Ex-KHM-Leiter Wilfried Seipel wird 70

Zwei Jahrzehnte lang ist Wilfried Seipel als Generaldirektor für das Kunsthistorische Museum verantwortlich gewesen. Heute wird er 70 Jahre alt. In seiner Pension schreibt er an einem Buch über den Kriminalfall „Saliera“, den Tiefpunkt in seiner Amtszeit.

Seit seinem Abschied 2009 ist es ruhiger um Seipel geworden, der 70er wird aber trotzdem im großen Stil gefeiert - mit einer Überraschung im KHM am 27. Juni, „von der ich offiziell nichts wissen darf“, wie der Ägyptologe erzählte.

Für Ausgliederung der Museen mitverantwortlich

Von 1. Oktober 1990 bis 31. Dezember 2008 leitete Seipel das KHM als Generaldirektor. Er gilt als Mitautor der gesetzlichen Grundlagen für die Ausgliederung der Bundesmuseen und führte sein Haus zunächst in die Teilrechtsfähigkeit. 1999 erhielt das Museum die Vollrechtsfähigkeit als wissenschaftliche Anstalt, danach war Wilfried Seipel als Geschäftsführer auch wirtschaftlich für die Institution verantwortlich. Nach heftiger Rechnungshofkritik erhielt er ab 1. April 2007 mit Paul Frey einen kaufmännischen Geschäftsführer zur Seite gestellt.

Wilfried Seipel

APA/Hans Klaus Techt

Wilfried Seipel feiert 70. Geburtstag

In Seipels Ära fällt eine Ausweitung des Einflussbereiches in Österreich ebenso wie eine internationale Vernetzung des Hauses, das er als Global Player positionierte. Von 1995 bis zum Jänner 2004 bespielte er das Palais Harrach als Dependance, 2001 übernahm er das Völkerkunde- und das Österreichische Theatermuseum in seinen Wirkungsbereich.

Erfolge mit „El Greco“ und „Gold der Pharaonen“

Großausstellungen wie „Gold der Pharaonen“, „El Greco“ oder „Bruegel“ sorgten für regen Zustrom. Dennoch litt das Museum unter Raumnot: Um Platz für Sonderausstellungen zu schaffen wurden Erweiterungsprojekte unter dem zwischen Kunst- und Naturhistorischen Museum gelegenen Platz oder im Innenhof des Gebäudes geplant. Geldnöte verzögerten jedoch nicht nur das Vorantreiben dieser Pläne, sondern auch die Renovierung von Kunstkammer und Völkerkundemuseum.

Rücktrittsforderung nach Saliera-Diebstahl

Weltweit für Schlagzeilen sorgte 2003 der Diebstahl der „Saliera“ von Benvenuto Cellini, die 2006 wieder gefunden werden konnte. Nicht nur im Zuge dieses Kriminalfalls wurde mit Rücktrittsaufforderungen an Seipel nicht gespart - auch im Zusammenhang mit Rechnungshofberichten stand Seipel im Kreuzfeuer der Kritik. Seipel schreibt ein Buch - seine Abhandlung des Kriminalfalls „Saliera“ sei „im Werden, aber noch nicht bereit, dass es bereits erscheinen könnte“.

Wilfried Seipel

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Ein kleines Salzfass war prägend für Seipels Direktionszeit

Ein Wiedersehen mit der berüchtigten „Saliera“ gab es jedenfalls im Vorjahr bei der feierlichen Eröffnung der Kunstkammer. „Ich gratuliere neidlos Ministerin Schmied und Generaldirektorin Haag“, so Seipel damals in Bezug auf seine eigenen vergeblichen Kunstkammer-Bemühungen, „dass es ihnen gelungen ist.“

Weiterhin als Kurator tätig

Heute ist der vielfach Ausgezeichnete als Ausstellungsmacher und in zahlreichen Stiftungen und Beiräten aktiv. So fungiert er etwa als Vorsitzender der Fritz Wotruba Privatstiftung in Wien und präsentierte zuletzt die Wanderausstellung „Tutanchamun - Sein Grab und die Schätze“ in der Linzer Tabakfabrik. Der ägyptischen Geschichte bleibt Seipel weiter treu: Für die Kunsthalle Leoben kuratiert er eine Ausstellung über die letzten Pharaonen, die sich im kommenden Jahr „Alexander bis Cleopatra“ widmet.

Wilfried Seipel

APA/Helmut Fohringer

Seipels Laufbahn

Wilfried Seipel wurde am 5. Juni 1944 als Sohn eines Apothekers in Wien geboren. Er studierte an der Universität Wien Klassische Philologie, Alte Geschichte, Indogermanistik, Orientalistik sowie Ur- und Frühgeschichte und Assyriologie. 1966-70 studierte er in Heidelberg, erwarb sein Diplom und arbeitete als Assistent an der Papyrussammlung der Universitätsbibliothek, danach als Assistent am Ägyptologischen Institut der Uni Berlin.

1978 promovierte er an der Universität Hamburg und arbeitete anschließend am Österreichischen Archäologischen Institut in Kairo. Nach einer weiteren Assistenten-Tätigkeit in Konstanz und der Vertretung einer Professur für Ägyptologie in Hamburg wurde Seipel 1983 Direktor des Städtischen Museums Konstanz und ab 1985 Direktor des OÖ. Landesmuseums in Linz.