Vea Kaiser: „Gut, dass ich nicht modern bin“

Mit „Makarionissi“ präsentiert Vea Kaiser ihren zweiten Roman. Im Gespräch mit wien.ORF.at erzählt die 26-Jährige über Schaumpartys mit Strippern, St. Pölten als neue Hipstertown und was sie von Conchita Wurst gelernt hat.

wien.ORF.at: Zur Zeit dreht sich alles um den Song Contest, verfolgen Sie den Event?

Vea Kaiser: Bisher hatte ich leider nicht die Zeit dazu. Aber ich werde ihn bestimmt in einer kleinen Bar anschauen. Es passiert wahrscheinlich nur einmal in meinem Leben, dass ich in der Stadt wohne, in der er auch ausgetragen wird. Ich kann nur nicht in die Stadthalle gehen, weil ich Angst vor Menschenmassen habe.

Vor ein paar Tagen habe ich auch Conchita Wurst kennengelernt. Sie ist eine wahnsinnig charmante Person. Ich habe mir gleich ein paar Sachen von ihr abgeschaut, zum Beispiel wie man mit „Haters“, also mit Leuten, die einen nicht mögen, umgeht.

wien.ORF.at: Können Sie den Hype um den Song Contest nachvollziehen?

Kaiser: Es ist großartig, dass die Leute wegen des Song Contests jetzt so energiegeladen sind. Es gibt natürlich auch viele Grantler, aber sogar die haben viel Energie zum Granteln. Ich habe vor Monaten meiner Bookerin gesagt, dass ich am Finaltag keine Lesungen mache und in Wien sein will, um zu sehen, wie die Stadt Party macht.

Ein bisschen übertreibt Wien den Hype aber auch. Dass jetzt die Gullydeckeln mit Lautsprechern ausgerüstet sind, finde ich kontraproduktiv. Ich sehe mich da schon stolpern, weil es mich so schrecken wird, wenn das ertönt.

Vea Kaiser

Ingo Pertramer

Vea Kaiser

wien.ORF.at: Was sagen Sie zur Rolle von Conchita Wurst? Wird Österreich durch sie offener und toleranter?

Kaiser: Das werden wir in ein paar Monaten sehen. Viele Menschen merken, dass Conchita, obwohl sie ein Junge mit Bart in Frauenkleidern ist, eine großartige Person ist. Wenn das anhält und sich in Strukturen auswirkt, zum Beispiel, wenn das Adoptionsrecht für Homosexuelle komplett gleichgeschalten wird oder die Verpartnerungen endlich den Namen Ehe bekommen, dann bin ich happy.

wien.ORF.at: Wie kann man sich zurzeit Ihren Alltag zwischen Interviews, Lesungen und Vorlesungen vorstellen?

Kaiser: Einen Alltag in dem Sinne gibt es nicht. Ich habe mir damals beim ersten Buch den Stress gemacht, so etwas wie Alltag zu bewahren, indem ich nebenbei noch studiert und meinen Yogakurs gemacht habe. Das hat mich fast zum Burnout gebracht. Ich habe gelernt, das Buch zu begleiten, wenn es rauskommt und jetzt ist es so, dass jeder Tag neue Überraschungen bringt.

wien.ORF.at: Sie sind gerade für Ihr Fabulieren berühmt, verlieren Sie sich oft beim Schreiben?

Kaiser: Ständig. Ich habe wirklich eine Störung. Ich muss Geschichten immer zu Ende erzählen oder hören. Wenn ich nicht Schriftstellerin geworden wäre, wäre ich jetzt die Märchentante im Kindergarten. Das ist auch der einzige Grund, warum ich Kinder haben will. Da habe ich jeden Tag wen, dem ich neue Geschichten erzählen kann. Aber wahrscheinlich werden meine Kinder keine Geschichten mögen, sondern finden Naturwissenschaften geil oder so.

wien.ORF.at: St. Pölten kommt in Ihrem Buch nicht so gut weg, mögen Sie Ihre Heimat überhaupt?

Sendungshinweis: Vea Kaiser ist am Freitag, 15. Mai, zu Gast in der Sendung „Radio Wien am Nachmittag“

Kaiser: Es kommt als skurril weg und so habe ich die Stadt auch immer empfunden. Es sind dort lustige Dinge passiert, wie zum Beispiel die Club-Episode: Schaumpartys und Ladies Nights mit Strippern und Getränken für einen Euro, das war alles meine Jugend. Ich wünschte, es wäre erfunden.

Von Freunden höre ich immer wieder, dass St. Pölten jetzt die neue Hipstertown von Österreich sei. Durch die neue Zugverbindung ziehen viele Junge Leute aus Wien dorthin, weil vom Westbahnhof fährt man kürzer hin als von Liesing zum Stephansplatz. Auch die Mieten sind billiger und angeblich gibt es hippe, neue Lokale. Ich muss dort mal auf Lokalaugenschein gehen.

wien.ORF.at: Sie sind eine erfolgreiche Autorin, wieso tun Sie sich das Studieren noch an?

Kaiser: Ich habe den felsenfesten Plan mein Studium weiter zu machen. Jetzt gerade komme ich zu gar nichts, aber ich habe mir vorgenommen, nächstes Jahr eine Auszeit zu nehmen und keine Lesungen und Interviews zu geben. Ich will mich nur auf mein Studium und meinen dritten Roman konzentrieren. Bis ich 30 bin will ich zumindest mit dem Doktorat beginnen und drei Bücher geschrieben haben. Weil drei Romane vor 30 sind schon cool.

wien.ORF.at: Ist nach drei Büchern dann Schluss?

Kaiser: Es ist gut, dass ich nicht modern bin. Wenn man mich mit anderen jungen Autoren vergleicht, merkt man, dass ich einen ganz anderen Stil habe. Manchmal ist das schon hart für mich, weil ich mir denke, ok du gehörst schon wieder nicht dazu. Aber andererseits ist es gut, weil das klassische Erzählen nie aus der Mode kommt und es immer gerne gelesen wird.

Das Gespräch führte Martina Gerlitz, wien.ORF.at

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