Amnesty: „Menschenrechtsverletzung“ in Haft

Der Generalsekretär von Amnesty International (AI), Heinz Patzelt, kritisiert die chronische Überbelegung in der Justizanstalt Josefstadt. Er sieht „zum Teil schwere Menschenrechtsverletzungen“.

Zugelassen wäre die Justizanstalt Josefstadt für 990 Häftlinge, 1.200 sind dort hingegen ständig untergebracht. Zehn Personen in einer Zelle sind keine Seltenheit. Duschen ist nur zweimal pro Woche vorgesehen. Sport in Aufenthaltsräumen ist wegen der Überfüllung kaum noch möglich, berichtete Ö1 - mehr dazu in 1.200 Häftlinge: Josefstadt überfüllt.

„Hier finden Menschenrechtsverletzungen, zum Teil schwere Menschenrechtsverletzungen, statt. Und nicht in Einzelsituationen wo etwas dramatisch schiefgeht, das gesamte System ist derzeit auf Menschenrechtsverletzung aus Sparsamkeit, aus Geld-nicht-bereitstellen-Wollen, aus Ressourcen-nicht-bereitstellen-Wollen aufgebaut“, sagt Patzelt im wien.ORF.at-Interview. Man könne nicht „zuerst einsperren und dann sagen, wir haben eigentlich keinen Platz und keine Leute dafür. Das ist zynisch, das ist Menschenverachtung, und das ist vorsätzlich“.

Der Generalsekretär von Amnesty International (ai), Heinz Patzelt

APA/Pfarrhofer

Patzelt: „Das ist zynisch, das ist Menschenverachtung, und das ist vorsätzlich.“

Patzelt: „Das ist Österreichs nicht würdig“

„Auch der Strafhäftling hat Anspruch auf menschenwürdige Bedingungen. Und die sind in einem mit zehn Leuten überfüllten Miniloch ganz sicher nicht gegeben. Wir alle sind es gewohnt, einmal am Tag zu duschen. Es gibt keinerlei nachvollziehbares Argument, warum das für einen Häftling nicht auch gelten sollte. Das vorsätzlich aus schäbiger Geldeinsparung nicht zu tun ist Österreichs nicht würdig“, so Patzelt.

ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter hat mit der Strafvollzugsreform Verbesserungen und eine zusätzliche Haftanstalt in Wien angekündigt. „Es ist im Regierungsprogramm eine neue Strafanstalt vorgesehen. Ich denke, dass es auch möglich sein sollte, eine neue Haftanstalt zu errichten. Aber auch endlich einmal eine, die international den höchsten Standards genügt“, sagte Brandstetter am Montag gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal - mehr dazu in Brandstetter: „Neue Haftanstalt in Wien“.

Patzelt dazu: „Ich bin positiv erfreut, dass der Justizminister einsichtig ist, das ist aber nicht genug. Ein Land, das so reich ist wie Österreich, kann sich nicht auf den Standpunkt stellen, wir haben das Problem verstanden, aber wir sind nicht bereit, dafür die notwendigen Budgetmittel loszumachen“. Aus seiner Sicht müsse auch der Finanzminister handeln.

Für Volksanwältin zweites Gefängnis notwendig

Volksanwältin Gertrude Brinek weist seit drei Jahren auf die Missstände in der Justizanstalt Josefstadt hin, vor allem auf die Personalsituation. Ein zweites Gefängnis wäre nötig, in erster Linie für die psychisch kranken Häftlinge, sagte sie. „Es gab Anfang der 2000er Jahre schon Pläne für ein neues Gefängnis. Ich glaube, wir sind dem Ziel näher“, so Brinek - mehr dazu in Brinek: Mehr Personal, mehr Haftraum (oe1.ORF.at; 30.3.2015).