„Ironimus“ Gustav Peichl feierte 85. Geburtstag

Nur Wenige haben die Gabe gleich in zwei Berufen erfolgreich zu sein: Gustav Peichl zählt zu ihnen. Als Architekt und Karikaturist lernte er bis heute elf Bundeskanzler und elf Chefredakteure kennen. Am Montag feierte er seinen 85. Geburtstag.

Gustav Peichl alias „Ironimus“ führt zwei Leben: Das eines - über die Grenzen Österreichs hinaus - erfolgreichen Architekten und das eines bekannten politischen Karikaturisten. Peichl ist mit seiner Doppelexistenz zufrieden: „Der Beruf als Architekt macht fast 70 Prozent der Zeit aus, dann kommen 20 Prozent als Karikaturist. Der Rest ist Vergnügen, Flirten, Spazierengehen.“

Der Karikaturist und Architekt Gustav Peichl

APA, Franz Neumayer

Erfolgreicher Architekt und prominenter Karikaturist: Gustav Peichl

Elf Bundeskanzler miterlebt und gezeichnet

An seiner spitzen Zeichenfeder lässt sich die gesamte Politik der Zweiten Republik ablesen: Elf Bundeskanzler, angefangen bei Leopold Figl bis hin zu Werner Faymann (SPÖ), lernte Gustav Peichl im Laufe seines Lebens kennen. Ebenso arbeitet er unter elf verschiedenen Chefredakteuren.

Doch die heutigen Politiker eignen sich nicht mehr als Opfer: „Früher waren die Politiker ideale ‚Opfer‘ für mich. Kreisky, Pittermann oder Firnberg - das waren Persönlichkeiten, die wie für den Karikaturisten geschaffen waren“, so Peichl. „Was soll ich mit langweiligen Politikern machen? Was mache ich heute mit einem Faymann, einer Rudas, mit dem braven, netten Vizekanzler?“

Mehr als 14.000 Karikaturen in sieben Jahrzehnten

„Ich zeichne, seit ich denken kann“, sagte Peichl, der schon während seiner Studienzeit mit Karikaturen Geld verdiente. Erst unter dem Pseudonym „PEICH“, später nannte er sich „Ironimus“. In den letzten sieben Jahrzehnten zeichnete er mehr als 14.000 Karikaturen. Vor kurzem erschien mit „Der Doppelgänger“ ein neuer Karikaturenband, in dem Peichl unter anderem schildert, wie es zum berühmten „Tiger“-Beinamen für ORF-Generalintendant Gerd Bacher kam.

TV-Hinweis
Die wichtigsten Stationen des Lebensweges von Gustav Peichl präsentiert der kultur.montag am 25. März um 22.30 Uhr in ORF2.

Seine erste „Ironimus“-Karikatur erschien am 9. Oktober 1949 in der der Tageszeitung „Die Presse“. Mit seinen politischen Zeichnungen, die darüber hinaus im „Kurier“, im „Bild-Telegraf“, im „Express“ und in der „Süddeutschen Zeitung“ erschienen, wurde er populär.

Heute liefert er nicht mehr täglich, seine schlechter werdenden Augen machen ihm zu schaffen. Auch in seinem Architekturbüro ist er im Tagesgeschäft nicht mehr tätig. „Ich komme dort vorbei und korrigiere oder mach Skizzen. Die jungen Leute mögen mich, aber ich bin dort ein Oldie, ein Auslaufmodell“, so der Jubilar.

Gusenbauer-Karikatur von Ironimus mit dem Titel "Wahlfang 2002"

VBK Wien, 2013, Ironimus

„Wahlfang 2002“

Erster Bau war sein eigenes Haus in Grinzing

Am 18. März 1928 in Wien geboren, besuchte Peichl zunächst 1943/44 die Staatsgewerbeschule in Wien Mödling und von 1946 bis 1948 die Bundesgewerbeschule in Linz. Danach studierte Peichl in der Meisterklasse Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste, wo er später selbst als Professor und Rektor tätig war. Ehe er 1955 ein eigenes Architekturbüro in Wien eröffnete, arbeitete er im Atelier Roland Rainer.

Nachdem Aufträge auf sich warten ließen, wurde er sein eigener Bauherr: Peichls erster Bau ist sein 1962 fertiggestelltes eigenes Wohnhaus in der Grinzinger Himmelstraße, „billigst gebaut“ auf nur fünfeinhalb Meter breiter Grundstücksfläche, heute Anziehungspunkt von Architekturstudenten aus aller Welt und noch immer einer seiner Lieblingsbauten.

Kulturbauten blieben sein liebstes Metier

Internationale Anerkennung brachten ihm seine Bauten der ORF-Landesstudios ein: Die Studios in Salzburg, Linz, Innsbruck und Dornbirn wurden 1972 eröffnet, in den 1980er-Jahren folgten Graz und Eisenstadt, 1998 auch St. Pölten. In Wien zeichnen sich Peichl und sein Büro unter anderem für den Millenium Tower und die Messe Wien verantwortlich.

Die Errichtung von Kulturbauten blieb aber sein liebstes Metier. 1986 gewann er den Wettbewerb zur Gestaltung der Bonner Bundeskunsthalle, 1987 jenen für den Erweiterungsbau des Frankfurter Städel-Museums. 1998/99 errichtete er die Kindertagesstätte des Deutschen Bundestags in Berlin.

Messe Wien-Gebäude, das Gustav Peichl entwarf

Reed Messe Wien | Christian Husar

Messe Wien

Schlichte, klar gegliederte Baukörper und hohe Flexibilität zeichnen seine Bauten aus, bei denen immer wieder auch ironische, spielerische Akzente gesetzt werden. Bestes Beispiel dafür ist das von ihm geplante und 2001 eröffnete Karikaturmuseum in Krems. Bis September widmet ihm das Museum eine Ausstellung - mehr dazu in Politische Zeitreise mit Ironimus.

Peichl-Archiv wird in Berlin eröffnet

Erst am 8. März wurde Gustav Peichl von Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse ausgezeichnet. „Ich bin sprachlos“, bekannte er angesichts der überraschenden Verleihung. Zu seinen Auszeichnungen zählen das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und um das Land Wien, der Preis und die Ehrenmedaille der Stadt Wien, der Große Österreichische Staatspreis oder der Mies-van-der-Rohe-Award.

Am 28. Mai wird in Berlin an der Akademie der Künste ein Gustav Peichl-Archiv eröffnet: Zeichnungen, Modelle, Fotos und viele andere Dokumente werden dort zu sehen sein. „Den größten Erfolg als Architekt habe ich in Deutschland gehabt. Dort habe ich 14 Projekte gebaut. Daher bin ich glücklich, dass es in Berlin an der Akademie der Künste ein Gustav Peichl-Archiv geben wird“, sagte Peichl.

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