Expertin zu Verbot: Nicht weniger Spielsüchtige

Das Verbot des kleinen Glücksspiels bleibt aufrecht. SPÖ und Grüne jubeln. Bei der Spielsuchthilfe glaubt man nicht, dass es durch das Verbot - wie von der Politik erhofft - weniger Spielsüchtige geben wird. Viele Spieler steigen um.

Vor dem 1. Jänner gab es in Wien legale 2.700 Automaten. Heute sind es laut Finanzpolizei maximal 50 Geräte, die illegal betrieben werden. Und ebenfalls seit 1. Jänner meldeten sich bei der Spielsuchthilfe 220 Spielsüchtige oder deren Angehörige. Ein Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren könne praktisch nicht festgestellt werden, sagt Izabella Horodecki, die Leiterin der Beratungsstelle.

Unter den Klienten der Spielsuchthilfe wird das Verbot unterschiedlich wahrgenommen. Die Spieler, die sich bereits in Beratung befinden und aufhören wollen, begrüßen es. „Dadurch fällt eine Versuchung weg, es ist für sie leichter, spielfrei zu bleiben“, sagt Horodecki.

Casino, Niederösterreich, Wetten und online

Neue Klienten - also Menschen, die noch spielsüchtig sind - reagieren anders. Viele sind unruhig und fragen sich, wohin sie ausweichen können. Die Beraterinnen beobachten, dass die Spielerinnen und Spieler umsteigen. „Das, was wir hören, sind Umsteigeeffekte in Richtung Casinos Austria, Onlineglücksspiel, Wetten, Kartencasinos und fortgesetztes Spielen in Niederösterreich bzw. im nahe gelegenen Ausland, in Tschechien, der Slowakei und Ungarn“, sagt Horodecki. Das bestätigen auch neue Zahlen der Casinos Austria im ersten Bezirk. Dort verzeichnet man jetzt 1.500 Gäste pro Tag, vor dem Verbot waren es 1.100. Vor allem das „Jackpot Cafe“ im Erdgeschoß dürfte sich zunehmender Beliebtheit erfreuen.

Automat wird abtransportiert

ORF

Razzia der Finanzpolizei im Jänner

Die Zahl der Onlinespielsüchtigen, die von der Spielsuchthilfe beraten werden, hat sich von 2012 bis 2014 verdoppelt. Auch die in Österreich legalen Sportwetten werden immer beliebter. „Heute kommen Menschen, die ausschließlich wetten. Das ist neu, die Folgen sind vergleichbar mit anderen Spielarten“, so Horodecki. „Daher bin ich skeptisch, ob die politische Erwartung, dass es dann in Wien keine Spielsucht mehr geben wird, zutreffen wird. Ich glaube eher nicht.“ Auch in diesen Bereichen müsse über Gesetzesänderungen nachgedacht werden. Die Sportwetten sollten wie in anderen Ländern als Glücksspiel eingestuft werden, im Onlinebereich müsse man über Verbote nachdenken, so Horodecki.

Berater: Stadtbild wird sich vorerst nicht ändern

Der Berater Andreas Kreutzer, der jedes Jahr eine Studie zum österreichischen Glücksspielmarkt erstellt, sieht das Verbot skeptisch. Am Wiener Stadtbild werde sich vorerst nichts ändern, glaubt er. „Die Kabäuschen werden zwar zugesperrt, aber das Wettlokal bleibt, das Cafe bleibt, das Publikum bleibt“, so Kreutzer zur APA. Langfristig könne es aber schon passieren, dass das ein oder andere Wettcafe schließen muss, weil es ohne Glücksspielautomaten zu wenig Geschäft macht.

In puncto Spielerschutz sieht Kreutzer „viel Aktionismus und wenig Substanz“. Wenn man den Spielerschutz ernst nähme, würde man, wie in der Schweiz, eine segmentsübergreifende Karte einführen, meint er. In Österreich seien die diesbezüglichen Bemühungen des Gesetzgebers versandet.

Links: