Finale im Theophil Hansen-Jahr

Die letzte Ausstellung anlässlich des 200. Geburtstags des Architekten Theophil Hansen ist derzeit in der Akademie der bildenden Künste zu sehen. Sie beherbergt in ihrem Kupferstichkabinett auch den zeichnerischen Nachlass des Architekten.

Bildnis Theophil Hansen
Christian Griepenkerl 1873, signiert, datiert, Öl/Lw. 63 x 50 cm

Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien

„Wir sehen uns nicht nur als Abschluss, sondern auch als Höhepunkt des Hansen-Jahres, denn wir sind die einzigen, die mit Original-Planmaterial arbeiten können“, sagte Cornelia Reiter, die interimistische Leiterin des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden Künste.

Pionier Theophil Hansen

1.300 Blätter, darunter gleich 186 Entwürfe für die Kunstakademie selbst, umfasst der Hansen-Bestand des Kupferstichkabinetts. „Wir haben die creme-de-la-creme davon ausgewählt“, so Reiter. Hansen war der erste Architekt, der alle Bauphasen fotografisch dokumentieren ließ. Die Zeichnungen und Pläne, die mit neu angefertigten Architekturmodellen und den historischen Fotografien ergänzt wurden, beeindrucken vor allem durch zeichnerische Raffinesse, Detailfreude und Farbenpracht.

Schon im ersten Raum entdeckt man zwischen den großen Architekturprojekten wie Parlament, Börse oder Musikverein, ein kleines, liebevoll ausgearbeitetes Blatt: ein 1849 gezeichneter Entwurf für einen Eisenbahnwaggon für Papst Pius IX. Für Reiter „ein Kuriosum als Beleg dafür, dass es kaum eine Designaufgabe gab, der er sich nicht gestellt hätte“.

Heinrichhof, 1861-1863, mit dem Heinrichhof, für den Ziegelindustriellen Heinrich von Drasche geplant, schuf Theophil Hansen den Prototyp des großbürgerlichen Mietshauses.

Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste, Wien

Mit dem Heinrichhof, für den Ziegelindustriellen Heinrich von Drasche geplant, schuf Theophil Hansen den Prototyp des großbürgerlichen Mietshauses.

Gebäude als Ausstellungsstück

Auch in der Universitätsbibliothek der Akademie, die als eine der wenigen Bibliotheken des 19. Jahrhunderts in fast unveränderter Gestalt erhalten ist, werden in einer Vitrine Originalzeichnungen zur Bibliothekseinrichtung gezeigt, und in der Gemäldegalerie der Akademie ist eine kleine Zusammenschau einzelner Entwurfsstadien für die Präsentation der damals bereits rund 1.000 Gemälde umfassenden Sammlung zu sehen.

Schließlich ist das Gebäude selbst quasi das größte Ausstellungsstück der bis 10. November laufenden Schau, die von einem Katalog und einem Vermittlungsprogramm begleitet wird.

Plan Stadterweiterung, 1860

ÖNB

Plan über die Stadterweiterung im Jahr 1860.

Gebäude mit wenig „Frustrationspotenzial“

Dass die in Kooperation mit der Abteilung Kunstgeschichte der Technischen Universität Wien entstandene Ausstellung das heurige Jahresthema „Sanieren“ eröffnet, kommt nicht von ungefähr: Die bevorstehende Renovierung und Sanierung, für die die Akademie im Verlauf dieses Studienjahres das historische Gebäude für die Dauer von voraussichtlich zwei bis drei Jahren räumen muss (man übersiedelt in ein Zwischenquartier in die alte WU), hat mit einer detailreichen baulichen Bestandserhebung bereits begonnen.

Dass man „vergleichsweise wenig Aneignungen des Gebäudes in Form von Graffiti“ zu verzeichnen habe, führte Vizerektorin Andrea B. Braidt auch darauf zurück, dass Hansens Architektur weniger Frustrationspotenzial als manche moderne Universitätsbauten und viel Raum für Kontemplation und Kreativität biete.

Derzeit dient die Kunstakademie wieder einmal als Filmkulisse. Gedreht wird Andreas Prohaskas TV-Spielfilm „Sarajevo“. Der blutige Waffenrock von Thronfolger Franz Ferdinand befindet sich übrigens in einem weiteren von Theophil Hansen errichteten Gebäude - dem Heeresgeschichtlichen Museum im Wiener Arsenal.

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