Gewalt gegen Polizisten? Mann freigesprochen

Ein 42-Jähriger wurde am Donnerstag vom Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt in Wien freigesprochen. Der Mann hatte den Polizisten wiederum vorgeworfen, ihn in der Polizeiinspektion schwer verletzt zu haben.

Dem 42-Jährigen war angelastet worden, sich ausfällig und aggressiv benommen zu haben, nachdem Polizisten ihm am Praterstern eine Schreckschusspistole abgenommen und ihn aufs nahegelegene Wachzimmer gebracht hatten, um dort ein Sicherstellungsprotokoll anzufertigen.

Streit wegen Gaspistole

„Er hat uns attackiert. Er hat die Fäuste geballt, gespuckt, einen aggressiven, schnellen Schritt gemacht“, hatte ein Beamter beim Prozessauftakt Ende März behauptet. Weil der 42-Jährige zur Kenntnis nehmen musste, dass er seine Gaspistole nicht zurückbekam, sei er immer wütender geworden. Man habe ihn daher wegen Lärmerregung und aggressiven Verhaltens festnehmen wollen, erklärte der Beamte.

Dagegen habe sich der Angeklagte mit „massiven Widerstandshandlungen in allen möglichen Formen“ gewehrt. Ihm sei nichts anderes übrig geblieben, als den Mann mit einer Wurfbewegung zu Boden zu bringen, so er Polizeibeamte. Dort habe sich dieser jedoch „aus der Fixierung herausgelöst und um sich getreten“. Mit gezielten Tritten habe der 42-Jährige einen Kollegen an beiden Schienbeinen verletzt. Er habe an den Beinen des Kollegen „Schürfwunden, die geblutet haben“ wahrgenommen, behauptete der 27-jährige Beamte.

Richterin glaubt Polizisten nicht

Für Richterin Minou Aigner waren diese Angaben nicht glaubwürdig. „Ich kann nicht ausschließen, dass gegen den Angeklagten massiv Gewalt ausgeübt wurde“, hielt sie vielmehr nach dem durchgeführten Beweisverfahren fest. Der 42-Jährige hatte nach der Amtshandlung einen Trommelfellriss am linken Ohr, eine Gehirnerschütterung, eine Prellung der Wirbelsäule und multiple Hämatome aufgewiesen.

Seiner Darstellung zufolge hatte er von den Beamten am Praterstern einen Faustschlag kassiert, wo er sich in eine Amtshandlung - die Polizei verwies einen Obdachlosen vom Bahnhofsgelände - eingemischt hatte, die ihm nicht korrekt abzulaufen schien.

Eskalation am Wachzimmer

Am Wachzimmer sei das Ganze dann „durch gegenseitige Beschimpfungen eskaliert. Ich habe ihnen vorgeworfen, dass sie die Menschenrechte brechen“, schilderte der 42-Jährige der Richterin. Ein Beamter habe ihn schließlich weggestoßen. Er sei zunächst am Rücken zu liegen gekommen, von der Polizei in Bauchlage gedreht und „von einigen Beamten“ geschlagen worden. Schließlich habe er einen Fußtritt gegen die linke Kopfseite kassiert.

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Polizei mir erklären kann, woher die Verletzungen des Angeklagten stammen. Das ist nicht geglückt. Es ist dazu nur lapidar gesagt worden, sie können nicht von dieser Amtshandlung stammen. Ich glaube das nicht. Ich glaube, dass die Verletzungen aus dieser Amtshandlung stammen“, befand Richterin Aigner. Die Verletzungen an den Schienbeinen des einen Polizisten führte die Richterin auf mögliche Abwehrhandlungen des 42-Jährigen zurück, wobei Aigner diese Reaktion „völlig nachvollziehbar“ nannte.

Für den illegalen Besitz der Gaspistole fasste der 42-Jährige eine bedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten aus. Der Freispruch vom Kern der Anklage ist bereits rechtskräftig - Staatsanwältin Sabine Rudas-Tschinkel verzichtete noch im Verhandlungssaal auf Rechtsmittel.

Prozess gegen Polizisten möglich

Auf den 27-jährigen Beamten, der gegen den Mann vorgegangen war, könnte nun ein Prozess zukommen. Die Staatsanwaltschaft führt gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung. Ob Anklage erhoben wird, dürfte vor allem von den Ergebnissen eines in Auftrag gegebenen gerichtsmedizinischen Gutachtens abhängen.