„Puber“: „Leinwandkarriere“ möglich

Wiens berüchtigster Sprayer „Puber“ sitzt in U-Haft. Hunderte Male hinterließ er seinen Namen in der Stadt. In der Graffiti-Szene wird er entweder geliebt oder gehasst. Eines hat er zumindest geschafft: einen Mythos. Eine Spurensuche in Wien.

Selten erzeugte die Verhaftung eines Sprayers so viel Hype wie die von „Puber“ - mehr dazu in Graffiti-Sprayer „Puber" in Untersuchungshaft. Kein Wunder, seinen Namen kennt jeder in der Stadt, weil er überall zu lesen ist. „Für Wien war das sehr ungewöhnlich, dass jemand so aggressiv auftritt, dass er sich innerhalb weniger Monate im gesamten Stadtbild verewigt. Das gibt es weltweit im Grunde seit zig Jahren. In allen Metropolen gibt es zig Pubers“, sagt Alexander Hertel von FM4.

Ein Sprayer als Stadtgespräch

In Wien allerdings war „Puber“ praktisch konkurrenzlos. „Eines hat er zumindest geschafft, er ist Stadtgespräch“, sagt Hertel. „Puber ist Gott“, ist auf Wänden in Wien zu lesen. Er selbst bezeichnete sich als „Staatsfeind Nr. 1“. Hat er jetzt, wo alle über ihn reden, sein Ziel erreicht? Es sei nicht sein Beweggrund gewesen, einen Hype zu erzeugen, sagt ein Bekannter des Sprayers, der anonym bleiben will. Man habe diesen Antrieb als Sprayer einfach. Bei „Puber“ war er offenbar extrem ausgeprägt.

"Puber"-Schriftzüge in Wien

APA/Helmut Fohringer

Aber es werde trotz der U-Haft für Puber weitergehen, sagt der anonyme Bekannte. „Puber wird sich von nichts unterkriegen lassen.“ Der Sprayer veränderte auch die Wiener Graffiti-Szene, in der es bisher im Vergleich zu anderen Metropolen eher gemütlich zuging. „Die Stadt unterstützt Graffiti. Es gibt sehr viele legale Wände, wo Künstler ungestört malen können", sagt Nicholas Platzer, Street Art-Kurator und Galeriebetreiber in Wien. „Puber stachelt die Polizei auf und plötzlich ist in allen Medien Graffiti. Im Grunde war die Szene bisher eher zurückhaltend und hatte einen Pseudofrieden mit der Stadt“, meint Hertel.

Mehr Härte von der Polizei

Das galt auch für die Polizei. Möglicherweise ändert sich das jetzt. In der vergangenen Woche wurden vier weitere Sprayer verhaftet - mehr dazu in Wieder Graffitisprayer festgenommen. Im Vorjahr gaben Polizisten sogar Warnschüsse bei der Verhaftung eines Sprayers ab - mehr dazu in Graffiti-Sprayer flüchten: Polizei schießt.

TV-Hinweis:

Einen Beitrag zur Wiener Graffiti-Szene sehen Sie in „Wien heute“, 19.00 Uhr, ORF 2.

Der erste Tagger der Welt war ein gewisser Josef Kyselak, ein Hofkammerbeamter aus Wien, der auf seinen Reisen Anfang des 19. Jahrhunderts überall seinen Namen eingravierte. Der Kaiser rügte ihn damals - mehr dazu in fm4.ORF.at. Heute ist es Puber, der die Hausbesitzer wahnsinnig macht. Die Wände des Fotostudios Weinwurm im 7. Bezirk waren bei Sprayern sehr beliebt. Vor fünf Monaten ließ der Inhaber eine neuartige Anti-Graffiti-Wandfarbe eines Wiener Unternehmers auftragen.

Hausmauer mit Graffitis übersäht

Foto Weinwurm

Die Fassade des Fotostudios vor einem halben Jahr

„Im Prinzip macht es keinen Spaß mehr für die Sprayer. Die Farbe rinnt ab und ist nicht mehr so kantig wie das bei Graffitis vorgesehen ist“, sagt der Inhaber Michael Weinwurm. Die Graffitis lassen sich mit warmem Wasser abwaschen. Den Resten rückt dann ein „Eingreiftrupp“ der Firma zu Leibe. Der Erzeuger der Wandfarbe, „Stuhl Industries“, macht damit mittlerweile viel Geld. Anfragen gibt es aus ganz Europa.

Puber-Tag über Roa-Street Art

ORF

Puber übermalte im sechsten Bezirk ein Street Art-Bild von Roa

„Graffiti lässt sich nicht stoppen“

„Es gab schon viele Versuche, Graffiti zu stoppen. Aber es lässt sich nicht stoppen, es ist wie ein großes Spiel. Wenn du für die unteren zwei Meter eines Hauses diese Anti-Graffiti-Farbe verwendet, werden die Sprayer einfach oberhalb weitermalen“, sagt Platzer. Das gilt auch für Puber. Er wird sich nicht stoppen lassen, sagen die Leute, die ihn kennen.

„Er hat so viel Publicity bekommen, wenn er möchte, kann er, wenn er aus dem Gefängnis kommt, eine Leinwandkarriere starten. Ich bin mir sicher, es gibt Kunstsammler, die sagen ‚wow‘. Wer weiß, vielleicht ist dann eine Leinwand mit einem Puber-Tag 5.000 Euro wert. In der Kunst kann man das nie vorhersagen", mutmaßt Hertel. Ob der Sprayer das wirklich will, sei dahingestellt. Zumindest könnte er damit die horrenden Schadenersatzforderungen zurückzahlen, die auf ihn zukommen werden.

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