzkommando Cobra. In welcher Stärke wird nicht bekanntgegeben. Für die Sicherheit des Dalai Lama sind laut Innenministerium neben der Polizei auch die Veranstalter verantwortlich, aber auch eine persönliche Sicherheitsdelegation des Dalai Lama. Bei den Sicherheitskontrollen in der Stadthalle waren auch Mitarbeiter des Österreichischen Wachdiensts im Einsatz.

Der Dalai Lama besuchte vor Wien die Bundesländer Kärnten - mehr dazu in Landesorden für den Dalai Lama und Salzburg - mehr dazu in Dalai Lama sieht Indien als Vorbild.

Etwa 170 Exiltibeter in Wien

In Wien ist die Community der Exiltibeter klein, geschätzt wird eine Zahl von 170 Personen. Die Community spricht die Sprache ihrer Vorfahren, die Kinder gehen in eine tibetische Schule, in den Wohnungen hängen Porträts des Dalai Lama - mehr dazu in Tibet ist überall.

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