Komitee will Selbstbehalt abschaffen

In Wien hat sich ein Aktionskomitee gebildet, das den Selbstbehalt in Höhe von 20 Prozent für Selbstständige in der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft abschaffen will. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) weist dieses Ansinnen zurück.

Unternehmer müssen neben ihren Versicherungsbeiträgen bei jedem Arztbesuch 20 Prozent der Kosten selbst bezahlen. Diesen Selbstbehalt würden sich viele Kleinunternehmer nicht leisten können, argumentiert die überparteiliche Plattform. Der Initiator des Aktionskomitees, der Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Wien, Fritz Strobl, bezeichnete den Selbstbehalt als „soziale Ungerechtigkeit“ und „Strafe fürs Kranksein“.

Selbstbehalt „unfair und existenzgefährdend“

60.000 Wiener Ein-Personen-Unternehmen sind laut Plattform betroffen, also Selbstständige ohne Angestellte, wie die PR-Beraterin Margit Gugitscher. Sie bezeichnet den Selbstbehalt sogar als existenzgefährdend: „Ein Arztbesuch, das umfasst zum Beispiel die empfohlene, zwei Mal jährliche Untersuchung beim Zahnarzt. Ich muss das alles mit 20 Prozent Selbstbehalt zusätzlich finanzieren. Das ist nicht fair.“

Der Selbstbehalt würde dazu führen, dass Selbstständige seltener zum Arzt gehen. Deswegen tritt auch der Präsident der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres, dagegen auf. Vor allem für chronisch Kranke könne der Selbstbehalt zu einer echten Belastung werden. Politisch wird das Aktionskomitee von SPÖ und Grünen getragen. Der Vorsitzende der Grünen Wirtschaft Wien, Hans Arsenovic, macht die SVA für mehr als die Hälfte aller Konkurse verantwortlich. Jeder fünfte Versicherte werde von der SVA wegen ausstehender Beiträge gemahnt, jeder zehnte exekutiert.

Gutverdiener müssten mehr zahlen

Die SVA nimmt nach Angaben des Aktionskomitees über den Selbstbehalt jährlich rund 50 Mio. Euro ein. Eine Abschaffung des Selbstbehalts könnte über eine Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage finanziert werden. So müssten gut verdienende Selbstständige mehr an Beiträgen zahlen. Das Komitee fordert aber auch eine Abschaffung der Mindestbeiträge. Es will in den kommenden Wochen Unterschriften sammeln. Eine Änderung ist aber nur auf bundesgesetzlicher Ebene möglich.

SVA sieht Selbstbehalt als Regulativ

Die SVA ist gegen eine Abschaffung des Selbstbehalts. Dieser sei ein wichtiges Element für einen bewussten Umgang mit den Leistungen der gewerblichen Krankenversicherung und auch für einen gesundheitsbewussten Lebensstil. Die SVA verwies zudem auf ihr Vorsorgeprogramm, mit dem die Versicherten nur zehn statt 20 Prozent Selbstbehalt zahlen, wenn sie mit ihrem Arzt vereinbarte Gesundheitsziele erreichen.

Die vom Komitee genannten Zahlen über Mahnungen und Exekutionsverfahren wies die SVA zurück. 2011 seien durchschnittlich 13 Prozent der Versicherten gemahnt und in 4,9 Prozent der Fälle Eintreibungsmaßnahmen ergriffen worden.

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