Pferdemobbing im Schneider-„Wusical“

Mobbing unter Pferden, eine Frau, die ihren an den Rollstuhl gefesselten Ehemann betrügt, und Pornos - die Junge Burg liefert mit Helge Schneiders „Mendy - das Wusical“ im Burgtheater Vestibül ein für Kinder nicht geeignetes Stück.

Teenager sollten Besucher auch nur dann in die Produktion schicken, wenn sie der kurze Satz „Wir ficken“ in musikalisch untermalter Endlosschleife nicht mehr verstört und sie zumindest wissen, dass man im Internet nicht nur Pferdevideos, sondern auch Pornos anschauen kann. Die kommen in Peter Raffalts Inszenierung, die am Donnerstag im Burgtheater Vestibül Premiere feierte, nämlich auch vor.

Das Werk selbst brachte Helge Schneider 2003 in Eigenregie in Bochum zur Uraufführung, als Ex-Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann, Raffalts Schwager, dort Intendant war.

Julian von Hansemann, Anne Stein in Musical "Mendy" von Helge Schneider

Burgtheater/Anna Stöcher

Julian von Hansemann und Anne Stein in „Mendy - das Wusical“

Unkorrekter Text mit Körpereinsatz umgesetzt

Das junge Ensemble spielt mit immenser Spiellaune und viel Körpereinsatz, ohne jemals über sich selbst lachen zu müssen, Im Text ist so ziemlich alles politisch unkorrekt. Da findet Wendy, naiv-durchtrieben gespielt von Anne Stein, die Mutter schlicht „beschissen“. Diese, die der Schauspieler Johannes Hoff noch durchtriebener gibt, nennt ihre Tochter allerdings auch ohne Umschweife „du Sau“.

Der Vater (Ferdinand Nowitzky), der seit einem Rodeo-Unfall im Rollstuhl sitzt, bekommt es von beiden ab: „So früh schon auf den BEINEN?“, fragt Wendy beim Frühstück und wenn der Mann seine Frau bittet, ihm etwas zu bringen, meint sie lakonisch: „Bleib ruhig sitzen“.

Dass all dies nicht zu billigem Klamauk verkommt, ist jener zweiten Ebene zu verdanken, die Helge Schneider in sein „Wusical“ eingebaut hat. So sind die anderen Pferde natürlich auf Mocca (Julian von Hansemann) eifersüchtig und bringen ihn dazu, Wendy abzuwerfen, um ihn zur Belohnung in ihre Clique aufzunehmen. Was sie natürlich nicht tun. „Blöd gelaufen, verpiss dich, du Loser!“

Schneiders „Katzeklo“ und Radetzkymarsch

Auch das Rilke-Gedicht, das das Ehepaar nachts im Bett rezitiert, geht ins Mark, wenn es heißt: „und wenn die Menschen, die einander hassen, / in einem Bett zusammen schlafen müssen: / dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen...“. Dass man die Worte „Verpisse dich“ zum Radetzkymarsch skandieren kann, fällt wohl auch nur Schneider ein, dessen Hit „Katzeklo“ in Raffalts Inszenierung einige höchst selbstironische Momente erlebt.

Schließlich muss das Pferd zum Schlachter. Als Wendy sich aus Liebe für Mocca opfert und so quasi zur „heiligen Wendy der Schlachthöfe“ mutiert, brauchen ihre Eltern ziemlich lang, diese Entscheidung zu bereuen. Während sie im Bett über ihre Beziehungsprobleme sinnieren, blickt Wendy dem Schlachter (auch als Knecht hinreißend: Henning Flüsloh) ins Auge. Natürlich geht das alles nicht gut aus. Aber es ist witzig, klug und unter der Gürtellinie, ohne wirklich wehzutun.

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