Fünffacher Mordversuch: Teilgeständnis

Am ersten Prozesstag wegen fünffachen Mordversuchs gegen einen 21-Jährigen hat sich der Angeklagte teilweise schuldig bekannt. Er soll im Frühjahr in Favoriten Frauen teilweise lebensgefährlich verletzt haben.

Acht Mal soll der Mann im März und April zugeschlagen haben. In fünf Fällen attackierte er seine Opfer - zumeist junge Frauen - mit einer Eisenstange, die Frauen erlitten massive und teils lebensgefährliche Gesichts- und Kopfverletzungen bzw. Abwehrverletzungen. Laut Staatsanwalt muss er es in diesen fünf Fällen „ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben, dass er die Opfer durch die von ihm verübte Gewaltanwendung tötet“.

Die Staatsanwaltschaft forderte im Eröffnungsplädoyer eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. „Ich wollte die Frauen nicht verletzen“, sagte der Angeklagte bei seiner Aussage. Nur in drei Fällen gab er zu, die Eisenstange als Waffe verwendet haben. Ansonsten habe er mit seinen Fäusten auf die Opfer eingeschlagen. Das war für das Gericht insofern unglaubwürdig, weil die Frauen zum Teil lebensgefährliche Verletzungen erlitten haben

Prozess

APA/HERBERT PFARRHOFER

Der Angeklagte beim Prozessauftakt im Wiener Straflandesgericht

24-Jährige verlor Augenlicht

Laut Opferanwältin Sonja Scheed, die vier Mandatinnen vertritt, gehen die überfallenen Frauen völlig unterschiedlich mit den brutalen Attacken um. „Das sind junge, toughe Frauen mit schwersten Verletzungen“, so Scheed. Während die einen völlig aus der Bahn geworfen wurden und sie den Angeklagten nicht sehen wollen, möchten die anderen ihrem Peiniger bei dem Prozess in die Augen schauen.

So wollte eine 24-Jährige, die in der Nacht auf den 23. März überfallen wurde, ausdrücklich in Anwesenheit des Angeklagten aussagen. Sie hatte multiple Brüche erlitten. Auf ihrem linken Auge wird sie nie wieder sehen können, durch Operationen konnte das Auge, nicht aber das Augenlicht gerettet werden. Laut Anklageschrift wurde sie „mehrmals mit voller Wucht mit der Eisenstange gegen die linke Gesichtshälfte“ geschlagen.

Der Angeklagte will in diesem Fall nur mit der Hand zugeschlagen haben. „Wie erklären Sie sich, dass bei ein bis zwei Faustschlägen ein solches Verletzungsbild entsteht“, fragte die Richterin. „Ich wollte die Frau nicht umbringen“, sagte der 21-Jährige. „Ich hatte Angst, dass die Frau schreit, mir nachläuft und die Polizei geholt wird“, erklärte der Angeklagte. „Das heißt, Sie wollten die Frauen zum Schweigen bringen, wo ist da die Grenze“, fragte der beisitzende Richter Norbert Gerstberger.

Eisenstange als Tatwaffe

Auch die 25-jährige Mitarbeiterin des ÖVP-Politikers Othmar Karas, die nach dem Überfall über zwei Wochen in künstlichem Tiefschlaf lag und nur durch ein Wunder überlebte, will der 21-Jährige nur mit der Faust attackiert und nach ihr getreten haben - mehr dazu in Raubserie in Favoriten: Versuchter Mord? (wien.ORF.at; 22.10.2014). Da die Frau nicht gleich zu Boden ging und zu schreien begann, habe er „aus Angst“ nachgetreten. „Er muss ja mit dem Kopf Fußball gespielt haben“, meinte Gerstberger zu den danach festgestellten Verletzungen.

Dass er die Eisenstange, die eigentlich als Steher für einen Zaun einer Favoritner Grünfläche dienen sollte, bewusst als Waffe für die Raubüberfälle aus der Erde gedreht haben soll, bestritt der Angeklagte. Die Stange sei dort angelehnt gewesen. Er habe sie bei einem nächst gelegenen Container entsorgen wollen. „Sie wollten den 10. Bezirk aufräumen, oder wie“, schüttelte Richterin Weis den Kopf.

Den Überfall auf das 13-jährige Mädchen, das von der Ostermesse auf dem Heimweg war, will er nicht begangen haben. Zu diesem Zeitpunkt habe er mit Freunden Ostern gefeiert. „Warum haben Sie das nicht bei der Polizei gesagt“, fragte Weis. „Da hat mich keiner gefragt.“

Tatorte der Raubüberfälle auf Frauen

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Die Tatorte der Überfälle

Angeklagter verweigerte Blick auf Opferfoto

Auf die Aufforderung des Gerichts, sich das Fotos einer der Frauen nach dem Überfall, der der 25-Jährigen fast das Leben gekostet hat, genauer anzusehen, drehte sich der 21-Jährige weg. „Ich will das nicht sehen“, meinte er, was den beisitzenden Richter Norbert Gerstberger laut werden ließ. „Schauen Sie hin! Schauen sie, was Sie angerichtet haben!“, schrie der Beisitzende.

Dass der 21-Jährige aufgrund seiner Aggression einer Behandlung bedürfe verneinte der Angeklagte vehement. „Sie haben bis jetzt so cool geantwortet. Es schaut aus, als ob Sie das gar nicht berührt innerlich“, meinte Gerstberger. „Tut Ihnen das leid? Sie sitzen hier mit einer Emotionslosigkeit“, hakte Weis nach. Immerhin hätten die Opfer der brutalen Raubserie ein Leben lang mit den Folgen zu kämpfen. „Ja, mir tut das leid. Die Frauen und ihre Familien haben wegen mir gelitten“, meinte der Angeklagte.

Bis zu lebenslange Haft droht

„Ich hab das Geld gebraucht, um Lebensmittel zu kaufen und um zu überleben“, meinte der Angeklagte auf eine Frage der Richterin. Mit dem Geld habe er wieder zurück nach Rumänien reisen wollen. „Nicht einmal dafür habe ich das Geld gehabt.“ Dass seine Opfer nur Frauen waren, sei Zufall gewesen. Beim Spazierengehen habe er seine Opfer ausgewählt.

Der 21-Jährige ist nicht nur wegen fünffachen Mordversuchs, sondern auch wegen mehrfacher Urkundenunterdrückung und Entfremdung unbarer Zahlungsmittel angeklagt. Er hat laut Anklageschrift die Dokumente und Bankomatkarten seiner Opfer an sich genommen. Im Falle einer Verurteilung im Sinne der Anklage droht dem Beschuldigten zehn bis 20 Jahre Haft oder lebenslänglich. Die Verhandlung ist für drei Tage anberaumt.

Junge Frauen als Opfer

Der 21-Jährige kam am 9. März mit Verwandten nach Wien, um sich am sogenannten Arbeiterstrich auf der Triester Straße Geld zu verdienen. Er hatte vor, im Mai wieder in seine Heimat zurückzukehren, doch nur eine Woche nach seiner Ankunft soll er den ersten Überfall begangen haben. Ein Raubopfer konnte bis heute nicht ausgeforscht werden. Der 21-Jährige beschrieb die Frau als etwa 20-jährig, groß und blond. Sie dürfte das erste Opfer des Rumänen gewesen und Mitte März überfallen worden sein.

Täter festgenommen und wieder freigelassen

Der Angeklagte wurde am 26. April nach dem Übergriff auf eine 20-Jährige, die gerade für ihren Vater Zigaretten holen wollte, festgenommen. Er hatte die junge Frau zunächst geschlagen und laut Anklageschrift so lange gewürgt, bis sie das Bewusstsein verlor.

Der Verdächtige wurde bei einer Fahndung bereits am 16. April vorläufig festgenommen und eine Eisenstange bei ihm sichergestellt. Allerdings konnten bei ihm keinerlei Spuren gefunden werden. Zusätzlich schloss ein Opfer den Mann bei einer Gegenüberstellung als Täter aus. Somit musste der Mann wieder freigelassen werden - mehr dazu in Brutale Überfälle auf Frauen geklärt (wien.ORF.at; 28.4.2014).