Urteil: Messerstich in Disco kein Mordversuch

Für den Staatsanwalt war es Mordversuch, für die Geschworenen nur schwere Körperverletzung: Ein 28-Jähriger ist am Montag zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er seinen Kontrahenten in einer Diskothek niedergestochen hatte.

Der Schwursenat verneinte am Montagabend sowohl die Frage nach einem Mordversuch einstimmig (8:0 Stimmen) als auch die erste Eventualfrage nach einer absichtlichen schweren Körperverletzung knapp mit fünf zu drei Stimmen. Die schwere Körperverletzung sahen sieben der acht Geschworenen als gegeben an. Es gab keine Milderungsgründe, das Strafmaß ist daher an der Obergrenze bemessen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Streit um Geldbörse eskalierte

Laut Staatsanwaltschaft war am 30. September 2012 in der Diskothek Anaconda in der Äußeren Mariahilfer Straße in Rudolfsheim-Fünfhaus der Streit um eine Geldbörse eskaliert. Der 28-Jährige verbrachte mit ebenfalls aus Rumänien stammenden Freunden einen Abend in der Diskothek.

Kurz vor der Sperrstunde brach zwischen einem Bekannten des Mannes und einem anderen, ebenfalls rumänischen Lokalbesucher ein Streit aus. Angeblich soll der Freund versucht haben, eine Geldbörse zu stehlen. Es folgten Handgreiflichkeiten zwischen dem vermeintlich Bestohlenen und dessen Freunden sowie dem 28-Jährigen und dessen Bekannten.

Prozess

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Der Angeklagte am Montag kurz vor Prozessbeginn

Opfer hatte großes Glück

Dabei kam laut Anklage der Rumäne plötzlich auf einen der Kontrahenten zu und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Nachdem dieser auf die Knie gefallen war und versucht hatte, sich zu schützen, soll der 28-Jährige weiter auf ihn eingeschlagen und -getreten haben.

Plötzlich nahm der Angeklagte der Staatsanwaltschaft zufolge ein Messer in die Hand und stach auf sein Opfer ein. Laut Gerichtsmediziner Christian Reiter hat der Stich zwar kein lebenswichtiges Organ verletzt, aber wäre das Messer um zwei bis drei Zentimeter tiefer in den Körper eingedrungen, so wäre der untere Nierenpol verletzt worden.

Der Schwerverletzte zog ebenfalls ein Messer und versuchte, sich mit Abwehrbewegungen gegen die Attacke zu wehren. Dabei soll er dem 28-Jährigen einen oberflächlichen Stich zugefügt haben. Beide Männer wurden ins Wiener AKH gebracht, zwei Tage später türmte der Angeklagte jedoch aus dem Spital. Erst im März vergangenen Jahres konnte der Mann in Ungarn festgenommen werden.

Angeklagter: „Ich hatte kein Messer“

Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig und hatte eine andere Sicht der Dinge. „Ich hatte kein Messer“, widersprach er der Darstellung in der Anklage. Er sei mit Freunden in dem Lokal gesessen und wollte einen Streit zwischen einem seiner Freunde und dem angeblich Bestohlenen schlichten. Um eine Geldbörse sei es gar nicht gegangen. Die Widersacher hätten einander schließlich in einer größeren Gruppe attackiert, es sei zu einer Rauferei gekommen. Dabei sei er zweimal zu Boden gegangen und könne sich danach an nichts mehr erinnern. „Ich wollte mich verteidigen, ich weiß nichts mehr“, sagte er.

Opfer sprach von „Auftragsmord“

Anders sah es das Opfer, ein ebenfalls aus Rumänien stammender 47-jähriger Mann. Er zeigte sich überzeugt, dass es sich um einen versuchten Auftragsmord handelte. Schließlich sei er rund 15 Jahre registrierter Informant der heimischen Polizei gewesen und habe bei der Klärung einiger schwerwiegender Straftaten einen wesentlichen Beitrag geleistet.

Die Geschworenen sahen letztlich nur den Messerstich als gegeben an, der aber nicht lebensbedrohlich gewesen sein dürfte. Es war für den Senat aber nicht nachweisbar, dass der Angeklagte auch die Tritte und Faustschläge gegen den 47-Jährigen ausgeteilt hatte.