Alijew-Belastungszeuge bekam Anwalt finanziert

Mit drei Zeugenaussagen ist am Mittwoch der „Alijew-Prozess“ fortgesetzt worden. Interesse weckte ein Schriftstück, aus dem hervorgeht, dass die Kanzlei LGP einem Zeugen, der Rachat Alijew massiv belastet hatte, den Anwalt finanzierte.

Zu den Belastungszeugen, die gegen Alijew aufgetreten waren, zählte Kurman A., einst Mitarbeiter des Ex-Botschafters. Er schilderte bereits im Ermittlungsverfahren der österreichischen Justiz eingehend, wie Alijew die Banker verschleppen ließ, diese der Unterschlagung von Geldern bezichtigte und sie misshandelt ließ und teilweise selbst folterte. Während das Erinnerungsvermögen von Zeugen mit der Zeit üblicherweise immer mehr abnimmt, wurden die Angaben des mittlerweile 51-jährigen Mannes auffallender Weise immer ausführlicher.

Er widersprach dabei teilweise seinen früheren Aussagen und fügte bei seinem Zeugenauftritt am Dienstag im Wiener Straflandesgericht Passagen hinzu, die er bisher noch nie zu Protokoll gegeben hatte, worauf ihm der vorsitzende Richter unter Hinweis auf die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage sogar mit der U-Haft drohte - mehr dazu in Alijew-Prozess: Zeuge berichtet von Folter (wien.ORF.at; 5.5.2015).

Lansky organisierte 2009 einen Rechtsvertreter

Wie sich nun herausstellte, hatte sich die für den kasachischen Opferverein „Tagdyr“ arbeitende Kanzlei Lansky, Ganzger und Partner (LGP), wo es naturgemäß ein Interesse daran gab, dass Kurman A. belastendes Material gegen Alijew lieferte, bereits im Dezember 2009 um einen österreichischen Rechtsvertreter für den selbst in die Entführung der Bankmanager verwickelten Mann gekümmert.

Kurman A. musste eine Blanko-Vollmacht unterschreiben, in den die Kanzlei LGP dann den Namen eines durchaus bekannten Wiener Strafverteidigers einfügte, der sich bereit erklärt hatte, das Mandat zu übernehmen. Dem Verteidiger wurde seitens LGP vorgegeben, man müsse „hier sehr koordiniert miteinander vorgehen“, wie in einem internen Schriftstück vermerkt wurde.

Staatsanwältin wurde beurlaubt

Die Art und Weise der anwaltlichen Vertretung von Kurman A. wurde von LGP mit dem betreffenden Verteidiger in einer Konferenz besprochen. Eingebunden war in diese Vorgänge auch eine ehemalige Staatsanwältin, die von der Staatsanwaltschaft Wien zu LGP gewechselt hatte und die in einem Aktenvermerk festhielt, bei dem Mandat dürfe „die Botschaft Kasachstans bzw. Kasachstans Ruf selbst nicht beschädigt werden“.

Die Juristin, die später wieder zur Wiener Anklagebehörde zurückging und zuletzt bei der Zentralen Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität und Korruption (WKStA) beschäftigt war, ist mittlerweile beurlaubt. Gegen sie wird ermittelt, weil sie im Verdacht steht, in ihrer Zeit bei LGP den Versuch unternommen zu haben, bei zwei ihr bekannten Beamten des Bundeskriminalamts an der Amtsverschwiegenheit unterliegende Informationen in Sachen Alijew zu kommen - mehr dazu in Alijew: Neue Prüfer für Vorwürfe gegen Staatsanwältin (wien.ORF.at; 10.4.2015).

Kontakt zu Generalprokuratur von Kasachstan

Am 29. Oktober 2010 legte der von LGP angeheuerte Wiener Rechtsvertreter von Kurman A. eine Zwischenabrechnung für die geleisteten Dienste. Er machte gegenüber LGP ein Honorar von 3.677,52 Euro geltend, wobei bemerkenswerterweise als ein Rechnungsposten „Konferenz mit Generalprokuratur von Kasachstan in Kanzlei Dr. Lansky“ erwähnt wird.

Im Prozess selbst trat am Mittwoch unter anderem ein ehemaliger Assistent des früheren Nurbank-Vorstandsvorsitzenden Abilmazhen Gilimov als Zeuge auf. Alijew soll laut Anklage Gilimov und den später umgekommenen Timraliyev bereits am 19. Jänner 2007 bedroht, misshandelt und für 24 Stunden gefangen gehalten haben. Nach seiner Freilassung sei Gilimov „bedrückt“ gewesen: „Ich habe ihn nie so gesehen“, gab der Zeuge zu Protokoll. Timraliyev habe gezittert und „große Angst“ gehabt: „Er hat auch sehr stark geweint.“ Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt.

Chronologie: LGP und der Fall Alijew

LGP hat sich dem Verfahren gegen Alijew, dessen ehemaligen Sicherheitsberater Vadim Koshlyak und den früheren KNB-Chef Alnur Mussayev als Privatbeteiligten-Vertreter angeschlossen. Die Kanzlei hat ein Mandat des kasachischen Opfervereins „Tagdyr“, der unter anderem für die Interessen der Witwen der ermordeten Banker einsteht.

Nachdem die österreichische Justiz zwei Mal eine Auslieferung Alijews nach Kasachstan abgelehnt hatte, war LGP über Jahre hinweg bestrebt, das stattdessen geführte Inlandsverfahren gegen den ehemaligen kasachischen Botschafter in Wien und Ex-Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew zu beschleunigen. Im Juni 2014 wurde Alijew in U-Haft genommen, im Dezember erhob die Staatsanwaltschaft Wien gegen ihn, Koshlyak und Mussayev Anklage wegen Doppelmordes - mehr dazu in Chronologie: Der Fall Alijew.

Ende Februar wurde Alijew unter nach wie vor nicht geklärten Umständen erhängt in seiner Zelle im Landesgerichtlichen Gefangenhaus aufgefunden - mehr dazu in Anwälte: „Alijew im Sitzen erhängt“ (wien.ORF.at; 2.3.2015). Die beiden Mitangeklagten wurden in der vergangenen Woche mangels dringenden Tatverdachts auf freien Fuß gesetzt wurden - mehr dazu in Alijew-Prozess: Angeklagte aus U-Haft entlassen (wien.ORF.at; 29.4.2015).