Gier und Korruption in „Altes Geld“

Es ist eine von Liebe und Moral befreite dekadente Welt, die David Schalko in seiner achtteiligen Miniserie „Altes Geld“ zeichnet. Der ORF zeigt das Familienepos um Geld, Gier und Korruption ab Montag im Hauptabend.

Beobachter sehen die Entscheidung, die Serie im Hauptabend zu zeigen, mutig. Von einem Wagnis will Fernsehdirektorin Kathrin Zechner aber nicht reden. „Die Realität ist tausendmal gewagter, als das, was wir hier senden“, sagte Zechner vor dem TV-Start. Es sei ein Faktum, dass die Dekadenz eine gesellschaftszerstörende Wirkung entfalte, so Zechner. „Wir weisen auf diese Dekadenz hin. Wir überzeichnen, und wir irritieren. Soll man das in der Prime Time bringen - unbedingt.“

Boulevard wittert Skandalpotenzial

Während das deutsche Feuilleton Schalkos „Altes Geld“ bei der Präsentation im Frühjahr hymnisch lobte und etwa als „gemeinste, lustigste, beste Serie seit Helmut Dietl“ bezeichnete, wittert manch österreichisches Boulevardmedium das Skandalpotenzial der Serie. „Warum soll es ein Skandal werden? Das Leben ist ein Skandal“, sagte Schauspielerin Sunnyi Melles dazu im Gespräch mit Journalisten. „Ob das die FIFA ist oder die große Weltbühne, es geht immer ums Geld. Durch was wird man korrumpiert: Geld. Geld ist das Geschwür, und die Gier und die Macht“, so Melles.

Altes Geld

ORF/Superfilm/Ingo Pertramer

Heinrich Mis, Manuel Rubey, Sunnyi Melles, Thomas Stipsits, David Schalko, Kathrin Zechner , Nicholas Ofczarek, Ursula Strauss, John Lueftner, Klaus Lintschinger.

Weil der milliardenschwere Patriarch Rolf Rauchensteiner (Udo Kier) zwei Hepatitis-Typen hat, setzt der seine Familie und einen erweiterten Kreis in „Altes Geld“ auf die Beschaffung einer Leber an. Wer ihm das lebensrettende Organ besorgt, erbt auch das gesamte Vermögen. Dass dieser Wettlauf kompromisslos und blutig werden dürfte, wird schon in den ersten Folgen klar: Gierig, rachsüchtig, intrigant und teilweise von tiefem Hass gegenüber dem nur allzu gern in NS-Nostalgie schwelgenden Patriarchen sind die Familienmitglieder geprägt: der Erstgeborene Zeno (Nicholas Ofczarek), die inzestuös verbundenen Geschwister Jakob (Manuel Rubey) und Jana (Nora von Waldstätten) und die ungeahnt böse und in Affären verstrickte Stiefmutter Liane (Sunnyi Melles).

TV-Hinweis:

„Altes Geld“, jeweils Montag um 20.15 Uhr bzw. zum Auftakt in einer Doppelfolge auch um 21.05 Uhr auf ORF eins - mehr dazu in tv.ORF.at.

Schaulaufen heimischer Stars

Mit dem Schaulaufen heimischer Film-, Fernseh- und Theaterstars hört es da nicht auf, ist die Familie doch nicht zuletzt durch Rauchensteiners Verstrickungen in die Wiener Stadtpolitik und in eine Glücksspielaffäre eingebettet in eine von Freunderlwirtschaft, Erpressung und Korruption durchtränkte Elite. An deren Spitze steht ein dem Alkohol ergebener Wiener Bürgermeister (Herbert Föttinger) mit engen Kontakten zum von Robert und Helmut Falkner beherrschten Zeitungsboulevard, ganz unten mit Kralicek (Robert Palfrader) ein „interner Sicherheitsexperte“ mit fragwürdigem Kriegshintergrund, und mittendrin ein grüner Bürokrat (Simon Schwarz als Wolfgang Tscheppe) als einzige moralische Instanz. In weiteren wiederkehrenden Rollen sind Thomas Stipsits als Herwig Brunner, korrumpierter Assistent Rauchensteiners, und Ursula Strauss als dessen Frau Barbara, Johannes Krisch als Untergrundboss „Kommander“ und Edita Malovcic als Zenos geheimnisumwobene Frau Tania zu sehen.

Altes Geld

ORF/Superfilm

„Die Realität ist noch viel schlimmer“

„Das ist Fiktion und surreal. Die Realität ist noch viel schlimmer. So ist unsere Gesellschaft“, meinte Nicholas Ofczarek bei der aktuellen Präsentation von „Altes Geld“. Melles vergleicht Schalko gar mit Shakespeare und Goethe: „Schalko schreibt wortgewaltig wie ein großer Philosoph. Wie bei Shakespeare liegen am Ende viele Leichen herum, trotzdem gibt es Hoffnung.“ Von einer „Komödie ohne Gott“ spricht Schalko selbst. „‚Altes Geld‘ zeigt eine Welt, in der das Verbrechen bereits zur Staatsräson erhoben wurde, Empathie mit menschlicher Schwäche gleichgesetzt wird, die Perversion letzter Ausdruck der inneren Verzweiflung ist und Gier mit Wille verwechselt wird. Nichts ist dieser Elite heilig, außer das eigene Leben.“

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