Anwalt wegen Körperverletzung verurteilt

Wegen schwerer Körperverletzung ist heute am Wiener Straflandesgericht ein Anwalt schuldig gesprochen worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Anwalt soll einer Neunjährigen den Oberarm gebrochen haben.

Der Anwalt wurde zu sechs Monaten bedingter Haft und einer unbedingten Geldstrafe in Höhe von 9.000 Euro verurteilt. Außerdem wurde ihm eine finanzielle Wiedergutmachung in Höhe von 2.950 Euro auferlegt, wovon der Anwalt einen Gutteil bereits bezahlt hat. Er legte gegen seine Verurteilung Rechtsmittel ein, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.

Richterin Olivia-Nina Frigo folgte dem gerichtsmedizinischen Gutachten, wonach der Anwalt das Kind in die Höhe gehoben und eineinhalb bis zwei Meter von sich geschleudert hatte. Sachverständiger Christian Reiter ging von einer „schwungvollen, energischen“ Bewegung aus. Der komplizierte Bruch des Oberarms des Mädchens sei Folge der Fliehkräfte und einer Hebelwirkung gewesen.

angeklagter Anwalt

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Anwalt bestreitet die Vorwürfe

Bei einer Geburtstagsparty im Jänner in einem Turnsaal in den Gürtelbögen waren am Abend noch fünf Kinder und ihre Eltern anwesend. Dabei stritten die Kinder - zwei Buben und drei Mädchen - immer wieder darum, wer die vom Angeklagten aus Turnmatten gebaute Rutsche verwenden durfte. Seine fünfjährige Tochter soll von anderen Kindern festgehalten worden sein, genaue Angaben konnte das Mädchen aber nicht machen.

Der 42-jährige Angeklagte soll daraufhin bei den anderen Kindern nachgefragt haben und ein neunjähriges Mädchen gepackt haben. Ab diesem Zeitpunkt unterscheiden sich die Aussagen von Angeklagtem und Opfer. Während der 42-Jährige angab, die Kleine fallen gelassen zu haben, weil sie so „gezappelt“ habe, erklärte die Neunjährige, dass sie von dem Anwalt weggeschleudert wurde.

„Er hat mich mit einer Hand weggeschleudert“, sagte das Kind in der kontradiktorischen Einvernahme mit der Richterin. „Ich hab geschrien und da hab ich mir in die Hose gemacht“, erklärte die Neunjährige. Mit den Worten „das hat jetzt sein müssen“, verließ der Anwalt mit seinem Kind das Fest, ohne sich um die Verletzte zu kümmern.

Verteidiger kritisiert Strafverfahren

Nach dem Urteilsspruch warf der Verteidiger des Anwalts, Andreas Streibel, dem Gericht in einer Aussendung assymetrische Beweisaufnahme und Störung der Wahrheitsfindung vor. Das Strafgericht habe einseitig agiert und von der Staatsanwaltschaft beantragte Beweise vorbehaltlos aufgenommen, „während es zwei gleichwertige Beweisanträge der Verteidigung aber nicht zugelassen hat“. Entlastende Begleitumstände, die dem Vorfall vorangegangen waren, seien „völlig unberücksichtigt“ geblieben. „Die gebotene Fairness des Verfahrens und dessen Objektivität sind damit beeinträchtigt“, so der Verteidiger.

Der angeklagte Anwalt nimmt die gesetzliche Bedenkzeit von drei Tagen in Anspruch. Innerhalb dieser Zeit wird er mit seinem Verteidiger entscheiden, ob er gegen das Urteil Berufung einlegt. Sollte das vorliegende Urteil Rechtskraft erlangen, könnte den Anwalt auch ein Disziplinarverfahren bei der Rechtsanwaltskammer drohen.

Bis zu drei Jahre Haft drohten

Das Mädchen erlitt einen komplizierten Bruch am linken Oberarm, der zwei Operationen notwendig machte. Aufgrund von Angstzuständen und Albträumen wurde die Neunjährige von einer Psychotherapeutin behandelt. Ihr Opferanwalt machte über 8.600 Euro Schmerzengeld und Behandlungskosten geltend.

Dem Anwalt drohten wegen schwerer Körperverletzung bis zu drei Jahre Haft. Die Verhandlung war vertagt worden, weil sich eine Zeugin für den letzten Verhandlungstag entschuldigt hatte - mehr dazu in Mädchen Arm gebrochen: Prozess vertagt (wien.ORF.at; 22.4.2015).