Derby: Acht Schuldsprüche nach Schlägerei

Ein gerichtliches Nachspiel hatte am Donnerstag eine Massenschlägerei zwischen Austria- und Rapid-Fans im Oktober 2012. Elf Hooligans mussten sich wegen Raufhandels verantworten, acht von ihnen sind verurteilt, drei freigesprochen worden.

Richterin Nikola Finster verhängte über die schuldig erkannten Männer unbedingte Geldstrafen zwischen 1.100 und 1.800 Euro beziehungsweise Freiheitsstrafen zwischen acht Wochen und vier Monaten, die unter Setzung einer Probezeit auf Bewährung nachgesehen wurden. Ein attackierter Austria-Fan hatte sich bei der Schlägerei eine schwere Verletzung - eine Schulterluxation - zugezogen.

Richtersprüche nicht rechtskräftig

Drei Angeklagten war nach Ansicht der Richterin, die sich über Stunden hinweg eingehend mit dem Beweismaterial - Polizei- und Pressefotos sowie Aufnahmen aus Überwachungskameras und mit Smartphones mitgeschnittenen Videoclips - auseinandergesetzt hatte, kein wie auch immer strafbares Verhalten nachzuweisen. Schuld- und Freisprüche sind nicht rechtskräftig. Entgegen dem Strafantrag ging Finster in ihrem Urteil davon aus, dass die gewalttätigen Szenen nicht in einem Sicherheitsbereich stattgefunden hatten. „Aus meiner Sicht hat es an der ordnungsgemäßen Kundmachung gefehlt“, stellte sie fest.

Videobeweise: Zunächst 23 Personen angeklagt

Etliche teilweise vermummte Rapid-Anhänger sollen sich damals nach Favoriten begeben und gezielt die Polizeikräfte umgangen haben. Über die Laaer-Berg-Straße marschierten sie Richtung Osttribüne und gingen vor dem Heimsektor auf Austria-Fans los, wobei diese mit Fäusten und Fußtritten attackiert und abgebrochenen Fahnenstangen, Werbeträgern, einem Sonnenschirm und einer brennenden Fackel beworfen wurden. Einige Austrianer schlugen zurück und gingen ihrerseits gegen Anhänger der gegnerischen Mannschaft vor, ehe die zunächst von den Krawallen überraschte Polizei auf den Plan trat, einen Korridor bilden und die Massenschlägerei auflösen konnte - mehr dazu in Konsequenzen nach Derby-Ausschreitungen(wien.ORF.at). Nach Auswertung des vorhandenen Bild- und Videomaterials wurden schließlich 23 Personen als Gewalttäter identifiziert und zur Anklage gebracht. In zwölf Fällen wurde das Verfahren in weiterer Folge diversionell erledigt, da die Betreffenden bisher unbescholten waren, sich nur am Rande beteiligt und nicht mit besonderer Gewaltbereitschaft hervorgetan hatten.

Bereits in andere Hooliganvorfälle verwickelt

Elf Männer mussten jedoch vor Gericht, da sie auf dem Video entweder bei zielgerichteten Tritten und Faustschlägen zu sehen waren oder sie schon in anderem Zusammenhang der Justiz aufgefallen waren. Sie waren bereits mit von der Partie, als Rapid-Fans im Mai 2009 am Westbahnhof Einsatzkräfte der Polizei attackierten, oder müssen sich demnächst wegen Landfriedensbruchs verantworten, weil sie im September 2013 in Ausschreitungen vor dem Hanappi-Stadion verwickelt gewesen sein sollen - mehr dazu in Randale: 47 Rapid-Fans angeklagt (wien.ORF.at). Damals wurden Polizeibeamte und Ordner verletzt.

Bis zu ein Jahr Gefängnis

Den elf Rapid- und Austria-Fans drohen im Bezirksgericht Innere Stadt nun immerhin Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr. Sie wurden nämlich nach jenem Passus zur Anklage gebracht, der bereits eine bloße Teilnahme an einer Schlägerei in einem Sicherheitsbereich unter Strafe stellt. Dieser Bereich hat gemäß Sicherheitspolizeigesetz allerdings ordnungsgemäß kundgemacht zu werden, und ob das vor dem gegenständlichen Match geschehen ist, erscheint den Verteidigern mehr als fraglich. Die Angeklagten, die im Sicherheitsbereich die Fäuste haben sprechen lassen sollen, gaben in ihren Einvernahmen zu Protokoll, sie hätten die Verordnung niemals zu Gesicht bekommen und daher keine Ahnung gehabt, dass sie sich in einer verbotenen Zone befanden. Demgegenüber versicherte der Favoritner Stadthauptmann Michael Lepuschitz als Zeuge, bei „Risikospielen“ wie dem Wiener Derby würden stets im bzw. vor dem Stadionbereich 20 DIN A4-Blätter mit der Verordnung und einer entsprechenden Planskizze ausgehängt.

Debatte um Zettel

Im Beweisverfahren trat bisher allerdings kein Zeuge auf, der diese Aussage vollinhaltlich bestätigen konnte. Der Sicherheitsverantwortliche der Wiener Austria will von der Polizei zehn Zettel erhalten haben. Ein seit 13 Jahren bei Fußballspielen Dienst versehender Polizist erklärte, die Verordnung werde „auf einem A4-Zettel“ kundgemacht. Auf entsprechendes Nachfragen schränkte er ein: „Normalerweise ist es einer.“ Wo dieser am prozessgegenständlichen Tag angebracht war, blieb vorerst unklar. Andreas Marek, Fan- und Sicherheitsverantwortlicher bei Rapid und als solcher auch bei jedem Auswärtsmatch an Ort und Stelle, meinte im Zeugenstand: „Mir ist nichts aufgefallen. Ich weiß bei uns selber nicht, wo die hängen.“ Er habe „so einen Verordnungszettel noch nie aufgehängt“ und einen solchen erstmals zu Ostern 2014 im Stadion in Grödig wahrgenommen.