Ansturm auf Mindestsicherung

In Wien ist die Zahl der Bezieher der Mindestsicherung von 2009 auf 2011 um 29 Prozent gestiegen. Die Ausgaben stiegen laut einem Kontrollamtsbericht in diesem Zeitraum um 19 Prozent auf 436 Millionen Euro. Kritik übt das Kontrollamt an der Vergabe.

Die Zahl der Wiener, die auf Unterstützung der Stadt angewiesen sind, steigt. Exakt 129.020 Menschen haben 2011 eine Sozialleistung aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung bezogen. Zum Vergleich: Im Jahr davor waren es knapp 107.000 Personen. Ein aktueller Bericht des Kontrollamts belegt zudem, dass Wien bundesweit mit Abstand die meisten Bezieher hat. Die Ausgaben stiegen von 2009 auf 2011 um 19 Prozent auf 436 Millionen Euro. Die Zahl jener Wiener, die ausschließlich von der Mindestsicherung leben, sank hingegen - mehr dazu in Mindestsicherung: 129.020 Bezieher in Wien.

Wien teils nachlässig bei Anspruchsüberprüfung

Das Kontrollamt ortete in dem Bericht aber Verbesserungsbedarf: Kritisiert werden eine unregelmäßige Anspruchsüberprüfung, das teils fehlende Vieraugenprinzip und Mängel in der Software.

Auszahlung zwölfmal pro Jahr

Die Höhe der Mindestsicherung ist an den Ausgleichszulagenrichtsatz gekoppelt und beträgt derzeit 773 Euro für Alleinstehende und 1.160 Euro für Paare. Darin enthalten ist bereits ein 25-prozentiger Anteil für Wohnkosten, der wegfallen oder gekürzt werden kann, wenn keine oder niedrige Wohnkosten vorliegen. Die Auszahlung erfolgt zwölfmal pro Jahr. Jedes Bundesland hat die Möglichkeit, über die Leistung hinaus weitere Zuschüsse zu gewähren.

Hervorgehoben wird im Kontrollbericht, dass Wien teils nachlässig bei der Anspruchsüberprüfung ist. „In einigen Fällen ließen Rückforderungen von Überbezügen, die erst nach langen Zeiträumen gestellt wurden, darauf schließen, dass die vorgegebenen Überprüfungsintervalle nicht lückenlos eingehalten wurden“, heißt es im Bericht.

Um genau das zu vermeiden, ist eigentlich bei laufendem Bezug der Mindestsicherung routinemäßig auch eine Kontrolle des Anspruches vorgesehen. Diese soll laut den Richtlinien alle drei Monate erfolgen. Dabei werden die aktuellen Daten des Zentralen Melderegisters, die Einhaltung der regelmäßigen Vorsprachetermine beim Arbeitsmarktservice sowie die Beschäftigungsdaten der Sozialversicherungen einbezogen. Die konsequente Umsetzung der Vorgabe fehlt jedoch.

MA 40 führte Softwareproblem an

Die Prüfer empfehlen aus diesem Grund dringend eine automatische Terminvorgabe im EDV-Programm. Auch könnten nicht alle benötigten Daten direkt über das System ermittelt werden, hier wird zu einer Vereinfachung der Abläufe geraten. In einer Stellungnahme erklärte die zuständige Magistratsabteilung 40 (Sozial- und Gesundheitsrecht) die noch nicht erfolgte Programmierung dieser Funktion mit dringenderen Softwareproblemen.

Insgesamt wurden neun Sozialzentren geprüft, und in rund 90 Akten sowie etwa 200 bearbeitete Anträge wurde Einsicht genommen. Generell stellten die Kontrolleure dabei fest, dass die Aktenführung sowohl elektronisch als auch in Papierform vorliegt, aber: „Die Prüfung zeigte, dass keine der beiden Formen die vollständigen Daten enthielt, weshalb die Aktenbearbeitung nur unter Verwendung beider Systeme sinnvoll bzw. möglich war.“

Probleme bei Vieraugenprinzip

Zudem sei es aufgrund von Auffassungsunterschieden der Sozialzentren bei der Umstellung auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung zu Schwierigkeiten beim Vieraugenprinzip gekommen. Dieses wurde nicht durchgehend eingehalten und daher seien „Bescheide nur von einer Person ausgestellt und unterzeichnet“ worden.

Bearbeitungsdauer meist eingehalten

Die im Wiener Mindestsicherungsgesetz festgelegte Bearbeitungsdauer der Anträge auf Mindestsicherung wurde dagegen meist eingehalten, nur in einigen wenigen Fällen wurde die Frist deutlich überschritten. Positiv vermerkten die Prüfer jedoch, dass ein Großteil der Anträge in weit kürzerer Zeit bearbeitet wurde.

Kritik von ÖVP

„Ich kann bei der Mindestsicherung in Wien keinen Willen zum sparsamen Umgang mit Steuergeld erkennen. Es fehlen die notwendigen Kontrollen und es gibt keine Informationen über Ablehnungen, Rückforderungen oder Sanktionen bei Missbrauch. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben“, so Innenministerin und ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

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