Spitalsärzte: Frist von zehn Tagen gesetzt

Nach dem Krisengipfel zum neuen Ärztearbeitszeitgesetz im Rathaus soll in den kommenden zehn Tagen eine Einigung auf dem Tisch liegen. Eine von den Ärzten bereits angekündigte Demonstration ist nicht mehr sicher.

Zu dem Krisengespräch eingeladen hatte Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ). Anwesend waren Christian Meidlinger, Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten und Hermann Leitner, Obmann der Kurie für angestellte Ärzte in der Ärztekammer.

„Ich habe zu einem weiteren Dialog eingeladen, weil es in gewissen Punkten Interpretationsschwierigkeiten gibt. Ich bin überzeugt, wenn man das will kann man das in zehn Tagen lösen“, sagte Wehsely, die das neue Arbeitszeitmodell der städtischen Spitalsärzte noch im März im Landtag beschlossen sehen will. „Ich hoffe, dass wir in den nächsten zehn Tagen alles ausräumen können. Wir stehen aber zu dem Paket“, sagte Meidlinger.

Gipfelgespräch zu Arbeitszeitmodell von Spitalsärzten mit Sonja Wehsely

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In zehn Tagen soll es eine Lösung geben, hoffte Gesundheitsstadträtin Wehsely nach dem Gespräch

Die Kurie in der Ärztekammer lehnte das Paket in einer Sitzung am Donnerstagnachmittag hingegen ab, nachdem sich ein Großteil der Ärzte des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) in einer Urabstimmung gegen das neue Arbeitszeitmodell ausgesprochen hatte - mehr dazu in Spitalsärzte: Streit über Nachverhandlungen. Die Kammer kündigte zudem auch eine Demonstration am 23. März an. Doch nach dem Gespräch im Rathaus kamen von der Ärztekammer weitaus versöhnlichere Töne. „Wenn wir zu einer Einigung kommen, wird die Demonstration abgesagt“, sagte Leitner.

Szekeres bei Gespräch im Rathaus nicht mehr dabei

Zusätzlich sollen neue Vereinbarungen - außerhalb der Einigung - für mehr Sicherheit und Klarheit im Umsetzungsprozess sorgen, so Wehsely. Dabei gehe es etwa darum, wie die Implementierung des neuen Pakets konkret ablaufen soll oder wer in welcher Form daran beteiligt ist. Damit will die Stadt vor allem einer Forderung der Gewerkschaft nachkommen, gleichzeitig aber auch der derzeit teilweise herrschenden Skepsis hinsichtlich tatsächlicher Strukturreformen entgegenwirken.

Der Wiener Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres nahm an dem Treffen nicht teil. Er zeigte sich nicht erfreut darüber, dass „die Gesundheitsstadträtin via Medien einen Gesprächstermin verordnet und gleichzeitig betont, es gebe keine Nachverhandlungen“. Für die Ärzte soll daher der Kurienobmann die Gespräche führen und dann an den Präsidenten berichten.

Zuletzt hatten sich die Fronten zwischen den unterschiedlichen Parteien zunehmend verhärtet. Nach dem Nein der KAV-Ärzte ließ Wehsely wissen, dass sie die Gewerkschaft als Hauptverhandlungspartner sehe. Gewerkschaftschef Meidlinger richtete dagegen der Ärztekammer aus, sie habe eine gute Lösung schlecht verkauft und dadurch zur negativen Entscheidung beigetragen. Ärztekammer-Präsident Szekeres entgegnete, dass es eigentlich Aufgabe der Gewerkschaft gewesen wäre, der Ärzteschaft die Vorzüge des neuen Arbeitszeitmodells schmackhaft zu machen.

Patientenanwältin gegen Ärztekammer

Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz hatte am Donnerstag die Kammer kritisiert. Anlass für den Unmut der Patientenanwältin war eine Äußerung von Szekeres. Er hatte am Mittwoch bei der Betriebsversammlung der AKH-Ärzte gemeint: „Ich bin mir inzwischen auch nicht mehr sicher, ob es nicht Absicht seitens des Rektorats und der Stadt Wien ist, das Gesundheitssystem hinunterzufahren - ohne es wirklich zuzugeben“ - mehr dazu in AKH-Ärzte wollen rasche Lösung.

Patientenanwältin Sigrid Pilz

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Sigrid Pilz

„Ich halte das für eine entbehrliche und eigentlich auch ungeheuerliche Bemerkung. Diese Bemerkung ist dazu angetan, bei den Patientinnen und Patienten Unsicherheit zu schüren, und das halte ich für sehr abträglich“, entgegnete Pilz am Donnerstag im Ö1-Morgenjournal - mehr dazu in Wiener Ärztestreit geht weiter (oe1.ORF.at).

„Nicht A sagen und heimlich B wollen“

Die von der Ärztekammer kritisierten Probleme in Spitälern gestand Pilz zu. So wurden überlange Wartezeiten in den Ambulanzen und Betten auf den Gängen in fast allen Wiener Gemeindespitälern thematisiert. „Das ist der Fall, und das ist inakzeptabel, da hat die Ärztekammer recht“, meinte Pilz. Die Lösung ist für sie „dringend eine Verlagerung in den niedergelassenen Bereich, der das auch seit Jahren weiß. Die Tätigkeit auf Wochenenden und in die Abendstunden in den Ordinationen muss ausgedehnt werden, das muss in Angriff genommen werden. Das ist für die Wienerinnen und Wiener unterm Strich nicht weniger Versorgung, sondern am richtigen Platz.“

„Schwer nachvollziehbar“ nannte Pilz gegenüber „Wien heute“, dass Szekeres zunächst die Einigung unterschrieben hat und nun dagegen protestiert: „Man soll A sagen und dann auch A tun und nicht A sagen und heimlich B wollen.“

Pichlbauer: Verhandler ohne Ahnung

Es sei zwar rechtlich nicht notwendig, neu zu verhandeln, „politisch-praktisch muss es aber so sein“, sagte der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer nach der Abstimmung der KAV-Ärzte. Die Ablehnung der Einigung zeige, dass die „Verhandler keine Ahnung haben, was unten bei den Ärzten gewollt wird“, so der Experte im Gespräch mit Radio Wien - mehr dazu in Verständnis und „Maulkorb“ für KAV-Ärzte.

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