Gewalt an Frauen: Kaum U-Haft

Gewalt an Frauen bleibt meist eine Familienangelegenheit. Trotz effizienter Gesetze werde zu wenig gegen Gewalt getan, kritisiert der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF). Selten komme es zur U-Haft, eher werden Anzeigen auf freiem Fuß verhängt.

AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer forderte von der Staatsanwaltschaft bessere Gefährlichkeitseinschätzungen. Sie verwies dabei auf aktuelle Mordfälle im Familienkreis in jüngster Vergangenheit. Auch auf Prävention werde zu wenig geachtet. An „Täterarbeit“ zur Vorbeugung herrsche ein Mangel.

Männer in Schwächesituationen gewalttätig

„Das Thema Gewalt in der Familie sollte wie bei der Polizei auch im juristischen oder medizinischen Bereich mit Schulungen angegangen werden“, lautete neben einem nationalen Aktionsplan eine weitere Forderung des AÖF. Jeder zweite Mord an einer Frau geschieht in Europa im Familienkreis, bei Männern beträgt der Anteil lediglich 15 Prozent, so die Zahlen.

„Männlichkeitsleitbilder“ nannte Romeo Bissuti, Psychologe im Männergesundheitszentrum MEN, neben der gesellschaftlich bedingten Machtposition als Erklärung. „Männer werden insbesondere in Schwächesituationen gewalttätig“ - Schwäche, die etwa dann empfunden wird, wenn eine Trennung im Raum steht.

Mehrmals täglich Wegweisungen

Die Lösung in Form von „opferschutzorientierten Täterarbeitsprogrammen“ wären in Form von Männerberatungsstellen zwar vorhanden, doch nicht ausreichend finanziert, so der Psychologe. Es gelte, die „Täterarbeit“ dahingehend auszubauen, dass diese im Falle einer Wegweisung gesetzlich verpflichtend wird. Diese von Bissuti als „Spitze des Eisbergs“ bezeichnete Maßnahme erfolgt in Österreich mehrmals täglich, wobei in 95 Prozent der Fällen Männer weggewiesen werden.

Laut dem Psychologen und White-Ribbon-Obmann waren in Wien 2011 rund 600 Männer in ein Programm der Männerberatung eingebunden, die Hälfte aufgrund einer Zuweisung etwa nach einer Anzeige oder Wegweisung.

Viele verschiedene Ursachen von Gewalt

Gewalt beginne bereits beim ökonomischen Missbrauch, so Eva Mückstein, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Psychotherapeuten (ÖBVP), etwa wenn der Partner der Frau die Erwerbsarbeit verbietet. Oder in Form von verbaler Diffamierung. „Gewalt ist selten ein singuläres Ereignis“, meint Mückstein.

Sie sieht mannigfaltige Ursachen für die Gewalt. Neben dem traditionellen Geschlechterverhältnis nennt sie unter anderem Persönlichkeitsstörungen oder Alkoholmissbrauch. Ebenso sei Gewalt ein Erbe in Form einer „transgenerationalen Weitergabe“ sowie einer Erziehung zur Überanpassung, die dann im Erwachsenenalter Hindernis dafür sein kann, eine Gewaltbeziehung zu beenden.

Lange Wartezeiten für Psychotherapie

Laut ÖBVP mangle es an einem niederschwelligen Zugang zur Psychotherapie für die Opfer, obgleich diese per Krankenschein verordnet werden kann. „Hürden bei den Anträgen und lange Wartezeiten, bis die Finanzierung geklärt ist“, nannte Mückstein in diesem Zusammenhang.

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