Freispruch im Zweifel für Gewinnspielbetreiber

Erst vor wenigen Wochen wurde ein Mann, der unter der Marke „Friedrich Müller“ Gewinnspiele veranstaltet hatte, wegen Betrugs verurteilt. Bei einem zweiten Prozess am Montag im Wiener Landesgericht wurde der Angeklagte freigesprochen.

Während der Angeklagte Tränen der Erleichterung vergoss, legte die Staatsanwältin umgehend Nichtigkeitsbeschwerde ein. Der Freispruch kam für Außenstehende insofern überraschend, als der Angeklagte vor sechs Wochen im Grauen Haus für Vorgänge zwischen August und Dezember 2008 vier Jahre unbedingte Haft ausgefasst hatte - mehr dazu in Vier Jahre Haft für Gewinnspielbetreiber (wien.ORF.at; 14.10.2014).

Für jenen Senat war es erwiesen, dass der Geschäftsmann zahlreiche Kunden um 760.000 Euro betrogen hatte, indem er ihnen per Postwurf fixe Gewinne vormachte, diese Zusagen jedoch mit Express- oder Bearbeitungsgebühren verknüpfte und Konsumenten dazu brachte, ihm jeweils eine Gebühr in Höhe von zehn bis 100 Euro zu überweisen. Das Gericht ging obendrein in seinem nicht rechtskräftigen Schuldspruch von Manipulationen beim „Millionenspiel“ - einer Sonderform, bei der ein Gewinn in Höhe von einer Million Euro suggeriert wurde - aus.

„Haarscharf am Rande des Gesetzes“

Ein anderer Senat, der eine eingebrachte Anklageschrift mit angeblichen Betrügereien beim „Jackpot“-Gewinnspiel im Zeitraum 2000 bis 2004 zu beurteilen hatte, stellte nun nach mehrwöchiger Verhandlung dagegen fest, der Angeklagte könne ein betrügerisches Vorgehen „nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden“, wie die Richterin formulierte.

Der Angeklagte habe sich womöglich „haarscharf am Rande des Gesetzes“ verhalten, im Zweifel könne man „aber nicht sagen, dass er schlechtgläubig war“, so die Richterin. Sie verwies diesbezüglich auf den Umstand, dass sich der „Friedrich Müller“-Macher auf Gutachten renommierter Rechtsexperten gestützt und sich insofern entsprechend abgesichert hätte. Er habe sich sogar an den Verein für Konsumenteninformation (VKI) gewandt und diesen um Prüfung der inkriminierten Gewinnbestätigungen gebeten, bemerkte die Richterin.

Täuschung sei „nicht feststellbar“

„Friedrich Müller“ hatte vorwiegend ältere Personen brieflich von angeblichen Gewinnen verständigt und in weiterer Folge teilweise sogar Terminvereinbarungen mit einem ominösen „Gewinn-Juror“ getroffen, der den Glücklichen den „Jackpot“ vorbeibringen sollte. Als der Geldsegen ausblieb, wählten etliche Verbraucher die in den Schreiben angegebene Telefonnummer - und durchschauten laut Staatsanwaltschaft nicht, dass ein Anruf 2,99 Euro pro Minute kostete und am anderen Ende der Leitung nur ein Band lief, mit dessen Hilfe das Telefonat künstlich in die Länge gezogen worden sei.

Während für die Anklagebehörde sowohl Täuschungsabsicht als auch Bereicherungsvorsatz vorlagen - die Kosten für die über Mehrwert-Nummern abgewickelten Gespräche bescherten „Friedrich Müller“ stattliche Einkünfte -, verneinte das Gericht beides. Das Vorgehen möge ethisch oder moralisch bedenklich sein, eine Täuschung sei aber „nicht feststellbar“, sagte die Richterin. Es sei auch nicht nachweisbar, „dass Gewinne nicht ausbezahlt worden wären“.

Verteidiger beantragt Enthaftung

Freigesprochen wurden auch die beiden Mitangeklagten: Der 69-jährige Onkel des Angeklagten, der bis Mai 2003 Vorsitzender des Aufsichtsrats der „Friedrich Müller“- Gruppe war, sowie ein mittlerweile pensionierter Wachmann, der nebenbei für „Friedrich Müller“ als „ehrenwerter Gewinn-Juror“, wie er in den Werbe-Prospekten genannt wurde, in Erscheinung getreten war.

Im Hinblick auf den nicht rechtskräftigen Freispruch hat Verteidiger noch am Montag die Enthaftung des 47-Jährigen beantragt. Dieser befindet sich immerhin seit Anfang Februar 2013 in U-Haft. Eine Haftverhandlung soll dem Vernehmen nach bereits in den kommenden Tagen stattfinden.