Kleinkind missbraucht: Elf Jahre Haft

Mit langjährigen Freiheitsstrafen ist am Dienstag im Straflandesgericht ein Prozess um ein im Kleinkindalter wiederholt missbrauchtes Mädchen zu Ende gegangen. Der Stiefvater wurde nicht rechtskräftig zu elf Jahren Haft, die Mutter zu fünf Jahren verurteilt.

Das Gericht sah es als bewiesen an, dass sich der Mann mehrmals an dem Kleinkind vergangen hatte. Die Mutter soll dabei ihrer Tochter den Mund zugehalten haben, wenn diese schmerzbedingt aufschrie. Die Verletzungen seien objektiviert, man habe auch die dezidierten Aussagen des Mädchens, das den ‚alten Papa‘ belastet habe, hieß es bei Gericht. „Andere Gelegenheitspersonen gibt es nicht“, wie es in der Urteilsbegründung hieß.

Gericht will „klares Signal“ setzen

Entgegen der Anklage, die dem 23-Jährigen vorgeworfen hatte, sich bereits im ersten Lebensjahr des Opfers an diesem vergangen zu haben, schränkte das Gericht den Tatzeitraum auf Juni bis September 2008 ein. Auf Initiative des Jugendamts waren das Mädchen und ihre zwei Jahre ältere Halbschwester zu diesem Zeitpunkt den Eltern abgenommen worden.

Im November 2008 wurden die Kinder Pflegeeltern übergeben, denen aufgrund des Verhaltens des jüngeren Mädchens Verdachtsmomente in Richtung gewalttätiger Übergriffe kamen. Sie gingen dem nach, indem sie Fachärzte aufsuchten. Diese stellten unter anderem Verletzungen im Genitalbereich fest.

Hinsichtlich der Strafbemessung verwies der Richter auf „besonders erschwerende Umstände“. Bei mehrfachem Missbrauch eines drei Jahre alten Kindes bedürfe es aus generalpräventiven Gründen eines "klaren Signals, dass Kindesmissbrauch in dieser Form nicht geduldet werden kann. Vor allem dann nicht, wenn ein Kind - wie die psychiatrische Sachverständige ausgeführt hat - daran ein Leben lang leiden wird.

Gutachten: Mädchen schwer traumatisiert

Infolge einer schweren Traumatisierung sei das mittlerweile sechsjährige Kind in seiner Entwicklung massiv beeinträchtigt, sagte zuvor die Gutachterin vor Gericht. Es bedürfe „jahrelanger, intensiver Psychotherapie, um den psychischen Zustand so weit zu stabilisieren, dass eine Eingliederung ins soziale Gefüge möglich sein wird“, so die Gutachterin vor Gericht.

Die an sich im kommenden Herbst anstehende Einschulung sei unmöglich, weil sich das Mädchen derzeit in einem „sehr schlechten Zustand“ befinde, sagte die Psychiaterin. Grundsätzlich sei „nicht absehbar, ob das Kind als erwachsener Mensch jemals frei von psychischen Beschwerden sein wird“.

Das mittlerweile sechs Jahre alte Opfer bekam ein Schmerzensgeld von 65.000 Euro zugesprochen. Zudem haften die Eltern für sämtliche Folgeschäden sowie die Kosten der Psychotherapie.

Pflegemutter: Mädchen „will tot sein“

Die Pflegemutter belastete die Angeklagten zudem im Zeugenstand massiv: Es habe eindeutige Verletzungsspuren gegeben, zudem habe das Kind mitunter Szenen nachgespielt, die ihr offenbar der Stiefvater angetan hatte. Nach der Anzeige und der damit erforderlichen Befragung des mittlerweile sechsjährigen Mädchens, im Zuge dieser das Kind die erlittenen Übergriffe schilderte, verschlechterte sich der Gesundheitszustand dramatisch.

„Sie sagt, der Papa hat sie kaputt gemacht. Sie hat jeden Tag Angst, dass er sie holen kommt und wegnimmt. Jeden Abend kontrolliert sie die Türen, ob die auch abgesperrt sind“, so die Pflegemutter beim Prozessauftakt. Seit Jahresanfang befindet sich das Mädchen in täglicher psychiatrischer Betreuung. „Sie ist jetzt sechs Jahre alt und will ständig tot sein“, sagte die Zeugin.

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